Mittwoch, Februar 12

Das Verhalten des Franzosen war nicht justiziabel, aber moralisch verwerflich. Es ist unverständlich, dass sich der FCZ-Präsident Ancillo Canepa nicht damit befassen will.

Der FC Zürich hat in den vergangenen Monaten ein irritierendes Bild abgegeben. Als in jüngster Zeit einige Spieler den Klub verliessen und dessen Transferpolitik hinterfragt wurde, reagierte die Klubführung belehrend. Man habe eben den Masterplan nicht verstanden. Wurde die aggressive Kommunikation des Cheftrainers Ricardo Moniz kritisiert, beschied der Präsident Ancillo Canepa, er hätte sich noch viel drastischer ausgedrückt. Der Eindruck war der einer notorischen Gereiztheit.

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Canepa hat die Welt schon immer gerne in «Ahnungslose» und Eingeweihte eingeteilt, Erstere waren eigentlich alle ausserhalb des Klubs, die Vorgänge infrage stellten. Im Gespann mit dem Trainer Moniz und dem Sportchef Milos Malenovic, seit Oktober 2023 auf dem Posten, hat sich diese Haltung verstärkt. Immer mehr erinnert der Verein an den alten Witz, in dem sich der Geisterfahrer fragt, warum ihm so viele Idioten entgegenkommen. Im FCZ wird Selbstgerechtigkeit zelebriert, Kritiker werden abgekanzelt. Und jetzt also verpflichtet der Klub Benjamin Mendy – das ist nicht mehr nur irritierend, sondern höchst fragwürdig.

Selbst die Verteidigung bezeichnete Mendy als «gefühllos»

Auch wenn der Verteidiger vor Gericht freigesprochen wurde, sich die Vergewaltigungsvorwürfe mehrerer Frauen nicht beweisen liessen, hat der Prozess in England eindrücklich gezeigt, wie Mendy seine Rolle als Profifussballer verstand. Er hat sie genutzt, um Frauen in Nachtklubs aufzureissen, sie nach Hause zu nehmen und mit Kollegen zusammen Sexpartys zu feiern.

Vor Gericht sagte Mendy, mit vielen Frauen zu schlafen, sei für ihn normal, offensichtlich auch ungeschützt. Manchmal sei das in der gleichen Nacht geschehen, in der diese auch Sex mit seinen Freunden gehabt hätten. Obwohl er die Risiken kenne, machte er sich «keine Sorgen» wegen sexuell übertragbarer Krankheiten. Nach dem Sex mit einer 17-Jährigen fragte er sie per SMS, ob sie die «Pille danach» genommen habe. Dass diese Sexpartys während der Covid-Pandemie stattfanden, ist nur ein weiteres stossendes Faktum. Selbst die Verteidigerin sagte, ihr Mandant habe «monumentale Fehler» gemacht und sich «gefühllos» und «moralisch zweifelhaft» verhalten.

Die Aussagen von Mendy zeigen, dass er Teil jener zerstörerischen Fussballkultur war, in der sich Männer, korrumpiert von Geld und Ruhm, nehmen, was sie möchten, und sich für unantastbar halten. In dieses Milieu gehören Spitzenspieler wie Dani Alves oder Robinho, beide wegen Vergewaltigung verurteilt. Oder der frühere spanische Verbandspräsident Luis Rubiales, dem derzeit in Madrid wegen der sogenannten Kuss-Affäre der Prozess gemacht wird. Ihr Verhalten ist frauenverachtend. Das mag nicht in jedem Fall justiziabel sein. Moralisch zu verurteilen ist es trotzdem – zumal im Fall von Mendy ausser ein paar Worten der Einsicht vor Gericht nie echtes Bedauern sichtbar wurde.

Kürzlich sagte Ancillo Canepa, angesprochen auf den Fall eines FCZ-Spielers, der von der Polizei einvernommen wurde, es gebe eine rote Linie im Klub. «Wenn diese Linie überschritten wird, reagieren wir kompromisslos.» Es erstaunt, dass bei allem, was man über Benjamin Mendy weiss, diese rote Linie in den Augen von Canepa nicht überschritten wurde. Zumal er immer wieder betont, wie wichtig der Charakter eines Spielers sei.

Das Leid der Opfer wird bagatellisiert

Der Klub sendet mit der Verpflichtung von Mendy nicht nur das Signal, dass ihm der problematische Hintergrund eines Spielers egal ist. Canepa sagt überdies, Fussballer würden eben gerne «ohne Fehlverhalten» eingeklagt, um von ihnen «Schweigegeld» zu erpressen. Diese Fälle gibt es. Doch allzu oft ist dies die Behauptung jener, die Täter zu Opfern machen – und damit das Leid der Opfer bagatellisieren.

Man muss sich fragen, wie intensiv sich Ancillo Canepa mit der Vergangenheit seines Neuzugangs auseinandergesetzt hat. Sie sei bei der Verpflichtung kein Thema gewesen, sagt er. Keine Gespräche darüber, wie Mendy heute zu seinem Verhalten steht? Sollte dies tatsächlich der Fall sein, hat sich der Klub noch stärker von der Realität abgekapselt, als es in den letzten Monaten den Eindruck gemacht hat.

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