Samstag, März 15

Erst dank einem VAR-Penalty in der 97. Minute gelingt GC der glückliche Ausgleich zum 1:1. Für das Rückspiel in Thun am Freitag bleibt damit auf dem Papier alles offen. Doch die Rechnung für die Grasshoppers könnte teuer werden.

Es läuft die vierte, fünfte Minute der Nachspielzeit, als der Schiedsrichter einen Funkspruch aus Volketswil bekommt. In dem Moment scheint für GC ein zarter Schimmer der Hoffnung über dem Letzigrund auf.

Die Grasshoppers liegen 0:1 in Rückstand nach mehr als 90 Minuten, in denen der FC Thun das deutlich bessere Team gewesen ist. Reifer, abgeklärter, cleverer. 19 Eckbälle durfte GC treten, kein einziger davon brachte Thuns Goalie Matic ernsthaft in Not. GC hat nie gezeigt, dass es «die eigene Welt der Barrage» angenommen hat.

Der Schiedsrichter entscheidet nach der Besichtigung der Bilder aus Volketswil auf Handspenalty, weil der Ball im Kopfballduell zwischen Bradley Fink und Marco Bürki an die Hand des Thuner Captains gesprungen ist. Giotto Morandi, während 90 Minuten ein Ärgernis auf zwei Beinen, gleicht aus. 1:1, immerhin.

«Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen», sagte der GC-Captain Amir Abrashi nach dem Match. Am Freitag folgt das Rückspiel auf dem Thuner Kunstrasen. Der FC Thun hat in dieser Saison kein einziges Heimspiel verloren. Die Wahrscheinlichkeit ist bei Halbzeit nicht gesunken, dass GC mit zwei blauen Augen aus der Stockhorn-Arena abreist. Als Absteiger.

Der Schwebezustand zwischen Hoffen, Bangen und Zittern passt zu einem Klub, der seit dem Besitzerwechsel weiterhin auf der Suche nach sich selbst ist. Rekordmeister? Tradition? Eine grosse, bessere Zukunft? So lauteten die Schlagworte, die immer wieder mit Ausrufezeichen fielen, als die Vertreter des Los Angeles FC Ende Januar über ihre neue Filiale GC redeten. Fünf Monate später stehen hinter den Schlagworten Frage- statt Ausrufezeichen.

Die Fortsetzung des Abwärtstrends

Was die wirtschaftlich potenten Kalifornier mit ihrem Klub im fernen Switzerland im Sinn haben, bleibt so verschwommen wie in der Zeit unter den chinesischen Besitzern der Fosun-Gruppe. Die Vertreter des Los Angeles FC (LAFC) um die Präsidentin Stacy Johns und den Verwaltungsrat Larry Freedman liessen zu Beginn ihre hochfahrenden Ambitionen durchblicken und redeten leutselig darüber. Doch seit dem Derby-Sieg und dem 8. Tabellenplatz Anfang Februar ging es nur noch abwärts. Die Aufbruchsstimmung im Umfeld und auf dem Rasen verpuffte wie aus einem Luftballon. Den grossen Worten folgten kleine Taten.

Das illustriert ein Ausschnitt aus der Statistik: Vor der Übernahme gelangen GC in den ersten 19 Spielen der Meisterschaft durchschnittlich 1,4 Tore pro Match, das Torverhältnis lautete +1. In den folgenden 14 Spielen unter dem LAFC traf GC bis zur Trennung der Tabelle noch 0,4 Mal pro Match, nach 33 Runden lautete das Torverhältnis –10. Anders gesagt: Die Defensive wurde löchrig, die schon zuvor schwache Offensive noch schwächer. Der Plan war ein anderer.

Es brauchte ja keinen Abschluss in Quantenphysik für die Erkenntnis in der Winterpause, zwei oder drei Spieler für die Stärkung der Offensive zu verpflichten. Der später entlassene Sportchef Bernt Haas und Harald Gärtner, Europachef des LAFC, aktivierten ihre «Netzwerke», wie Gärtner sagte. Österreich, Deutschland, die «Red & Gold»-Kooperation mit dem LAFC und dem FC Bayern München.

Es kam Asumah Abubakar, 11 Einsätze, 1 Tor. Es kam Oliver Batista Meier, 7 Mal auf dem Platz, 0 Tore. Es kam der Leihspieler Dijon Kameri, 6 Einsätze, Verletzung, kein Tor. Immerhin folgte nach der Entlassung von Bruno Berner nach 31 Runden mit Marco Schällibaum ein erfahrener Trainer, der den Schweizer Fussball kennt.

Es gibt ein GC-Szenario für die Challenge League

An den Kenntnissen der hiesigen Verhältnisse scheint die GC-Operative weiter zu arbeiten. Es heisst bei GC seit längerem, man habe «selbstverständlich ein Szenario für die Challenge League». Aber der Ordner für das Szenario in der Super League sei – ebenso selbstverständlich – «dicker». Dass die Amerikaner bei einem Abstieg aussteigen, sei «ausgeschlossen».

Die Amerikaner scheinen weiterhin daran zu glauben, dass GC die Menschen in und um Zürich bewegt. Am Ostermontag schafften sie es, dank einer grossen Aktion mit Gratiseintritten mit über 13 000 Zuschauern doppelt so viele Leute wie üblich in den Letzigrund zu locken. Doch das Team zeigte beim 0:1 gegen Lausanne eine Leistung, die schwer erträglich war. Würde jemand ein nächstes Mal Geld ausgeben für ein solches «Erlebnis»? Eher nicht. Am Sonntag kamen 9000 Zuschauer. In Thun sind die rund 10 000 Plätze längst ausverkauft.

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