Montag, November 25

Nach Auftritten von Feiernden mit provozierenden bis regimekritischen Verkleidungen im vergangenen Jahr unterdrücken die Behörden jetzt sämtliche Aktivitäten.

Bereits am vergangenen Samstag, sechs Tage vor dem eigentlichen Halloween-Fest, begannen die Schanghaier Behörden damit, ganze Strassenzüge mit Barrikaden abzusperren. Mit den Gittern wollten die Behörden junge Leute von öffentlichen Auftritten in Halloween-Kostümen abhalten.

Ladenbesitzer, die Polizei und Angehörige der Stadtverwaltung würden «strenge Kontrollen» bei Auftritten in Kostümen vornehmen, hiess es in einer internen Mitteilung der Stadt, die ihren Weg in die sozialen Netzwerke fand.

«Sämtliche Auftritte in Kostümen sind verboten, auch Halloween-Make-up ist nicht erlaubt», so eine Notiz der Polizei an die Nachbarschafts-Komitees im Stadtteil Huangpu. Die Polizei rief die Vertreter der Komitees dazu auf, zunächst verbal auf Kostümierte einzuwirken. «Sollten diese allerdings nicht kooperieren, sind Zwangsmassnahmen anzuwenden», hiess es in der Notiz.

Die örtlichen Behörden verboten ausserdem das Anbringen von Halloween-Symbolen wie Fledermäusen, Kürbissen und Skeletten an Gebäuden der Stadt.

Verkleidungen mit politischen Botschaften

Vergangenen Samstag setzte die Polizei eine Gruppe Kostümierter in der Schanghaier Julu-Strasse fest. Die Strasse war im vergangenen Jahr das Zentrum der Halloween-Feierlichkeiten. In einem Gebäude der Verwaltung mussten sie ihr Make-up entfernen und ihre Kostüme ausziehen.

Das harsche Vorgehen der Schanghaier Behörden folgt auf Halloween-Feierlichkeiten im vergangenen Jahr, bei denen junge Leute mit Verkleidungen durch die Strassen gezogen waren, die klare politische Botschaften enthielten.

Einige Chinesinnen und Chinesen hatten sich in weisse Covid-Schutzanzüge gekleidet – eine Anspielung auf das rabiate Vorgehen der Behörden gegen die Bürger Schanghais während des zweimonatigen Lockdowns im Frühjahr 2022.

Andere kritisierten mit selbstgebastelten Kameras aus Pappe, die sie auf ihre Kopfbedeckungen montiert hatten, den chinesischen Überwachungsstaat. Wieder andere hatten sich als Winnie the Pooh verkleidet, eine Anspielung auf Chinas Alleinherrscher Xi Jinping, dem vor allem junge Kritiker in China eine optische Ähnlichkeit mit der Comicfigur nachsagen.

Bilder mit Winnie the Pooh sind verboten

In China sind sämtliche Darstellungen von Winnie the Pooh verboten. Dies zeigt, wie paranoid, wohl aber auch ängstlich Chinas Machthaber inzwischen sind. Statt gelassen über solche im Grunde harmlosen Scherze hinwegzugehen, schlägt der Apparat mit voller Härte zu.

Unter Xi, der bei öffentlichen Auftritten stets die Einzigartigkeit der chinesischen Kultur betont, gehen die Behörden aber auch immer öfter gegen das öffentliche Feiern von Festen aus dem westlichen Kulturkreis vor. Dazu zählt Halloween, aber auch Weihnachten.

In den sozialen Netzwerken des Landes ergoss sich in den vergangenen Tagen mit Blick auf das Vorgehen der Schanghaier Behörden eine Welle von Hohn und Spott. «Auf der einen Seite sagen sie, die Tür öffne sich weiter, auf der anderen Seite gehen sie strikt gegen Feste aus westlichen Kulturen vor», schrieb ein Internetnutzer auf X. «Es fühlt sich an wie geistige Verwirrung, wie ein Widerspruch.»

Unter einem Video, das von der Polizei abgeführte Chinesen in Halloween-Kostümen zeigt, ebenfalls gepostet auf X, schrieb ein Chinese: «Dies sollte eine einzigartige Form des Widerstands der jungen Generation sein. Sie behandeln ein Fest, das Menschen zusammenbringt, als ernsthafte Bedrohung.»

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