Freitag, April 18

Der Schokoladenproduzent leidet weiter unter dem volatilen Kakaopreis. Das Halbjahresergebnis enttäuscht die ohnehin tiefen Erwartungen, die Sparziele werden nach hinten verschoben – Anleger brauchen noch mehr Geduld.

Es geht immer noch schlimmer. Die Erwartungen waren bereits tief, doch das Zahlenset, das Barry Callebaut am Donnerstagmorgen vorlegte, überraschte dennoch negativ. Klar ist seit langem: Der volatile Kakaopreis macht dem Schokoladenhersteller das Leben schwer – um nicht zu sagen, zur Hölle. Er bläht das Umlaufvermögen immer weiter auf und treibt den freien Cashflow immer tiefer in den roten Bereich. Der Schuldenberg wächst weiter stetig an.

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Das alles ist bekannt – an der Börse geht es seit über zwei Jahren kontinuierlich bergab. Und trotzdem entfaltet der Halbjahresbericht genug Wirkung, um die Titel am Donnerstag um weitere 20% bachab zu schicken. Während der Markt die Zollpause von US-Präsident Donald Trump feiert, bleibt Barry der Party fern.

Barry verliert Marktanteile

Das Zahlenset dürfte selbst für leid­erprobte Aktionäre schwer verdaulich sein. Die Volumenveränderung im ersten Halbjahr – eine der zentralen Kennzahlen für den Geschäftsgang – fiel mit minus 5% noch schwächer aus als ohnehin erwartet. Der Reingewinn lag bei lediglich 30 Mio. Fr. – deutlich unter der Konsensschätzung von 118 Mio. Hauptgrund sind massiv gestiegene Finanzierungskosten.

Was den Markt zudem aufhorchen lassen dürfte: In der Sparte Global Chocolate, die die gesamte Wertschöpfungskette der Schokoladenproduktion umfasst und vier Fünftel des Umsatzes ausmacht, ging das Verkaufsvolumen um 4,5% zurück, während das Marktwachstum gemäss dem US-Datenanbieter Nielsen lediglich um 2,4% zurückging. Barry verlor also Marktanteile. Das Unternehmen macht ein disruptives Marktumfeld, höhere Preise und verzögerte Kundenbestellungen für den Rückgang verantwortlich.

Dass die Lagerbestände infolge des explodierenden Kakaopreises um weitere 1,7 Mrd. auf insgesamt 7,3 Mrd. Fr. stiegen, drückte den freien Cashflow auf –2,1 Mrd. Fr. Damit hat Barry die Erwartungen der Analysten deutlich verfehlt.

Positive Effekte des Kostensenkungsprogramms verzögern sich

Auch der Blick nach vorn ist wenig erbaulich. Im Gegenteil, für das laufende Jahr senkt Barry die Prognose für den Volumenrückgang – von einem «niedrigen» auf einen «mittleren» einstelligen Prozentbereich. Hinzu kommt eine weitere negative Überraschung, die das Kostensenkungsprogramm «BC Next Level» betrifft. Die geplanten Einsparungen von jährlich 250 Mio. Fr. würden wegen des höchst volatilen Umfelds erst rund zwölf Monate (neu: August 2027) später vollständig im Ergebnis sichtbar, teilte Barry mit.

Cedric Norest, Analyst des Brokerhauses Stifel, zeigt sich in einem Kurzkommentar verwundert über die Verzögerung. «Es fällt uns schwer, die Verzögerung nachzuvollziehen, da bereits erhebliche Fortschritte erzielt wurden», schreibt Norest. Er meint damit etwa die Schliessung von Fabriken und die Kapazitätsanpassungen in bestehenden Produktionsstätten.

Aktionäre müssen weiter Geduld haben

Für Aktionäre bedeutet das: Der Schmerz wird nicht weniger – im Gegenteil, es ist noch mehr Geduld gefragt. Barry bleibt der Volatilität des Kakaopreises unterworfen. Spannend wird sein, ob sich Barry weiterhin zu vertretbaren Konditionen finanzieren kann. Der Verschuldungsgrad, gemessen am Verhältnis von Nettoschulden zum Betriebsgewinn auf Stufe Ebitda, ist im vergangenen Halbjahr von etwas mehr als 5 auf astronomische 6,5 gestiegen. Gemäss den aktuellen Bankvereinbarungen wird der Lagerbestand und dessen Finanzierung nicht mitgerechnet, wodurch die angepasste Nettoverschuldung – sie gilt gemäss Analysten als relevant für die Kreditbedingungen – bei 3,1 liegt. Das ist immer noch hoch.

Im März hat sich Barry zum zweiten Mal in diesem Jahr durch die Emission von Anleihen Liquidität verschafft. Dass sich die Konditionen der Emissionen nicht verschlechtert hatten, war ein gutes Zeichen. Der Markt preist trotz der steigenden Verschuldung kein erhöhtes Ausfallrisiko ein.

Die Internationale Kakao-Organisation (ICCO) rechnet für die Erntesaison 2024/2025 mit einem Überschuss am Kakaomarkt, basierend auf einem Anstieg des Angebots um 8% bei einer gleichzeitig rückläufigen Nachfrage von -5%. Sollte sich diese Prognose bestätigen, könnte dies zu einer weiteren Entspannung beim Kakaopreis führen – wobei der Konjunktiv hier betont werden muss.

Der Investment Case von Barry bleibt wie folgt: Geht man davon aus, dass der Konzern die Krise übersteht – und davon ist trotz aller Schmerzen nach wie vor auszugehen –, ist das Potenzial der Aktien langfristig beträchtlich. Wer schon jetzt ins fallende Messer greift, muss allerdings blutige Hände aushalten können. Alle anderen warten weiter ab.

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