Freitag, November 22

Was der neue US-Präsident, Chinas Wirtschaftsschwäche und das Aus der deutschen Regierung für die Finanzmärkte bedeuten, analysierte der ehemalige Bundesbankpräsident am Dienstag auf einer Konferenz. Er zeigte sich auch offen für eine Reform der Schuldenbremse.

Die Staatsverschuldung in den USA liegt bei 35,5 Bio. $, das sind rund ein Drittel der weltweiten Staatsschulden. Und unter der neuen US-Regierung wird die Verschuldung weiter steigen, was die Inflation anheizen könnte, sind sich alle Panelteilnehmer bei der Risikomanagement-Konferenz der Fondsgesellschaft Union Investment am Dienstag in der Mainzer Rheingoldhalle einig.

Uneinigkeit herrscht auf dem Podium jedoch darüber, wie es mit der US-Notenbank (Fed) weitergeht, spätestens dann, wenn Jerome Powells Amtszeit im Mai 2026 endet. Ex-Bundesbankpräsident Axel Weber sieht starke Barrieren für ein Durchgreifen von Donald Trump.

Auch zur deutschen Schuldenbremse, die in der Diskussion steht, äusserte sich der frühere Verwaltungsratspräsident der Schweizer Grossbank UBS. Grundsätzlich befürwortet Weber die Schuldenbremse, möchte jedoch Zukunftsinvestitionen jederzeit zulassen. Das würde eine Reform nötig machen, für die sich Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz am Mittwoch auf einer Veranstaltung der «Süddeutschen Zeitung» offen gezeigt hat.

Der ehemalige Bundesbankpräsident geht nicht davon aus, dass Trump die Geldpolitik nach belieben dominieren kann. Sollte Trump den Chefposten des Fed nach dem Ende der Amtszeit von Powell 2026 mit einem treuen Gefolgsmann besetzen, sei da ja immer noch das siebenköpfige Board of Governors (der Gouverneursrat), dass sich gegen die Wünsche der Trumpschen Neubesetzung und deren Geldpolitik zur Wehr setzen könnte.

Trump werde seinen Einfluss auch erst geltend machen können, wenn die Neubesetzung ansteht, ist sich Weber sicher. Powell selbst hatte am 7. November auf der Pressekonferenz gesagt, dass er keine legale Möglichkeit für seine vorzeitige Absetzung sehe, als er von Journalisten danach gefragt worden war.

Für nicht besonders «rühmlich» hält Weber auch die Erfolgsbilanz der USA, bei 7% Defizit nur ein Wachstum von 2% zu generieren. Anders gesagt: Die Möglichkeit der US-Regierung, das Wachstum durch weitere schuldenfinanzierte Massnahmen hochzuhalten, scheint der Ökonom offenbar für recht begrenzt zu halten.

Dann sprach Weber noch eine Warnung für die Wirtschaft bezüglich der Politik des künftigen US-Präsidenten aus: Trumps geplante Strafzölle würden das Wachstum weltweit bremsen.

Zudem falle China als Treiber der globalen Wirtschaft dauerhaft aus, da das Wachstum dort nur noch bei 4% liegt und auch in Zukunft in etwa in dem Bereich verharren werde. Als Weber seine Karriere bei der Bundesbank startete, sei die chinesische Volkswirtschaft noch mit mehr als 10% gewachsen, erinnert er sich. Die derzeitige Überproduktion werfe China auf den Weltmarkt, weil die Binnenkonjunktur so schwach sei.

Weber äusserte sich auch zu Indien. Trotz des Wachstums des Bruttoinlandsproduktes von 7% könne das Land die frühere und nun vermisste Zugkraft Chinas für die Weltwirtschaft nicht vollends ersetzen.

Weber hat sich in der Vergangenheit als Befürworter der deutschen Schuldenbremse geäussert. Allerdings liess der ehemalige Bundesbankpräsident am Dienstag erkennen, dass er eine Reform der Schuldenbremse für sinnvoll hält. «Zukunftsinvestitionen sind jederzeit zu rechtfertigen, weil sie zukünftige Erträge bringen», sagt der frühere Bundesbankpräsident.

Damit stützt Weber die Position von CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. «Selbstverständlich kann man das reformieren. Die Frage ist, wozu? Mit welchem Zweck? Was ist das Ergebnis einer solchen Reform?», sagte Merz am Mittwoch. «Ist das Ergebnis, dass wir noch mehr Geld ausgeben für Konsum und Sozialpolitik? Dann ist die Antwort nein», fuhr der CDU-Vorsitzende fort. «Ist das Ergebnis, es ist wichtig für Investitionen, es ist wichtig für Fortschritt, es ist wichtig für die Lebensgrundlage unserer Kinder? Dann kann die Antwort eine andere sein.»

Sollten Union, SPD und Grüne sich auf eine Reform der Schuldenbremse einigen können, hätte sie derzeit rechnerisch noch eine dafür nötige Zweidrittelmehrheit im Bundestag. Nach den geplanten Neuwahlen am 23. Februar könnte eine solche Verfassungsänderung mangels Mehrheit dafür unmöglich sein. Jede künftige Regierung hätte es dadurch ungleich schwerer, den absehbar hohen Investitionsbedarf in Rüstung, Infrastruktur oder das Bildungssystem verfassungskonform zu stemmen. Ähnlich wie die steigenden Staatsausgaben in den USA wären höhere Staatsausgaben auch in Deutschland zumindest kurzfristig vermutlich förderlich für das Wirtschaftswachstum.

Lob hat Weber für den Gastgeber in Mainz übrig: «Generell ein guter und vernünftiger Ausblick, den Sie hier gegeben haben», sagt er. Demnach werde die Inflationsrate eher nicht weiter sinken. Anleihen seien wieder attraktiver und Aktien seien zwar nicht mehr günstig, sie blieben aber nach wie vor die favorisierte Anlageklasse. Dem hat auch Weber offenbar nichts hinzuzufügen.

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