Mittwoch, Oktober 30

Die NZZ hat hochgerechnet, wie viel eine temporäre Beraterin der Verteidigungsministerin die Steuerzahler pro Jahr kosten würde. Darauf reagiert das Departement mit einem ungerechtfertigten Lügenvorwurf. Das hat im VBS Methode.

Ohne ihre rechte Hand, Brigitte Hauser-Süess, hält es Verteidigungsministerin Viola Amherd offenbar keine drei Monate aus. Deshalb hat sie ihre langjährige Freundin nach deren 70. Geburtstag für die Periode von 1. Oktober bis 31. Dezember zur Beraterin gemacht. Bundesangestellte müssen den öffentlichen Dienst spätestens nach Vollendung des 71. Lebensjahrs verlassen.

Die «Neue Zürcher Zeitung» erkundigte sich nach den Konditionen dieser ungewöhnlichen Anstellung und erhielt, gestützt auf das Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung, im zweiten Anlauf den ungeschwärzten Vertrag ausgehändigt. Dies, verbunden mit der Versicherung, der Betrag entspreche dem bisherigen Lohn Hauser-Süess’ gemäss Lohnklasse 31.

Wörtlich steht im Vertrag: «Der Auftrag umfasst maximal 70 Arbeitstage zu einem Tagessatz von pauschal CHF 1140 (Brutto). Die Vergütung der Leistung der Auftragnehmerin abzüglich Arbeitnehmerbeiträge (. . . ). Die Aufwendungen dürfen das verbindliche Kostendach von CHF 97 000 nicht übersteigen. Es beinhaltet nebst dem Total der Ziffern 6.1 (Honorar CHF 79 800) und 6.2 (Spesen: CHF 5000) auch die Sozialversicherungsbeiträge, die die Arbeitgeberin entrichtet (max. CHF 12 000).»

Überrascht von der Grosszügigkeit des Vertrags fing der NZZ-Redaktor, der über das Beratermandat recherchierte, an zu rechnen und kam zu folgendem Ergebnis: Pro Monat kostet Brigitte Süess den Steuerzahler 32 000 Franken. Würde diese Summe wie ein Gehalt 13 Mal ausbezahlt, ergäben sich 420 000 Franken. Fazit: «Amherds Beraterin verdient mehr als der US-Präsident.»

Das kann man als zugespitzt bezeichnen, aber nicht als komplett aus der Luft gegriffen. Die Zahlen, mit denen die NZZ gerechnet hat, stehen schliesslich schwarz auf weiss in Hauser-Süess’ Honorarvertrag. Auch wenn man konservativ rechnet und noch verschiedene Abzüge geltend macht, kommt man auf eine Summe, die höher ist als ein Gehalt gemäss Lohnklasse 31.

Das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) sah das allerdings anders. Es publizierte auf der eigenen Website eine längliche «Richtig- und Klarstellung», die in der Behauptung gipfelte, die Berechnungen der NZZ beruhten auf «unwahren Grundlagen» und seien somit «komplett falsch und nicht nachvollziehbar».

Bloss: Die Grundlagen des VBS sind auch die der NZZ. Allerdings lassen sich die Berechnungen des Departements nicht nachvollziehen, weil es «die gängigen Zuschläge des Bundes», die im Tagessatz eingerechnet sind, nicht spezifizieren will. Eine Journalistin von CH Media, die ebenfalls nachgerechnet hat, schreibt: «Fakt ist: Bis Jahresende kann Hauser-Süess 79 800 Franken verdienen, 70-mal die Tagespauschale von 1140 Franken. Das sind 26 600 Franken pro Monat. Zieht man von der Pauschale noch Feiertage und die sieben Wochen Ferien ab, die über 60-jährigen Mitarbeitenden beim Bund zustehen, liegt der theoretische Jahreslohn immer noch über Hauser-Süess’ Lohnklasse.»

Der Ärger von Amherds Umfeld über den NZZ-Artikel ist verständlich. Man hätte den Vertrag lieber nicht veröffentlicht. Dass aber das Ansehen des Bundesratsamtes und des Departements dazu missbraucht wird, um eine kritische Berichterstattung als Fake News darzustellen und damit empörte Reaktionen zu erzielen, ist inakzeptabel. Damit desavouiert das VBS nicht nur die Glaubwürdigkeit der Zeitung, sondern auch das Interesse der Öffentlichkeit an Vorgängen im Umfeld der Landesregierung.

Im VBS hat das offenbar System. Denn auf Enthüllungen oder unliebsame Berichte reagiert es immer gleich: Die Meldungen sind falsch, die Journalisten haben etwas nicht richtig verstanden, oder sie bauschen auf. Auch Amtskollegen werden von den Abwehrkanonen im Departement mitunter getroffen: Als 2022 klar wurde, dass sich die Eidgenossenschaft bereits für die amerikanischen Kampfjets F-35 entschieden hatte, behauptete Viola Amherd wochenlang, sie habe gar nicht mitbekommen, dass Finanzminister Ueli Maurer auch noch mit den Franzosen verhandle.

Erst als bekannt wurde, dass das ganze Gremium Maurers Vorgehen gebilligt hatte, nahm sie den in einer Zeitung geäusserten indirekten Lügenvorwurf an Maurer zurück und sprach von Missverständnissen. Bei Viola Amherd lügen immer die andern – nur sie und ihr Umfeld interpretieren halt manchmal etwas falsch.

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