Rohöl ist so günstig wie zuletzt vor drei Jahren. Trumps Zoll-Chaos schürt Unsicherheit. Das Opec-Kartell ist eingeschüchtert und will mehr fördern.

In dem wirtschaftspolitischen Durcheinander, das Donald Trump seit einigen Wochen anrichtet, fällt es schwer, klare Erfolge des US-Präsidenten auszumachen. Doch mit einer Entwicklung dürfte er zufrieden sein: Der Rohölpreis ist deutlich gefallen.

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Ein Fass der Referenzsorte Brent kostete in der vergangenen Woche zeitweilig nur 68 Dollar. Das ist der niedrigste Wert seit Dezember 2021. Billiger Sprit für amerikanische Bürger und Unternehmen, das war eines von Trumps wichtigsten Versprechen.

Seit Mitte Januar ist der Preis um mehr als 10 Prozent gefallen – und Trump hat diese Korrektur durch seine Politik massgeblich mitbestimmt. Die nahezu tägliche Ankündigung von Zöllen, denen in manchen Fällen abrupte Aufschübe folgten, hinterlässt Spuren in der Weltwirtschaft. Weil Unsicherheit die Investitionen und den Konsum hemmen sowie Zölle die Inflation anheizen können, braucht die Welt künftig möglicherweise weniger Öl als gedacht.

Die Opec will sich nicht zu Trumps Ziel machen

In Erwartung dieser sinkenden Nachfrage hat der Ölpreis in jüngster Zeit nachgegeben. Während diese Wirkung von Trump wohl nicht direkt beabsichtigt war, ist es ein anderer Effekt sehr wohl: Eine grosse Allianz erdölexportierender Länder, bestehend aus dem Förderkartell Opec und verbündeten Produzenten, will ab April ihre Fördermenge ausweiten. Dazu hat sich die als Opec+ bezeichnete Gruppe vergangene Woche überraschend entschlossen. Dass bald noch mehr Öl am Markt sein wird, belastet den Preis ebenfalls.

Überraschend kam die Ankündigung der Opec+, weil die Länder diesen Schritt seit Mitte 2024 immer wieder aufgeschoben haben. Am Weltmarkt herrscht bereits ein Überangebot an Rohöl, unter anderem wegen der ohnehin grossen Förderung in den USA. Folglich war der Preis für das Bündnis, zu dem unter anderem Saudiarabien, Russland und der Irak zählen, in den vergangenen Monaten immer zu niedrig, um mehr fördern zu wollen. Jetzt liegt er noch tiefer – die Opec+ hat trotzdem gehandelt.

Grund ist die Furcht, sich für Trump zur Zielscheibe zu machen. Diese Gefahr besteht, wie Äusserungen des Präsidenten am diesjährigen Weltwirtschaftsforum in Davos zeigten. Saudiarabien und die Opec müssten den Ölpreis senken, erklärte Trump am 23. Januar den versammelten Managern in einer Videobotschaft. «Sie haben nicht viel Liebe gezeigt, indem sie das bisher nicht getan haben. Ich war etwas überrascht», sagte er. Immerhin habe sich Saudiarabien schon entschlossen, mindestens 600 Milliarden Dollar in Amerika zu investieren, so Trump.

Plötzlich zählen alte Bedenken nicht mehr

In jedem Fall investiert Saudiarabien jetzt in die Beziehungspflege, denn es wird den Grossteil der höheren Förderung beisteuern – obgleich der Ölpreis bereits unter dem Niveau liegt, das Riad für einen ausgeglichenen Staatshaushalt benötigt. Ähnlich ist es bei vielen anderen Ländern der Opec+-Gruppe. Sie hatten sich im Jahr 2022 entschlossen, insgesamt 5,9 Millionen Fass pro Tag weniger zu produzieren, als sie können. Das entsprach fast 6 Prozent des weltweiten Angebots.

Später entwarfen sie einen Plan, zumindest Kürzungen im Umfang von 2,2 Millionen Fass pro Tag zurückzunehmen – schrittweise bis 2026. Doch der erste Schritt wurde immer wieder hinausgeschoben. Nun soll er im April geschehen: Dann werden 138 000 Fass pro Tag mehr auf den Markt geworfen. Das ist eine überschaubare Menge, doch es wäre der Anfang einer Reihe von Lockerungen im Monatsrhythmus. Zwar behält die Opec+ sich vor, die Lage im April neu zu beurteilen. Aber dass man überhaupt zum ersten Schritt bereit ist, erwischte viele Marktteilnehmer auf dem falschen Fuss.

Ähnlich wie Saudiarabien zeigt Russland guten Willen gegenüber der Trump-Administration – auch wenn ein tieferer Ölpreis am Weltmarkt ebenfalls nicht im Interesse des Kremls ist. Doch sollte ein von Trump erzwungenes Ende des Ukraine-Kriegs zur Aufhebung der Sanktionen gegen Moskau führen, könnte davon auch der Erdölexport des Landes profitieren. Beispielsweise indem der Preisabschlag verschwindet, den russische Produzenten derzeit wegen der Strafen hinnehmen müssen.

Der tiefe Preis ist ein Problem für US-Produzenten

Mittlerweile glauben viele Analysten, dass der Ölpreis in der näheren Zukunft nicht mehr markant über 70 Dollar klettern wird. Am Freitag erholte er sich zwar etwas, weil Trump Zölle gegen Mexiko und Kanada abermals aufschob. Doch weil sie damit nicht aus der Welt sind, bleiben Beobachter vorsichtig. Und wer weiss, was dem US-Präsidenten als Nächstes einfällt.

Für 2026 gilt inzwischen gar ein Preis von 60 Dollar je Fass Brent als möglich. Zwar hat Trump einen harten Kurs gegen die Ölexporte Irans angekündigt. Doch aufgrund der zusätzlichen Förderung der übrigen Länder sollten verschärfte Iran-Sanktionen nicht zu einem Preisschub führen. Möglich ist auch, dass Marktteilnehmer testen wollen, welcher Preis die Schmerzgrenze für die Opec+-Länder darstellt.

Ironischerweise steht der von Trump gewünschte tiefere Ölpreis in Konflikt mit einem seiner anderen Ziele: einer höheren Förderung des «schwarzen Goldes» in den USA. Dortige Produzenten fördern schon heute sehr viel Öl. Damit es sich für die Unternehmen rechnet, die Schieferölvorkommen noch weiter auszupressen, brauchen sie einen höheren Preis. Für Importländer, die von Trumps Zöllen geplagt werden, ist der tiefe Preis derweil eine willkommene Erleichterung.

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