Ein Walliser übernimmt die Spitze der einflussreichsten Schweizer Partei: Philipp Matthias Bregy löst Gerhard Pfister ab. Er ist der einzige Kandidat.

Es hat mittlerweile fast schon Tradition: Wenn eine Schweizer Partei das Präsidium auf Bundesebene neu besetzen muss, hält sich der Andrang der Interessenten in äusserst engen Grenzen. In aller Regel geht das Prozedere ohne Kampfwahl über die Bühne. Zumeist steht eine einzige Kandidatur zur Debatte (wie zuletzt bei SVP, FDP und Grünen), oder es gibt zwar pro forma eine Alternative, die aber offenkundig keine reellen Chancen hat (wie zuletzt bei der SP).

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Im aktuellen Fall der Mitte-Partei kommt die erste Variante zum Zug: Es bleibt bei einer Einerkandidatur. Bis am Montagmittag konnten die Kantonalparteien der Zentrale in Bern Kandidatinnen und Kandidaten melden, welche die Nachfolge von Gerhard Pfister antreten möchten. Er hat nach neun Jahren den Rücktritt auf Ende Juni bekanntgegeben.

Nach Ablauf der Frist steht weiterhin ein einziger Name auf der Liste: Philipp Matthias Bregy, Nationalrat aus dem Wallis, zurzeit Chef der Bundeshausfraktion der Mitte. Seine voraussichtliche Wahl per Akklamation ist alles andere als überraschend, kaum hatte Gerhard Pfister seinen Abgang angekündigt, galt Bregy bereits als Kronfavorit.

Dank Amherd nachgerutscht

Theoretisch könnte seine Wahl jedoch noch verhindert werden. An der Delegiertenversammlung vom 28. Juni in Bern, an welcher der Akt vollzogen werden soll, könnte im Prinzip vor Ort eine spontane Gegenkandidatur lanciert werden. Die Wahrscheinlichkeit tendiert allerdings gegen null. Ebenso unrealistisch ist, dass Bregy seine Kandidatur kommenden Freitag nach der Anhörung durch die interne Findungskommission zurückziehen muss.

Mit anderen Worten: Philipp Matthias Bregy, 47-jähriger Familienvater und Rechtsanwalt aus Naters, kann seine steile Karriere in Bundesbern nahtlos fortsetzen. Erst seit dem Frühjahr 2019 gehört er dem nationalen Parlament an. Er konnte damals nachrutschen, nachdem Viola Amherd in den Bundesrat gewählt worden war. Er brauchte wenig Zeit, um in Bern Tritt zu fassen. Schon zwei Jahre später konnte Bregy das wichtige Amt des Fraktionspräsidenten übernehmen.

Für die Mitte-Partei ist die Wahl des neuen Präsidenten ein weiterer Schritt zur Klärung nach personell turbulenten Monaten. Kaum hatte der Präsident Anfang Jahr seinen Rücktritt angekündigt, gab völlig überraschend Bundesrätin Amherd bekannt, dass sie ihr Amt bereits Ende März niederlegen werde. Die Kandidatensuche für ihre Nachfolge verlief harzig, nicht nur Pfister und Bregy sagten ab, sondern auch alle anderen vermeintlichen Kronfavoriten.

Gewählt wurde schliesslich ein unbekannter Aussenseiter: der Zuger Regierungsrat Martin Pfister, der nun seit Anfang April als neuer Chef im Verteidigungsdepartement zugange ist. Abgesehen von ersten personellen Entscheiden in seinem engsten Umfeld war von ihm bisher wenig zu hören. Pfister scheint entschlossen zu sein, die inoffizielle hunderttägige Einarbeitungszeit zu nutzen, bevor er sich erstmals inhaltlich an die Öffentlichkeit wendet.

Wer tritt Bregys Nachfolge an?

Innerhalb der Mitte-Partei bleibt somit noch eine Baustelle offen: Falls Bregy Anfang Juli wie erwartet das Präsidium übernimmt, müssen die National- und Ständeräte das Fraktionspräsidium im Bundeshaus neu besetzen. Nachdem die Mitte-Frauen bereits bei den Vakanzen im Bundesrat und an der Parteispitze ihre Ambitionen angemeldet haben, ohne konkrete Kandidaturen präsentieren zu können, dürfte ihnen diese Peinlichkeit dieses Mal erspart bleiben. Interesse am Vorsitz der Mitte-Fraktion hat die Zürcher Nationalrätin Yvonne Bürgin.

Es ist ein zwiespältiges Amt: Einerseits ist die Mitte-Fraktion nicht leicht zu führen, zumal die zahlreichen Ständeräte in ihrem angestammten Selbstbewusstsein ein gewisses Eigenleben innerhalb der Fraktion führen und grössere Freiheiten für sich beanspruchen. Andererseits aber sitzt der Mitte-Fraktionschef so nahe an den Hebeln der Macht wie kaum jemand anderes im Bundeshaus. Die Mitte hat in beiden Kammern des Parlaments die Möglichkeit, Mehrheiten zu bilden, und zwar mit den Parteien rechts (problemlos) und links (eher knapp).

Gerhard Pfister hat darauf hingearbeitet, die ehemalige CVP unter dem neuen Namen als «soziale Kraft im bürgerlichen Lager» zu positionieren. Sein Nachfolger in spe hat diesen Plan stets treu mitgetragen. Insofern sind unter Bregy kaum Veränderungen zu erwarten – abgesehen davon, dass er die Führung der Partei personell wieder breiter abstützen will. Gerhard Pfister ist vielfach einsam vorausmarschiert, und nicht immer konnte er sicher sein, ob ihm alle folgen können und wollen.

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