Donnerstag, September 19

ETH-Studierende werden auf Flyern beschimpft. Der Absender: unbekannt. Jetzt reagiert die Hochschule.

«Ausländer Fuck Off» steht auf dem Flyer. Und gleich darüber: «Ihr habt unser schönes Land in ein von Ausländern befallenes Drecksloch verwandelt.» Dieser Flyer ging vergangene Woche an Empfängerinnen und Empfänger in der ganzen Schweiz, unter ihnen auch Studierende der ETH Zürich. Das hat die Hochschule nun zu einer Reaktion veranlasst.

Im Flyer werden «Ausländer» pauschal dazu aufgefordert, die Schweiz zu verlassen. Sie seien illegal im Land und sollten gehen, «bevor 2025 Krawalle ausbrechen». Der auf Englisch verfasste Flyer wird den Studierenden geschickt, während im Kanton Zürich der Abstimmungskampf um Stipendien für vorläufig aufgenommene Asylsuchende läuft. An der ETH sind rund 7200 ausländische Studierende eingeschrieben.

Auf dem Flyer sind auch rassistische Untertöne erkennbar, etwa wenn Migranten für die angebliche «kulturelle Entfremdung der Schweiz» verantwortlich gemacht werden. Auch mit einer Insektenplage («foreigner-infested») werden Ausländer verglichen.

Auch Expats betroffen

Auffallend ist: Auf dem Flyer sind nur europäische Flaggen zu finden, Fotos davon kursieren auch unter Expats. So berichtet etwa das Portal «The Local», das sich an Expats richtet, über den Flyer. Asylsuchende aus Herkunftsländern wie Eritrea oder Afghanistan scheinen nicht zu den Adressatinnen und Adressaten zu gehören.

Die ETH Zürich schreibt auf Anfrage der NZZ, dass unklar sei, wer die Flyer erhalten habe. Der Verband der Studierenden der ETH (VSETH) berichtet, dass der Flyer an Studierende geschickt worden sei, die für ein Studium aus dem Ausland in die Schweiz gekommen sind.

Die Betroffenen hätten «schockiert» reagiert, sagt VSETH-Präsidentin Julia Bogdan. Es herrsche grosses Unverständnis.

ETH-Rektor meldet sich zu Wort

Die ETH reagiert von oberster Stelle auf den Flyer. Die gesamte ETH-Leitung wandte sich vergangenen Freitag per Mail an sämtliche Studierenden. Neben Präsident Joël Mesot sind das Rektor Günther Dissertori sowie die fünf Vizepräsidenten und Vizepräsidentinnen.

In der Mail, die der NZZ vorliegt, kritisiert die Schulleitung den Flyer und versichert: «Menschen aus allen Ländern sind bei uns willkommen. Vielfalt ist die Grundlage unseres Erfolges als Institution. Das sind unsere Werte, und diese werden wir unter keinen Umständen aufgeben.»

Weitere Massnahmen treffen wird die ETH hingegen nicht. «Der Inhalt der Flyer betrifft nicht direkt das Studium oder die Arbeit an der ETH», schreibt ETH-Sprecherin Franziska Schmid auf Anfrage. Deshalb seien keine weiteren Massnahmen nötig. Die ETH fordert ihre Studierenden dazu auf, sich an die Beratungsstellen der ETH zu wenden, wenn es zu rassistischen oder fremdenfeindlichen Vorfällen kommt.

Wer den Flyer verschickt hat, ist bis jetzt unbekannt. «Eidgenössischer Widerstand 78p» steht klein gedruckt am Rand des Flyers. Unter diesem Namen tritt aber niemand öffentlich in Erscheinung. Die rechtsextreme Gruppierung «Junge Tat» gibt an, nicht hinter der Aktion zu stehen, wie sie auf dem Kurznachrichtendienst X schreibt. Die Gruppierung ist in der Vergangenheit wiederholt mit ausländerfeindlichen Flyeraktionen aufgefallen.

Bei der Stadtpolizei Zürich sind wegen der Flyer bisher keine Anzeigen eingegangen.

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