Sonntag, November 24

Der französische Hersteller verabschiedet sich vorläufig vom selbstfahrenden Pkw. Das hat gute Gründe.

Mehrere Zwischenfälle mit autonom fahrenden Versuchsautos in den USA haben das Vertrauen in die Zukunft des autonomen Fahrens erschüttert. Jüngst wurde bekannt, dass das Google-Schwesterunternehmen Waymo wegen 22 verschiedener Verstösse seiner Testfahrzeuge gegen Verkehrsregeln oder kleinerer Kollisionen ins Visier der amerikanischen Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA geraten ist.

Der französische Konzern Renault geht nun in die Offensive und verkündet einen Verzicht auf die Entwicklung von Pkw, die sich auf der Autonomiestufe 3 im Strassenverkehr bewegen. Auf diesem Autonomielevel darf der Fahrer die Hände vom Lenkrad nehmen, er bleibt jedoch für die Fahrt hauptverantwortlich. Hersteller wie BMW und Mercedes verfügen bereits über Serienfahrzeuge, die auf Stufe 3 fahren können.

«Wir wählen bei individuellen Fahrzeugen den pragmatischen Ansatz des assistierten Fahrens mit Assistenzsystemen höchster Güte, um Sicherheit und Komfort im Privatverkehr zu verbessern», heisst es beim Konzern. Die Rede ist von der Autonomiestufe 2, bei der der Fahrer meist die Hände am Lenkrad behält und stets Herr der Lage sein muss.

Automatisiertes Fahren ist Realität, autonomes Fahren ferne Zukunft

Die einzelnen Schritte zum fahrerlosen Auto

Autonomie lohnt sich im privaten Verkehr noch nicht

Der Hersteller glaubt nicht, dass sich vollautonomes Fahren im Privatverkehr derzeit erreichen lässt. Es könnten weder die gesetzlichen Rahmenbedingungen erfüllt werden noch die Erwartungen der Kunden. Und die hohen Entwicklungskosten liessen sich auch nicht decken. Doch wolle Renault die Fahrzeugarchitektur so weiterentwickeln, dass ein späterer Einstieg des Privatverkehrs ins autonome Fahren möglich werde, sobald die Autoindustrie den Durchbruch auf Stufe 4 schaffe.

Anders sieht man bei Renault die Situation im öffentlichen Personentransport. In diesem Sektor will der Konzern Level 3 überspringen und stattdessen auf Minibusse setzen, die auf Stufe 4 fahren. Dann kann auf einen Chauffeur verzichtet werden, allerdings nur auf speziell für die Fahrt vorgesehenen Fahrbahnen und Routen.

Der Renault-CTO Gilles Le Borgne sagt: «Beim öffentlichen Verkehr ist autonomes Fahren relevant und nötig, um den wachsenden Bedarf an regionaler emissionsarmer Mobilität effektiv abzudecken.» Hier will der Konzern einen wichtigen Beitrag leisten. Er entwickelt auf der Basis des leichten Nutzfahrzeugs Master eine Plattform für elektrische Minibusse, die für den vollautonomen Betrieb vorbereitet ist. Diesen wolle man aber spezialisierten Partnerfirmen wie Easymile und Milla überlassen.

Versuche mit Robotaxis hat es bei Renault in der Vergangenheit bereits gegeben. Nun geht der Konzern eine Partnerschaft mit WeRide ein, einem internationalen Spezialisten für autonomes Fahren. Die Firma wurde im Silicon Valley von dem Chinesen Tony Han gegründet, der zuvor bei Baidu den Robotaxi-Bereich geleitet hatte. WeRide ist in Ländern wie China und Saudiarabien mit 700 autonomen Fahrzeugen tätig, darunter sind 300 Minibusse. An dem Unternehmen beteiligt sind unter anderem Bosch und Nvidia.

Erste Demonstrationsfahrten mit Minibussen des Typs L4 von WeRide will Renault bereits in wenigen Tagen während des Tennis-Grand-Slam-Turniers Roland-Garros in Paris durchführen. Die Fahrzeuge sollen Shuttle-Dienste zwischen Parkplätzen und dem Turnierbereich absolvieren. Man sehe die Relevanz im öffentlichen Personentransport und plane in den kommenden Jahren den Bau mehrerer tausend Minibusse auf der neuen Renault-Plattform.

Der Bedarf an emissionsarmem Personentransport steigt

Der Renault-CTO sagt: «In Europa wird es nach und nach mehr als 400 grössere Städte geben, die Zonen mit tiefen Verkehrsemissionen einführen werden, gleichzeitig aber die Mobilität der Bevölkerung sicherstellen müssen.» Dies solle durch den Einsatz von autonomen Minibussen rund um die Uhr möglich sein. Arbeits- und Ruhezeitverordnungen gelten für Robotaxis nicht. Durch den Wegfall von Personal an Bord könne der Mehraufwand für autonomes Fahren kompensiert werden. Lediglich eine zentrale Fernüberwachung sei nötig.

Im Rahmen des 2023 gestarteten Projekts «Mach 2» will Renault eine neue Testreihe beginnen. Von 2026 an soll eine Flotte autonomer elektrischer Minibusse im öffentlichen Verkehrsverbund der französischen Stadt Châteauroux mitfahren.

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