Dienstag, März 25

McLaren feiert im zweiten Saisonrennen einen Doppelsieg. Ferrari hingegen erlebt ein Desaster. Der Rekordweltmeister Hamilton beklagt sich über die Stallorder.

Die Formel 1 in dieser Saison, so viel lässt sich schon nach dem zweiten Rennen sagen, ist eine Achterbahnfahrt mit beschleunigtem Tempo. Der Grosse Preis von China ist von der Action her nach dem Start kein berauschender Grand Prix gewesen, aber ein spannender allemal.

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Die besten Manöver gibt es in Schanghai traditionell nach dem Start, und da wurde auch schon der Doppelerfolg von McLaren klargemacht, als Oscar Piastri seine Pole-Position verteidigen und Kollege Lando Noris am Mercedes von George Russell vorbeiziehen konnte. Norris bleibt mit 44 Zählern Spitzenreiter vor Max Verstappen (36), Russell (35) und Piastri (34). Aber er muss sich von nun an der erbitterten hausinternen Konkurrenz durch seinen australischen Kollegen Piastri erwehren – und scheint einmal mehr Nerven zu zeigen.

Was nahtlos überleitet zur Scuderia Ferrari, die das beherrschende Thema des Rennwochenendes gewesen ist. Zunächst sportlich, später politisch, zum Schluss juristisch. Das bittere Ende vorweggenommen: Nach den Plätzen fünf und sechs für Charles Leclerc und Lewis Hamilton wurden beide roten Autos nach der technischen Überprüfung disqualifiziert.

Leclercs Ferrari ist zu leicht, Hamilton fehlt ein halber Millimeter

Zuerst traf das Verdikt der Kommissäre Leclerc, das Gewicht seines Wagens lag ein Kilogramm unter dem Minimum von 800 kg. Wenig später wurde auch gegen Hamilton ermittelt, der hintere Abstandshalter am Unterboden war um einen halben Millimeter zu stark abgefahren. Auch hier lautete das schnelle und eindeutige Urteil: Ausschluss. Die Ferrari-Verantwortlichen räumten beide Fehler ein und nahmen die Verantwortung dafür auf ihre Kappe.

Die beiden Teamkollegen, die vor der Saison so sehr auf Harmonie bedacht waren, kamen sich gleich in der allerersten Kurve des Rennens in die Quere. Hamilton überholte Leclerc, der eine leichte Kollision nicht vermeiden konnte, was seinen Frontflügel beschädigte. Das Paradoxe daran war, dass Leclerc mit eingeschränkter Aerodynamik immer schneller wurde und Hamilton nach dem ersten Renndrittel stark zu bedrängen begann. Dieser empfand das Ansinnen offenbar als Majestätsbeleidigung.

Vom Kommandostand kam mehrfach die Anweisung, Leclerc passieren zu lassen. Hamilton erwiderte trotzig: «Wenn er näher dran ist.» Die Ferrari-Strategen machten wie Leclerc weiter Druck, aber der Brite stellte auf stur: «Ich sage, wann wir den Platz tauschen.» Später erklärte Hamilton, dass der Platztausch seine eigene Idee gewesen sei, nachdem er gemerkt habe, dass er sich mit seiner Fahrzeugabstimmung verzettelt hatte. Nach 56 Runden lag Hamilton, obwohl Leclerc einen Boxenstopp weniger eingelegt hatte, trotzdem nur zwei Sekunden hinter dem Rivalen. Auch das ist ein Warnschuss.

Hamilton gewinnt überraschend das Sprintrennen

Unabhängig von den Disqualifikationen sind die unterschiedlichen Auffassungen zwischen dem Rekordweltmeister Hamilton und Ferrari jetzt schon zum wiederholten Mal heftig aufeinandergeprallt. Die ganze Welt konnte mithören. Hamilton ist von Mercedes her gewohnt, bei allem mitzudiskutieren. Bei der Scuderia wiederum ist man es nicht gewohnt, dass ein Fahrer aktiv mitbestimmen möchte.

Leclerc wiederum beschwerte sich darüber, dass der Positionswechsel so lange gedauert habe: «Das ist doch eine Schande, ich habe das bessere Tempo.» Sein Renningenieur entschuldigte sich dann dafür. Das sind Momentaufnahmen, gewiss, aber durchaus Indizien für aufkommende Spannungen. In Kenntnis der Beteiligten und der Umstände war das auch kaum anders zu erwarten gewesen.

Die Flitterwochen in der Beziehung mit Hamilton sind eindeutig vorbei, auch wenn der prominente Neuzugang sein erstes rotes Ausrufezeichen bereits schneller als gedacht gesetzt hatte. Hamilton gewann in China das erste Sprint-Rennen der Saison von der ohnehin schon überraschenden Pole-Position aus. Ein ganz persönlicher Triumph, den er sehr genossen hat, weil es auch ein Sieg über alle Zweifler war. Allerdings hatte der Brite schon nach der Qualifikation zugegeben, dass er keine Ahnung habe, wie dieser Paukenschlag zustande gekommen war: «Ich war regelrecht schockiert.» Aber natürlich auch unheimlich erleichtert.

Stark ins Wochenende eingestiegen und dann stark nachgelassen

Nach dem Triumph im Sprintrennen nahm sich der 40-jährige Hamilton alle Kritiker zur Brust, die er als «Kläffer» bezeichnete: «Die haben keinen Schimmer davon, wie schwierig es ist, mit einem neuen Team sofort Erfolg zu haben.» Er habe sich dabei zur eigenen Überraschung die ganze Zeit über innerlich ungewöhnlich ruhig gefühlt. Den samstäglichen Triumph vermochte er nicht in Worte zu fassen. Es war genau jener Motivationsschub, den er sich für die frühe Phase der Saison erträumt hatte. Umso härter muss ihn dann getroffen haben, was in und nach dem Rennen passiert ist.

«Eigenartig», hatte Ferraris Teamchef Frédéric Vasseur über das zweite Rennwochenende in Folge befunden, in das die Italiener stark einsteigen, um dann noch stärker nachzulassen. Der Franzose hat nun reichlich Krisenherde, die es zu löschen gilt. Einstweilen versucht Leclerc, der sich nun keinen Illusionen mehr über Hamiltons Leistungsfähigkeit hinzugeben braucht, den ersten Crash der beiden herunterzuspielen: «Einfach ein Rennunfall, es war nicht der erste und wird nicht der letzte dieser Art sein. Aber schade, wenn es zwischen zwei roten Autos passiert. Das hatten wir sicher beide nicht vor.» Leclerc nannte es Pech. Es könnte aber auch der Anfang einer wunderbaren Feindschaft sein.

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