Montag, November 25

Die deutsche Regierung verurteilt die Vollstreckung des Todesurteils gegen Jamshid Sharmahd auf das Schärfste. Die Familie des Regimekritikers wirft Deutschland hingegen abermals vor, sich nicht genug für ihn eingesetzt zu haben. Oppositionschef Friedrich Merz fordert nun die Ausweisung des iranischen Botschafters.

Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock hat Iran nach der Hinrichtung des deutsch-iranischen Doppelbürgers Jamshid Sharmahd mit Konsequenzen gedroht. Das Auswärtige Amt habe sich unermüdlich für Sharmahd eingesetzt, teilte Baerbock am späten Montagabend in Berlin mit.

Mehrfach sei in dem Fall «ein hochrangiges Team» nach Teheran entsandt worden. «Dabei haben wir Teheran immer wieder unmissverständlich klar gemacht, dass die Hinrichtung eines deutschen Staatsangehörigen schwerwiegende Folgen haben wird.»

Der deutsche Kanzler Olaf Scholz verurteilte die Hinrichtung «auf das Schärfste». Er sprach in einem Post auf der Plattform X von einem «Skandal». «Jamshid Sharmahd hat nicht einmal die Gelegenheit erhalten, sich im Prozess gegen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu verteidigen», schrieb Scholz. «Die Bundesregierung hat sich immer wieder intensiv für Herrn Sharmahd eingesetzt. Mein tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie.»

Familie des Hingerichteten kritisiert deutsche Regierung

Oppositionschef Friedrich Merz forderte, den iranischen Botschafter aus Deutschland auszuweisen. «Die Herabstufung der diplomatischen Beziehungen auf die Geschäftsträgerebene ist angezeigt», schrieb der Christlichdemokrat auf X. Die deutsche Regierung hat sich bislang jedoch noch nicht zu konkreten Massnahmen gegen Iran infolge der Hinrichtung geäussert.

Die Tochter des Hingerichteten, Gazelle Sharmahd, kritisierte abermals die deutsche Regierung. In einem Beitrag auf X warf sie ihr vor, sich nicht genug für ihren Vater eingesetzt zu haben. Im vergangenen Jahr hatte sie in der NZZ bereits mehr «wirtschaftlichen Druck» seitens der deutschen Regierung gefordert. Das Regime in Iran habe nicht gedacht, dass es Deutschland ernst gewesen sei, sagte sie damals. Im September 2023 hatte sie sich auch mit Baerbock getroffen, um über den Fall ihres Vaters zu sprechen.

Jamshid Sharmahd war am Montagmorgen hingerichtet worden, wie das iranische Justizportal Misan berichtete. Der Regimekritiker war Anfang vergangenen Jahres verurteilt worden. Nach Angaben seiner Familie verschwand er im Jahr 2020 auf einer Dienstreise während eines Zwischenstopps in Dubai.

Sharmahd wurde wegen «Korruption auf Erden» verurteilt

Die Familie geht davon aus, dass er von iranischen Stellen entführt wurde. Wenig später zeigte das iranische Staatsfernsehen den offenbar gefolterten Mann. Er habe ein Geständnis abgelegt, hiess es damals. Seitdem sass er in Iran im Gefängnis. Seine Familie hatte nur sporadisch Kontakt zu ihm.

Sharmahd war 1980 aus Iran nach Deutschland gekommen und arbeitete 16 Jahre lang als Ingenieur bei Siemens. 1995 erhielt er die deutsche Staatsbürgerschaft. Später lebte er mit seiner Familie in den USA. Dort war er in der Oppositionsbewegung «Tondar» aktiv, die zum Ziel hat, die Islamische Republik zu stürzen und eine Monarchie zu errichten.

Iran beschuldigte ihn unter anderem, am Terroranschlag auf eine iranische Moschee im Jahr 2008 beteiligt gewesen zu sein. Ausserdem soll er in Kontakt mit ausländischen Geheimdiensten gestanden haben. Die Familie bestreitet die Vorwürfe. Sharmahd wurde schliesslich wie viele Regimekritiker wegen «Korruption auf Erden» verurteilt.

Als Reaktion auf die Urteilsverkündung wies Deutschland im vergangenen Jahr zwei iranische Diplomaten aus. Baerbock bestellte den iranischen Botschafter ein. Der deutschen Botschaft in Teheran wurde jedoch mit Verweis auf seine iranische Staatsbürgerschaft bis zuletzt kein Zugang zu Sharmahd gewährt.

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