Der Oppositionspolitiker pocht auf einen Plan für den Gazastreifen nach Kriegsende. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat diesen nicht vorgelegt – und steht nun unter Druck aus Israel und dem Ausland.
Benny Gantz verlässt die nach Kriegsbeginn gebildete israelische Einheitsregierung. Der 65-jährige Ex-Verteidigungsminister hatte den Schritt bereits angedroht, sollte von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu kein konkreter Plan für eine Nachkriegsordnung im Gazastreifen erarbeitet werden. Gantz gab seinen Austritt am Sonntagabend bekannt.
Das von Gantz vor einigen Wochen an Netanyahu gestellte Ultimatum war am Samstag ausgelaufen. Wegen der dramatischen Befreiung von vier Geiseln aus dem Gazastreifen verschob er jedoch eine geplante Medienkonferenz in letzter Minute. Mit Gantz tritt auch sein Parteikollege und ehemaliger Generalstabschef Gadi Eisenkot aus dem nach dem Angriff der Hamas gebildeten Kriegskabinett aus.
Was wird aus dem Kriegskabinett?
Israels Führung wird er mit dem Schritt aber nicht stürzen. Denn Netanyahus rechts-religiöse Koalition verfügt auch ohne Gantz’ Partei über eine Mehrheit im Parlament. Gantz rief Netanyahu am Sonntag zu Neuwahlen auf. Der amtierende Ministerpräsident solle es nicht zulassen, dass «unsere Nation auseinandergerissen wird». Laut israelischen Experten erhöht Gantz’ Schritt den Druck auf Netanyahu abermals, die Israeli bald zur Urne zu rufen. Nach der beispiellosen Terrorattacke der Hamas haben der Ministerpräsident und seine Koalition an Legitimität eingebüsst.
Seit dem 7. Oktober war der frühere General neben Verteidigungsminister Yoav Gallant und Netanyahu einer der drei Männer, die im Kriegskabinett alle kriegswichtigen Entscheidungen treffen. Der Einfluss von Netanyahus rechtsextremen Koalitionsmitgliedern wurde somit begrenzt. Laut israelischen Medienberichten erwägt Netanyahu nun, das Kriegskabinett aufzulösen. Der rechtsextreme Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, forderte bereits einen Sitz in dem Regierungsgremium.
Der Druck auf Netanyahu wird zunehmen
Netanyahu hatte Gantz am Samstagabend zunächst dazu aufgefordert, nicht zu gehen. «Benny, dies ist nicht die Zeit, den Kampf aufzugeben», schrieb Netanyahu nach dem Austritt auf der Plattform X. «Es ist die Zeit, die Kräfte zu bündeln». Schon lange vertrauen Gantz und Netanyahu einander nicht mehr. Aus Gantz’ Umfeld heisst es, der ehemalige General habe den Glauben daran verloren, die Regierungspolitik noch positiv beeinflussen zu können.
Ohne Gantz’ Unterstützung ist Netanyahu anfälliger für die Forderungen seiner rechtsextremen Koalitionspartner, die ein noch härteres Vorgehen im Gazastreifen fordern. Die «Times of Israel» mutmasste, Israels Führung könne so noch schneller internationale Unterstützung verlieren.
Dies bestätigte auch die liberale israelische Tageszeitung «Haaretz». Sie schrieb am Sonntagabend unter Berufung auf einen anonymen amerikanischen Regierungsbeamten, der moderatere Gantz sei seit seinem Eintritt in die Einheitsregierung der bevorzugte Gesprächspartner der USA gewesen. Der Druck der USA auf Netanyahus Regierung werde nun zunehmen.
Mit Agenturmaterial.

