Donnerstag, Oktober 3

Die Aktien des Onlineriesen arbeiten sich nach einer langen Flaute zu einem neuen Allzeithoch vor. Robustes Wachstum und steigende Margen sorgen an der Börse für Zuversicht. Lohnt es sich, jetzt noch einzusteigen?

Es geht nicht mehr richtig vorwärts. An den amerikanischen Börsen hat der Nasdaq 100 am Dienstagabend zwar 0,4% fester geschlossen. Das wichtigste Kursbarometer zum Technologiesektor kommt aber schon seit Wochen kaum vom Fleck.

Zu den wenigen Tech-Aktien, die weiterhin Auftrieb verspüren, gehört Amazon. Zu 185.67 $ notiert der Kurs des Onlineriesen aus Seattle seit Anfang Jahr mehr als 22% im Plus und ist nur noch einen guten Handelstag von einem neuen Rekordhoch entfernt. Die lange Flaute könnte somit bald überwunden sein. Amazons letztes Allzeithoch datiert auf den 8. Juli 2021 mit 186.57 $.

Seither ist viel passiert. Amazon galt damals als einer der grössten Gewinner der Pandemie. Nach dem Ausbruch des Coronavirus hatte sich der Aktienkurs im Zug des E-Commerce-Booms in weniger als anderthalb Jahren mehr als verdoppelt. Umso schwerer war der Kater, als sich die Wirtschaft normalisierte und das Wachstum im Tech-Sektor abflachte.

Im Vergleich zu den anderen Superschwergewichten der Branche gibt es Parallelen und Unterschiede. Die Aktien von Amazon verloren relativ früh an Dynamik. Im folgenden Bärenmarkt brach der Kurs bis zum Tief Ende 2022 rund 56% ein. Grössere Verluste erlitt nur Meta Platforms. Auch fand Amazon erst verhältnismässig spät einen Boden.

Ebenso dauert die Erholung länger. Apple und Microsoft konnten bereits im vergangenen Sommer neue Kursrekorde zelebrieren. Bei Meta und dem Google-Mutterkonzern Alphabet war es diesen Januar soweit. Derweil ist es seit der letzten Bestmarke von Amazon bald 700 Handelstage her.

Wie bei anderen grossen Tech-Aktien hat der Hype um künstliche Intelligenz (KI) sicherlich auch die Erholung von Amazon begünstigt. Die Kernkompetenzen des Konzerns liegen jedoch in weniger «aufregenden» Bereichen wie E-Commerce-Diensten, dem Management komplexer Lieferketten und Distributionsnetze, IT-Infrastruktur und zunehmend Werbung. Doch dort gibt es dafür stetige Fortschritte, was von Investoren vermehrt honoriert wird.

Ein Symbol für das Comeback ist die Aufnahme in den Dow Jones Industrial. Seit Ende Februar zählt Amazon zusammen mit Apple, Microsoft, Salesforce, Cisco Systems, IBM und Intel zum elitären Club der Tech-Konzerne im 127 Jahre alten Blue-Chip-Barometer – ein Status, der in Corporate America einem Ritterschlag gleichkommt.

Doch in welchem Umfang sind gute Nachrichten inzwischen im Kurs eingepreist? Und: Welche sind die wichtigsten Treiber, die über die weitere Entwicklung der Aktie entscheiden?

Ertragskraft im E-Commerce-Geschäft steigt

Wer den Investment Case zu Amazon verstehen will, muss das Unternehmen als modernes Konglomerat betrachten. Der Analystenkonsens rechnet damit, dass sich der Umsatz dieses Jahr um 12% auf 642 Mrd. $ verbessert. Einnahmen in diesen Dimensionen erwirtschaftet unter den grössten Konzernen Amerikas sonst nur Walmart. Weltweit arbeiten über 1,5 Mio. Menschen für Amazon, über zwanzigmal mehr als für Meta Platforms.

Entsprechend sind verschiedene Faktoren für den Kursverlauf ausschlaggebend. Zu den wichtigsten zählt die operative Entwicklung im klassischen E-Commerce-Geschäft sowie bei Dienstleistungen für Drittanbieter, die Amazons Onlinemarktplatz und Vertriebsnetz nutzen. Zusammen machen diese beiden Bereiche rund 65% der Einnahmen aus.

Das E-Commerce-Geschäft erlebte während der Pandemie einen enormen Wachstumsschub, worauf sich eine gewisse Sättigung einstellte. Doch seit sich die Wogen geglättet haben, setzt sich der strukturelle Aufwärtstrend fort. In den USA hat der E-Commerce-Anteil am Detailhandelsumsatz (exklusive Autoindustrie) per Ende 2023 weiter auf 15,6% zugenommen.

Kein Unternehmen ist so gut aufgestellt wie Amazon, um von diesem langfristigen Trend zu profitieren. Im Kernmarkt Nordamerika ist der Konzern mit einem Anteil am E-Commerce-Markt von 37 bis 38% der unangefochtene Leader und hält Konkurrenten wie Walmart (6%), Ebay (3%), Target (2%) und Home Depot (2%) deutlich auf Distanz.

Die Perspektiven für 2024 sind damit erbaulich. Das Research-Team des Brokers Rosenblatt Securities schätzt, dass Amazon das Expansionstempo im eigenen Onlineverkauf gegenüber dem Vorjahr 5,5% auf knapp 245 Mrd. $ steigern kann. Das lukrative E-Commerce-Geschäft mit Drittanbietern soll 17% auf 164 Mrd. $ zulegen.

Mindestens so wichtig ist ein weiterer Aspekt: Amazon hat den Boom während der Pandemie für eine gewaltige Expansion genutzt. In Nordamerika wurde die Vertriebsinfrastruktur in achtzehn Monaten verdoppelt und ein Transportnetz zum Erschliessen der Haushalte in der Grössenordnung des Logistikers UPS aufgebaut.

Die enormen Investitionen haben die Profitabilität zunächst empfindlich belastet. Doch Amazons jüngster Expansionszyklus ist weitgehend abgeschlossen. CEO Andy Jassy, der die Leitung von Konzerngründer Jeff Bezos im Spätsommer 2021 übernommen hat, legt den Fokus auf die Optimierung des Vertriebs. Das Ergebnis sind kürzere Lieferzeiten und geringere Kosten. 2023 hat Amazon mehr als 7 Mrd. Bestellungen von Prime-Kunden am selben Tag ausgeliefert; über 4 Mrd. davon in den USA und über 2 Mrd. in Europa.

In Nordamerika, wo Amazon rund drei Viertel der E-Commerce-Einnahmen erwirtschaftet, hat sich die operative Marge dank der verstärkten Regionalisierung der Distribution seit sieben aufeinanderfolgenden Quartalen auf über 6% ausgedehnt. Auch international geht der Trend grundsätzlich in die richtige Richtung.

Das Management hat bei der Präsentation der Zahlen zum vierten Quartal 2023 klar gemacht, dass noch wesentlich mehr Potenzial zur Steigerung der Profitabilität besteht. Die Analysten von Rosenblatt rechnen bis Ende Jahr mit einer Verbesserung der operativen Marge in Nordamerika auf über 9%. Im internationalen Geschäft soll sie auf 2% wachsen.

Onlinewerbung beschleunigt profitables Wachstum

Ein zweiter Schlüsseltrend begünstigt diese Entwicklung: Es wird zusehends schwieriger, das Verhalten der Internetnutzer über verschiedene Plattformen hinweg zu verfolgen.

Massgeblich verantwortlich dafür sind die Anti-Tracking-Vorkehrungen, die Apple im Sommer 2021 eingeführt hat. Auch Google hat Anfang Jahr versuchsweise damit begonnen, Cookies von Drittanbietern im Chrome-Browser abzustellen. Im zweiten Semester soll diese Massnahme bei sämtlichen Nutzern umgesetzt werden.

Zu den grössten Profiteuren dieser Veränderung gehören grosse Detailhändler mit eigenen Onlineplattformen. Da sie über reichlich Daten zu den Präferenzen und zum Kaufverhalten ihrer Kunden verfügen, sind ihre Informationen für Werbekunden ausgesprochen wertvoll. Im Fall von Walmart etwa schätzt der Research-Dienst eMarketer, dass die Einnahmen mit Onlinewerbung dieses Jahr mehr als 9% auf 4,5 Mrd. $ wachsen.

In diesem Kontext wird auch von einem «Retail Media Network» gesprochen. Das heisst, Kunden wird gezielt Werbung eingespielt, wenn sie beispielsweise auf der Internetseite von Walmart oder Target nach einem Produkt suchen. Auch Fahr- und Lieferdienste wie Uber, Lyft oder Instacart zeigen auf ihrer App Werbung. Diese Woche hat die Grossbank JPMorgan Chase angekündigt, Onlinekunden Inserate auf Basis ihres Kaufverhaltens zu präsentieren.

Auch bei diesem Trend ist kaum ein Unternehmen besser aufgestellt als Amazon. Der Konzern veröffentlicht seit dem dritten Quartal 2020 Finanzinformationen dazu. Demnach sind die Einnahmen mit Onlinewerbung seither von knapp 5 Mrd. $ auf mehr als 14,5 Mrd. $ im Schlussquartal 2023 gestiegen.

Mit diesem rasch wachsenden Geschäft hat Amazon vergangenes Jahr insgesamt 46,9 Mrd. $ oder etwas mehr als 8% der konzernweiten Einnahmen verdient. Mit Margen zwischen 60 bis 70% arbeitet kein Segment profitabler. Seit Ende Januar werden zudem Werbespots auf der Streaming-Plattform Amazon Prime Video gezeigt, was das Wachstum beschleunigt.

Gemäss Scott Devitt, Internetanalyst beim Investmenthaus Wedbush, hat Amazon den Anteil am globalen Werbemarkt (ohne China) seit 2019 auf nahezu 10% verdoppelt. Das Unternehmen rangiert damit auf Platz drei hinter den Branchenleadern Meta (27%) und Alphabet (50%) und dürfte sich in den nächsten Jahren fest auf dieser Position etablieren. Devitts Prognose nach werden sich Amazons Einnahmen mit Onlinewerbung dieses Jahr 60 Mrd. $ nähern, was einem Wachstum von gut 23% entspricht. Für 2025 geht er von gegen 70 Mrd. $ Umsatz aus.

«Wir glauben, dass Amazon bei der Entwicklung des Werbegeschäfts noch in einem frühen Stadium steht», sagt der Branchenkenner im Gespräch. «Der Bereich wächst schneller als die digitale Werbeindustrie insgesamt und auch als die Einnahmen führender Plattformbetreiber wie Alphabet und Meta», fügt der Analyst hinzu.

Zyklische Erholung im Cloud-Geschäft

Die dritte entscheidende Komponente für den Investment Case ist die Cloud-Sparte Amazon Web Services (AWS). Der Infrastrukturdienst ist der weltgrösste Anbieter von Rechen- sowie Speicherkapazitäten übers Internet und kommt für den mit Abstand grössten Teil des Konzerngewinns auf.

An der Börse wurde Amazon in den vergangenen Jahren denn auch hauptsächlich als Cloud-Aktie wahrgenommen. Der Aktienkurs bewegte sich über weite Strecken mehr oder weniger im Takt mit dem Global X Cloud Computing ETF, in dessen Portfolio Namen wie Microsoft, Salesforce, Alphabet und Workday auftauchen.

Diese enge Korrelation hat sich in den vergangenen Monaten aufgelöst. Das hat möglicherweise damit zu tun, dass Investoren Amazons andere Konzernbereiche angesichts der Erholung des E-Commerce-Geschäfts wieder vermehrt schätzen. AWS wird für die Performance aber weiterhin eine zentrale Rolle spielen.

Cloud-Infrastrukturdienste wie AWS haben während der Pandemie ebenfalls einen starken Schub erfahren, worauf das Wachstum verdaut werden musste. Seit Ende 2023 zeichnet sich jedoch eine zyklische Erholung ab: Das Expansionstempo hat sich vom dritten zum vierten Quartal von 12 auf 13% verbessert und für 2024 stellt das Management eine weitere Beschleunigung in Aussicht.

Ähnlich klingt es bei den Hauptkonkurrenten Microsoft und Alphabet. AWS dürfte dieses Jahr demnach erstmals mehr als 100 Mrd. $ an Einnahmen erwirtschaften, was etwa dem Konzernumsatz von Nestlé entspricht. Auf mittlere bis lange Sicht kommt hinzu, dass die Migration von IT-Infrastruktur zu externen Cloud-Anbietern wie AWS bei vielen Unternehmen erst wenig fortgeschritten ist.

Als weltgrösster Cloud-Anbieter ist Amazon auf dem Gebiet künstliche Intelligenz zudem gut positioniert. Das bedeutet zwar, dass die Kapitalinvestitionen in grosse Rechenzentren auch im Fall von AWS steigen. Angesichts des konzernweit robusten Wachstums sollten sie sich aber auch 2024 und 2025 um 9% des Umsatzes bewegen. Dies, nachdem sie in den vergangenen Jahren auf bis zu knapp 13% gestiegen waren.

Punkto maschinellen Lernens ist AWS schon lange vorne dabei. Wie Google ist Amazon dank einer Reihe hauseigener Prozessoren gut ausgerüstet, wenn es im KI-Wettlauf um immer mehr Rechenkapazitäten und Engpässe bei KI-Chips geht. «Dank ihren proprietären Programmen für hochleistungsfähige Prozessoren sind Amazon und Google nicht annähernd so abhängig von Nvidia wie Microsoft und Oracle», meint dazu Karl Keirstead, IT-Analyst bei UBS.

Die Risiken

Mehr Informationen zur operativen Entwicklung gibt es Ende April, wenn Amazon den Leistungsausweis zum ersten Quartal vorlegt. Die attraktive Mischung aus höheren Margen im E-Commerce-Geschäft, dem raschen Wachstum mit hochprofitabler Onlinewerbung und der zyklischen Erholung der Cloud-Sparte spricht dafür, dass sich das Comeback des Onlineriesen fortsetzt.

Es bleiben aber auch Risiken. Amazon ist wie andere Tech-Schwergewichte im Visier der Wettbewerbsbehörden. Sollte die Stimmung an den Börsen angesichts höherer Inflation und steigender Zinsen drehen, könnten Tech-Aktien zudem generell weniger gefragt sein. Mit Blick auf den Hype um Namen wie Nvidia, AMD oder Meta erscheint Amazon aber zumindest weniger gefährdet, wenn sich die Begeisterung für künstliche Intelligenz abkühlen sollte.

Auffällig ist, dass Jeff Bezos, der weiterhin dem Verwaltungsrat vorsteht, im Februar in vier grösseren Transaktionen jeweils Aktien im Umfang von mehr als 2 Mrd. $ veräussert hat. Das kann ein Warnsignal sein. Der Kurs hat den zusätzlichen Druck auf der Verkaufsseite aber gut verkraftet. So wie es aussieht, hat Bezos das gesamte Volumen von rund 50 Mio. Titeln zudem bereits abgewickelt, das er gemäss Börsenunterlagen bis Ende Januar 2025 zur Diversifikation seines Vermögens veräussern will.

Ein schlechtes «Omen» könnte schliesslich die Aufnahme in den Dow Jones sein. Nicht selten hinken Unternehmen, die frisch zum Blue-Chip-Index stossen, dem Markt für eine Zeitlang hinterher. Mahnende Beispiele aus dem Tech-Sektor sind die Kursflaute von Apple nach dem Aufstieg in den Dow im März 2015 oder die schwache Performance von Salesforce kurz nach der Aufnahme im August 2020.

Das muss aber nicht immer so sein. Die Aktien des Netzwerkausrüsters Cisco Systems beispielsweise schlugen sich besser als der Markt, nachdem er im Juni 2009 mit der Mitgliedschaft im Dow geehrt wurde. Ein wesentlicher Faktor war seinerzeit die generelle Erholung der Börsen nach dem Crash in der Bankenkrise.

Fazit

Entscheidend bleibt damit letztlich die Frage der Bewertung. Für ein Konglomerat wie Amazon eignet sich dazu am besten eine Sum-of-the-Parts-Analyse. Die wichtigsten Konzernbereiche werden zunächst separat betrachtet und dann zu einem Gesamtwert aufsummiert. Gute Anhaltspunkte dazu bietet Justin Post, Internetspezialist bei Bank of America. An seinem Modell hat sich bereits die letzte umfassende Analyse von The Market zu Amazon orientiert.

Gemäss den Schätzungen von Post für 2025 dürfte das Cloud-Geschäft einen Umsatz von rund 122 Mrd. $ erwirtschaften. Unternehmen aus dem Sektor werden durchschnittlich zu einem Umsatzvielfachen von knapp 9 bewertet. Weil Infrastrukturdienste relativ kapitalintensiv sind, wird das Vielfache bei AWS mit 8 etwas tiefer angesetzt, woraus sich ein Wert von 976 Mrd. $ ergibt.

Der klassische Retailteil des E-Commerce-Geschäfts wird wegen der dünneren Margen mit einer geringeren Bewertung versehen. Hier beläuft sich das Umsatzvielfache für die Branche auf 1,2. Auch in diesem Fall wird mit 1,1 ein leichter Abschlag verwendet, woraus sich bei einem geschätzten Umsatz von knapp 340 Mrd. $ eine Bewertung von 373 Mrd. $ errechnet.

Nach dem gleichen Prinzip werden die E-Commerce-Dienste für Drittanbieter sowie das Geschäft mit Onlinewerbung bewertet. Unter dem Strich ergibt sich daraus eine Summe aller Einzelteile von annähernd 2,2 Bio. $. Geteilt durch die Anzahl ausstehender Titel lässt sich ein Wert von 204 $ pro Aktie ableiten. Zum letzten Schlusskurs von 185.67 $ würde das einem Potenzial von 10% entsprechen.

Das hört sich bescheiden an. Andererseits ist es aber auch kein Geheimnis, dass Analysten ihre Schätzungen primär nach den Verhältnissen an den Märkten ausrichten und sie laufend an den Geschäftsgang anpassen. Unbestritten ist in dieser Hinsicht, dass Amazon heute wesentlich solider dasteht und profitabler wirtschaftet als beim letzten Rekordhoch auf dem Zenit des Covid-Booms im Sommer 2021.

Auch lässt die Bewertung derzeit wesentlich mehr Spielraum nach oben. Auf Basis der Analystenschätzungen für die nächsten zwölf Monate belief sich das Verhältnis von Unternehmenswert zum Umsatz beim letzten Peak auf 4,5, wogegen es heute bei 3,1 steht. Das Verhältnis von Unternehmenswert zum Ebitda ist mit 15 nur halb so hoch wie damals.

Kurzum: Auch wenn die Aktien von Amazon seit dem Tief von Ende 2022 schon einen beachtlichen Weg zurückgelegt haben, erscheinen sie noch lange nicht ausgereizt.


Deep Diving

An dieser Stelle präsentieren wir wie immer einige Links, die einen vertieften Einblick in ein aktuelles Thema geben:

  • Generative künstliche Intelligenz benötigt gigantische Mengen an Daten. Doch an nützliche Daten für die zusehend komplexeren Rechenmodelle heranzukommen, wird für Firmen wie OpenAi immer schwieriger. Deshalb experimentieren sie mit «synthetischen Daten», die von anderen KI-Modellen erzeugt werden. Der Tech-Journalist Ed Zitron erklärt im Essay «Bubble Trouble», wie das genau funktioniert – und weshalb die Verwendung synthetischer Daten äusserst problematisch ist.
  • Taiwan, das Zentrum der globalen Halbleiterindustrie, wurde vergangene Woche vom schwersten Erdbeben seit 1999 erschüttert. Anders als damals haben die Erschütterungen mit einer Stärke von 7,2 auf der Richterskala bei Branchenleadern wie TSMC jedoch kaum zu nennenswerten Störungen der Produktion geführt. Der Videoblog «Asianometry», der sich in der Tech-Industrie Taiwans bestens auskennt, zeigt, wie TSMC und andere Halbleiterhersteller ihre modernen Werke gegen Erdbeben wappnen.
  • Das Start-up-Labor Y Combinator hat vergangene Woche seine zweitägige Veranstaltung in San Francisco durchgeführt, an der Dutzende Jungunternehmen ihre Geschäftsideen demonstrierten. Ausser KI-Anwendungen standen diverse Projekte aus Bereichen wie Gesundheit und Chipdesign im Mittelpunkt. Das Fachmagazin «TechCrunch» präsentiert einige der spannendsten Ideen, an denen derzeit im Silicon Valley getüftelt wird.

Und zum Schluss noch dies: Inside Job

Kriminalgeschichten haben in Los Angeles eine lange Tradition. Nicht zufällig ist die Stadt Schauplatz für Raymond Chandlers Erfolgsromane, in denen der hartgesottene Privatdetektiv Philip Marlowe seinen Fällen nachgeht. In der Hollywood-Metropole, deren Glamour oft durch Verbrechen, Skandale und Korruption getrübt wird, spielen ebenso «Chinatown» und viele andere Film-Noir-Klassiker.

Reichlich Stoff für einen Krimi bietet der Coup, der soeben ans Licht gekommen ist. Wie das Polizeidepartement von L.A. nachträglich informiert, hat sich über das Osterwochenende einer der grössten Banküberfälle in der Geschichte der Stadt und der USA abgespielt. Die Täter sind mit einer Beute von bis zu 30 Mio. $ davongekommen.

Vieles zum Fall ist nach wie vor unklar. Fakt ist, dass Diebe im San Fernando Valley im Nordosten von Los Angeles einen Geldspeicher leergeräumt haben. Die abgebrühten Profis drangen durchs Dach ins Gebäude ein, in dem der Sicherheitsdienstleister GardaWorld einen grossen Cash-Bestand lagerte.

Da der Alarm nicht ausgelöst wurde, vermutet die Polizei, dass sie Einbrecher Hilfe von einem Insider hatten. Wie die «Los Angeles Times» berichtet, wurden vermutlich Wi-Fi-Störsender benutzt, um die Sicherheitskameras zu blockieren. Zudem war die Aktion sorgfältig geplant, denn 30 Mio. $ Bargeld in 100er-Scheinen (den grössten Noten in den USA) entsprechen einem Gewicht von ungefähr 300 Kilogramm.

Der Vorfall erinnert an einen aufsehenerregenden Diebstahl, der sich vor knapp zwei Jahren ereignet hat. An einer Raststätte auf der Autobahn zwischen Los Angeles und Bakersfield wurde damals ein Panzerwagen der Sicherheitsfirma Brink’s geknackt. Je nach Schätzung wurden Juwelen im Wert von 10 Mio. bis mehr als 100 Mio. $ entwendet. Der Fall ist bis heute nicht gelöst.

Für Spekulationen sorgt auch, dass es in Los Angeles sonst nur selten zu Diebstählen kommt, in die Täter durchs Dach einsteigen. Zu den Ausnahmen zählt der Überfall auf eine Weinhandlung im Stadtteil Venice vergangenen Juli. Damals nutzten die Langfinger das Wochenende am US-Nationalfeiertag, um rund 800 exquisite Flaschen im Wert von rund 600’000 $ zu entwenden. Bis heute fehlt von den Tätern und ihrer Beute jede Spur.

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