Donnerstag, Dezember 26

Bohrungen in dem griechischen Archipel haben Spuren einer heftigen Eruption im Mittelalter enthüllt. Die historischen Berichte von dem Ereignis im Jahr 726 waren offenbar nicht übertrieben.

Von der Inselgruppe Santorin in der griechischen Ägäis ging einst zerstörerische Kraft aus: Eine Vulkaneruption rund 1600 Jahre vor Christus trug massgeblich zum Untergang der minoischen Kultur auf Kreta bei. Der Ausbruch war deshalb so heftig, weil damals eine Magmakammer einstürzte. Es bildete sich eine sogenannte Caldera – ein vulkanischer Kessel, der sich mit Meerwasser füllte. Die weissen Häuser am steilen Rand dieser Caldera ziehen Jahr für Jahr riesige Scharen von Touristen an.

Nach der Bildung einer Caldera kann es zu weiteren Vulkanausbrüchen kommen, aber sie sind in der Regel klein. Denn Calderen durchlaufen lange Eruptionszyklen: Bis sich das vulkanische System wieder mit Magma auflädt, vergeht in der Regel viel Zeit. Bis vor kurzem nahmen Forscher an, dass man in Santorin erst nach Jahrtausenden wieder mit grösseren Ausbrüchen rechnen müsse.

Doch ein internationales Forscherteam hat jetzt Bohrungen und weitere Messungen bei Santorin ausgewertet und ist zu einem anderen Schluss gekommen, wie es im Wissenschaftsmagazin «Nature Geoscience» schreibt. Das Team untersuchte vor allem die Überbleibsel eines Ausbruchs aus dem Jahr 726 nach Christus, der von einem Vulkan im Zentrum des Archipels ausging. Die heutige Insel Nea Kameni ist einer der Gipfel des weitgehend unterseeischen Vulkans.

Santorin ist vulkanisch geprägt

Laut einem historischen Bericht über den Ausbruch von 726 sah das Meer damals aus, als ob es kochte, und schwerer Dampf stieg auf. Grosse Mengen an Bimsstein schwammen auf der Wasseroberfläche. Die leichten porösen Gesteinsbrocken erreichten sogar die mehr als 400 Kilometer entfernten Dardanellen im Westen der heutigen Türkei – eine Meerenge, die zum Schwarzen Meer führt.

Erstaunlicherweise sind auf der Inselgruppe von Santorin kaum Ablagerungen von der Eruption zu finden. Das habe Forscher immer verwundert, sagt der Erstautor der Studie Jonas Preine von der Universität Hamburg. Eine Expedition mit dem Bohrschiff «Joides Resolution» sollte Klärung schaffen. 2022 war es so weit.

Bei Bohrungen im Innern der Caldera stiessen die Wissenschafter auf eine Schicht aus grauem Bimsstein und vulkanischer Asche, die bis zu 40 Meter dick war. Sie schien von einem einzelnen Vulkanausbruch zu stammen. Zusätzliche seismische Messungen erlaubten es, die Gesamtmenge dieses Materials abzuschätzen. Demnach hat sich ein Volumen von rund 2,7 Kubikkilometern erhalten – es handelt sich offensichtlich um Reste der historischen Eruption.

Ein Frühwarnsystem wäre sinnvoll

Früher dachte man, dass der damalige Ausbruch einen Vulkanexplosivitätsindex von 3 bis 4 hatte. Je grösser dieser Index, desto mehr Material wurde ausgeworfen. Aus den Messdaten der Expedition konnten die Wissenschafter jetzt berechnen, dass der Index eher bei 5 liegt. Das ist zwar immer noch dreissigmal schwächer als der Ausbruch, welcher die Caldera hervorbrachte – trotzdem handelt es sich um ein grosses Ereignis.

Der Ausbruch von 726 lässt sich ungefähr vergleichen mit demjenigen des Hunga Tonga-Hunga Haʻapai im Pazifik im Jahr 2022, ebenfalls ein unterseeischer Vulkan. Man müsse ganz grundsätzlich davon ausgehen, dass in den Aufzeichnungen von Vulkanausbrüchen weltweit viele unterseeische Eruptionen fehlten, meint der Erstautor Jonas Preine.

Wie die Studienautoren schreiben, hat ihr Befund Folgen für die Einschätzung der Risiken, die von vulkanischer Aktivität in dem Archipel von Santorin ausgehen. Mit einer neuerlichen Eruption wie 1600 vor Christus ist zwar derzeit nicht zu rechnen. Aber ein Ausbruch wie derjenige von 726 nach Christus könnte sich wiederholen. Und das hätte ernsthafte Konsequenzen – nicht nur für die Einwohner von Santorin, sondern für den ganzen östlichen Mittelmeerraum.

Grosse Mengen an Bimsstein und Aschewolken könnten den Verkehr behindern. Ausserdem könnten im Extremfall Flanken der Inseln abrutschen und Tsunamis auslösen. Darum, so glauben die Studienautoren, sei es wichtig, die Hänge der Inseln von Santorin permanent zu überwachen und ein Frühwarnsystem zu installieren.

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