Die Polizei geht hart gegen die Islamisten vor und durchsucht mehr als fünfzig Objekte. Als Reaktion darauf bestellt Iran den deutschen Botschafter ein.
Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser hat an diesem Mittwoch das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) und seine Teilorganisationen verboten. Das teilte ihr Ministerium mit. Es handle sich bei dem bundesweit agierenden schiitischen Verein um eine «extremistische Organisation des Islamismus, die verfassungsfeindliche Ziele» verfolge.
Laut dem deutschen Inlandgeheimdienst gilt der Verein als von Iran gesteuert. Als Reaktion auf die Massnahme hat das iranische Aussenministerium den deutschen Botschafter einbestellt.
Seit dem frühen Mittwochmorgen durchsucht die Polizei deutschlandweit über fünfzig Objekte, die in Verbindung mit dem IZH stehen. Bereits im November vergangenen Jahres waren bei Durchsuchungen in 55 Objekten in sieben Bundesländern laut Ministerium umfassende Beweismittel sichergestellt worden.
Deren Auswertung habe die Verdachtsmomente gegen das IZH so erhärtet, dass an diesem Mittwoch das Verbot des IZH und seiner Teilorganisationen erfolgt sei, so das Innenministerium. Ausschlaggebend für das Verbot waren insbesondere Erkenntnisse des Hamburger Landesamtes für Verfassungsschutz. Dieses beobachtet das IZH bereits seit Beginn der neunziger Jahre.
Dem Zentrum wird Antisemitismus vorgeworfen
Laut Bericht des Hamburger Verfassungsschutzes für das Jahr 2023 handelt es sich beim IZH um eine Aussenstelle der iranischen Regierung. Die Position des IZH-Leiters werde traditionell mit einem linientreuen Anhänger der iranischen Staatsdoktrin und der islamischen Revolutionsziele besetzt. Der Chef des Vereins gilt laut der Behörde als Vertreter des iranischen Revolutionsführers Ali Khamenei in Europa und in der schiitischen Gemeinde als religiöser Repräsentant von Iran.
Das deutsche Innenministerium teilte jetzt mit, dass das IZH die Ideologie der sogenannten Islamischen Revolution in Deutschland in aggressiv-kämpferischer Weise verwirklichen wolle. Ausserdem verbreite das IZH einen aggressiven Antisemitismus unter seinen Anhängern. Überdies soll es die in Deutschland mit einem Betätigungsverbot belegte Terrororganisation Hizbullah unterstützen.
Bereits im November 2022 hatten die Fraktionen der Regierungskoalition im Bundestag die Bundesregierung beauftragt, eine Schliessung des IZH zu prüfen. Auch seitens der Union und der AfD war die Forderung nach einer Schliessung immer wieder erhoben worden. Dies wurde unter anderem damit begründet, dass vom IZH eine Bedrohung in Deutschland lebender iranischer Oppositioneller ausgehe.
Der Islamismusexperte der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag, Christoph de Vries, begrüsste das Vereinsverbot jetzt auf Anfrage. «In den Sicherheitsbehörden und Expertenkreisen versteht allerdings niemand, warum Frau Faeser dafür so lange gebraucht hat, obwohl die Faktenlage schon lange wasserdicht war», sagte der Hamburger Bundestagsabgeordnete. Er hoffe, dass die Untätigkeit der Innenministerin bei der Bekämpfung des fortschreitenden Islamismus nun ein Ende habe. De Vries forderte in diesem Zusammenhang ein systematisches Verbot islamistischer Gruppierungen wie etwa Muslim Interaktiv.
Guter, aber überfälliger Schritt, sagt eine Islamexpertin
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland begrüsste das Verbot des IZH in Hamburg als konsequent. «Das Mullah-Regime Irans und seine Proxys sind weltweit in Stellung: Ihr Ziel ist die Zerstörung unserer Demokratie und unserer Art zu leben», sagte Josef Schuster. Aggressiver Antisemitismus sei ein Kernelement dieser Ideologie des Hasses. «Deutschland muss alles dafür tun, dass dieser Hass keine Verbreitung findet.»
Auch die Expertin für den politischen Islam Susanne Schröter von der Universität Frankfurt am Main begrüsste das Vereinsverbot. Es sei eine gute, aber längst überfällige Entscheidung. «Seit vielen Jahren ist bekannt, dass das IZH und angeschlossene radikale schiitische Einrichtungen im Dienst des iranischen Regimes agieren.»
Die richtigen Schlüsse seien daraus aber lange nicht gezogen worden. «Man wollte unbedingt den Kontakt pflegen, selbst Personen aus erwiesen extremistischen Gruppen in den interreligiösen Dialog einbinden und hat dafür auf jede Form der Kritik verzichtet. Diese Haltung besteht noch immer», sagte Schröter der NZZ.
Das IZH gehörte lange der Hamburger Schura an, dem Rat der islamischen Gemeinschaften in dem Stadtstaat. Im November 2022 erklärte das IZH seinen Austritt aus dem Gremium, das auch Ansprechpartner des Bundeslandes und durch einen Staatsvertrag anerkannt ist. Vorausgegangen war dem Austritt die Ausweisung des stellvertretenden Leiters des IZH aus Deutschland. Ihm war vorgeworfen worden, Terrororganisationen zu unterstützen.
Das IZH war zudem Mitglied im sogenannten Zentralrat der Muslime in Deutschland. Nach Angaben des Verbandes ist die Mitgliedschaft allerdings nach der Durchsuchung des IZH im November vergangenen Jahres ausgesetzt worden.

