Mittwoch, Februar 5

Max Verstappen dominiert den Saisonauftakt in Bahrain. Doch Aussagen seines Vaters zeigen, wie es hinter den Kulissen wegen der Affäre um den Teamchef Christian Horner brodelt.

Sollte der Grosse Preis von Bahrain repräsentativ sein für die längste Saison der Formel-1-Geschichte, ist eine Frage schon beantwortet. Nämlich jene nach dem Zeitpunkt, ab dem es langweilig werden könnte: ab jetzt. Max Verstappen war mit seinem runderneuerten Red-Bull-Rennwagen am Samstagabend schnell in der Wüstennacht verschwunden, am Ende wurden 22,4 Sekunden Vorsprung auf seinen Teamkollegen Sergio Pérez gestoppt. Bis zu anderthalb Sekunden pro Runde war der Niederländer schneller als die Konkurrenten.

Nach einer unerwartet knappen Qualifikation war es die befürchtete neuerliche Machtdemonstration des dreifachen Weltmeisters, er macht einfach da weiter, wo er in seinem Rekordjahr 2023 aufgehört hat. Der Pilot seines Privatjets kann sich getrost schon einmal mit der Route nach Kigali vertraut machen, in Rwanda werden Mitte Dezember die WM-Pokale verliehen.

Daher war es nicht nur der ungewohnt kühle Wüstenwind, der die Konkurrenz erschaudern liess. Das Auftaktrennen zeigte, dass der 26-Jährige weiterhin eiskalt zur Sache geht. Wenn er sagt, dass sein Arbeitstag ein Genuss gewesen sei, dann darf das durchaus als Drohung verstanden werden: Da kommt noch mehr als dieser eindrucksvolle Start-Ziel-Sieg. Entsprechend gelöst zeigte sich Verstappen nach dem 55. Grand-Erfolg seiner Karriere: «Es hätte besser nicht sein können. Ich war eins mit meinem Auto.»

Charles Leclerc im Ferrari konnte nur 300 Meter mithalten, er wurde von Bremsproblemen gequält und reihte sich am Ende als Vierter hinter seinem Kollegen Carlos Sainz jr. ein. Mercedes erlebte mit einem fünften Rang von George Russell und einem siebten von Lewis Hamilton ein bitteres Déjà-vu. Der Teamchef Toto Wolff gab schonungslos zu: «Max fährt nicht in seiner eigenen Liga, sondern in einer eigenen Galaxie.»

Jenseits von Gut und Böse sieht der Österreicher die Red-Bull-Jäger, er selbst sei «extrem frustriert». Die sportliche Depression rührt vor allem daher, dass die Verfolger mit ihren Neukonstruktionen tatsächlich einen grossen Schritt gemacht haben, dass es im Feld eng zugeht wie nie. Aber was nützt einem das schon, wenn der Champion nach Belieben das Tempo bestimmen kann?

Die Hoffnung bleibt, dass es auf anderen Pisten enger wird

Die einzige Hoffnung liegt darin, dass der Bahrain International Circuit eine sehr spezielle Charakteristik besitzt. Bei der Wiedergutmachung bereits an diesem Samstag in Saudiarabien trifft die Grand-Prix-Karawane auf eine komplett gegensätzliche, ultraschnelle Piste mit vielen Unwägbarkeiten. In der Tat ist es mehr als Zweckoptimismus, der die Verfolger umtreibt. Ferraris Rennstall-Chef Fred Vasseur verweist darauf, dass seine Scuderia den Abstand nach oben im Vergleich zum Vorjahr halbierte. Für den Franzosen das Signal, weiter Druck zu machen.

Doch die Tatsache, dass beim ersten WM-Lauf alle Teams auf der gleichen Reifenstrategie waren und es keine Aus- oder Zwischenfälle gab, die das Ergebnis hätten beeinflussen können, unterstreicht die untadelig überlegene Leistung von Verstappen und Pérez. Eine «klinische Präzision» bescheinigte der Teamchef Christian Horner via Boxenfunk direkt nach der Zieldurchfahrt.

Der perfekte Start, wenn da nicht die weiterhin schwelende Affäre um Horner selbst wäre. Weder der Freispruch durch die ermittelnde Kanzlei nach den Anschuldigungen seiner persönlichen Assistentin wegen unangemessenen Verhaltens noch der demonstrative, händchenhaltende Auftritt mit seiner prominenten Gattin Geri Halliwell im Fahrerlager konnte die Unruhe im Umfeld des Champion-Teams abschwächen. Kaum schienen durch das Rennen alle Zweifel weggewischt, dass die Machtkämpfe hinter den Kulissen die Rennmannschaft negativ beeinträchtigen, gingen die Intrigenspielchen in die nächste Runde.

Jos Verstappen: «Solange Horner bleibt, wird es zu Spannungen kommen»

Gegenüber der «Daily Mail» sagte der Rennfahrer-Vater Jos Verstappen, dass der Rennstall explodieren werde, solange Horner im Amt bleibe. Damit hat sich erstmals jemand aus dem engeren Kreis aus der Deckung gewagt und bestätigt, dass es hinter den Kulissen gewaltig rumoren muss. Verstappen senior dementierte zugleich, dass er hinter anonymen E-Mails mit angeblichen Screenshots von brisanten Chat-Protokollen steckt. «Aber solange er in seiner Position bleibt, wird es zu Spannungen kommen», sagte der ehemalige Formel-1-Pilot, «er spielt das Opfer, dabei ist er derjenige, der die Probleme verursacht.» So könne man nicht weitermachen.

Aber genau das beabsichtigt Horner. In Sakhir sprach der umstrittene Manager, dessen Machtvolumen vor allem der österreichischen Konzernzentrale ein Dorn im Auge ist, von einer grossen Unterstützung im Team. Und meint wohl damit die operative britische Seite. Freiwillig werde er seinen Posten auf keinen Fall räumen, er sei sich sicher, dauerhaft Teamchef zu bleiben.

Sein Trumpf in der Auseinandersetzung ist Chalerm Yoovidhya, der thailändische Mehrheitseigner der Getränkefirma. Dieser war eigens nach Bahrain gekommen, um Horner den Rücken zu stärken. Der Milliardär gehörte sogar zu den ersten Gratulanten in der Boxengasse. Dennoch können sich die Dinge weiter zuspitzen, denn auf Dauer kann ein Teamchef kaum glücklich werden, wenn das Verhältnis mit seinem Fahrer zu zerrütten droht. Schon gar nicht, wenn es sich um den derzeit schnellsten aller Chauffeure handelt. Es unterstreicht die These, dass sich Red Bull Racing in dieser Saison nur selbst schlagen kann.

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