Mittwoch, März 19

Der Ständerat verlangte jüngst überraschend eine Vergütungsgrenze für Grossbanken. Man muss dies aber nicht unbedingt zum Nennwert nehmen.

Die Überraschung war gross. Der Ständerat stimmte vergangene Woche nach langer Debatte über den Bericht der parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) zum Fall Credit Suisse einer Motion zu, die im Bankgeschäft einen Lohndeckel von maximal 5 Millionen Franken verlangt.

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Der Vorstoss kam nicht aus der PUK und auch nicht aus einer Linkspartei, sondern von einem SVP-Ständerat. Auch Ständeräte sind nur Menschen, doch im selbsternannten «chambre de réflexion» ist der Hang zum Populismus meist etwas kleiner als in der «Volkskammer» des Nationalrats.

Der Nationalrat hatte diesen Dienstag seine Debatte zum PUK-Bericht. Die Übung ging ohne Überraschung über die Bühne. Der Nationalrat nahm alle PUK-Vorstösse an. Diese Vorstösse sind grossenteils relativ allgemein gehalten, und sie rennen in manchen Fällen auch offene Türen beim Bundesrat ein. Die kniffligen Fragen kommen erst bei der Umsetzung.

Betriebsunfall im Ständerat?

Die vom Ständerat angenommene Motion zum Lohndeckel kommt später in den Nationalrat. Einige Ständeräte scheinen ihren Beschluss nicht wörtlich zu meinen. Die Rede war zum Teil von einem «Unfall». Kaum jemand erwartete, dass der Vorstoss eine Mehrheit erhält. Dass die Linke dafür war, überraschte nicht. Doch auch einige Ständeräte aus der SVP und der Mitte stimmten zu, und fünf bürgerliche Exponenten nahmen gar nicht an der Abstimmung teil. So kam es zu einer knappen Mehrheit von 21 zu 19 Stimmen für den Lohndeckel.

Gemäss dem Text des Vorstosses soll der Deckel für den ganzen Bankensektor gelten. Absender ist der Thurgauer SVP-Ständerat Jakob Stark. In seiner schriftlichen und mündlichen Begründung hatte er angedeutet, dass er den Lohndeckel nur für systemrelevante Banken fordert. Der genannte Kerngedanke: Es sei im breiten Publikum nicht vermittelbar, dass «die Superverdiener» im Notfall «staatlichen Schutz» erhielten.

Am Dienstag bestätigte Stark auf Anfrage, dass sein Vorstoss nur auf die systemrelevanten Banken ziele. Zudem solle der Lohndeckel nur die Geschäftsleitung und den Verwaltungsrat betreffen – nicht aber untergeordnete Mitarbeiter, die in gewissen Fällen ebenfalls enorm hohe Boni bekommen. Faktisch würde dieser Lohndeckel nur in der UBS greifen.

Laut dem Geschäftsbericht der UBS für 2024 erhielten die 15 bis 16 Mitglieder der Konzernleitung Vergütungen von total fast 144 Millionen Franken. Dies ergibt im Mittel Bezüge von über 9 Millionen Franken pro Kopf. Ohne die Vergütung für den Konzernchef Sergio Ermotti von 14,9 Millionen Franken ergibt sich für die übrigen Konzernleitungsmitglieder ein Durchschnitt von immer noch fast 9 Millionen Franken – also weit über der 5-Millionen-Marke.

Krisenplan gesucht

Doch meint Stark den Lohndeckel von 5 Millionen Franken wörtlich? Im Gespräch relativiert er. Über die genaue Zahl könne man diskutieren, aber es gehe ihm darum, dass man bei systemrelevanten Banken, die Staatshilfe erwarten könnten, über Lohngrenzen reden müsse. Zu Ermottis Bezügen sagte Stark am Dienstag: «Es ist weniger als die auf ein Jahr hochgerechneten Bezüge für 2023. Im Rahmen des derzeitigen Vergütungssystems sind die Bezüge für 2024 akzeptabel.»

Doch wenn die faktische Staatsgarantie das Kernproblem ist: Wäre die logische Antwort darauf nicht vielmehr die Sicherstellung, dass man in einer Krise die UBS ohne Steuergelder in die Pleite schicken könnte? Stark sagt dazu, dass das Vorliegen eines glaubwürdigen Krisenplans zur Abwicklung der Bank die Ausgangslage verändern würde.

Zu den Befürwortern des Vorstosses gehörte auch der Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann. Er nahm den Vorstoss nicht wörtlich, wie im Gespräch deutlich wird: Es sei darum gegangen, ein Zeichen zu setzen – manchmal gehe es in der Politik um Symbolik. Und es sei nicht damit zu rechnen gewesen, dass es im Ständerat eine Mehrheit gebe. Eine wörtliche Umsetzung der Motion wäre laut Germann «chancenlos».

Wenn es ernst wird, ist jedenfalls kaum mit Unterstützung aus der SVP zu rechnen. Dies lässt der Zürcher SVP-Nationalrat Thomas Matter durchblicken: Die SVP-Fraktion habe den Vorstoss in einer Fraktionssitzung in Anwesenheit von Ständeräten «einstimmig abgelehnt». Der Urheber der Motion sei indes nicht anwesend gewesen.

Der Luzerner Mitte-Nationalrat Leo Müller äusserte am Dienstag im Nationalrat als Sprecher der Mitte-Fraktion ebenfalls Skepsis gegenüber Lohndeckeln mit absoluten Zahlen. Zu überlegen sei, «ob es gesetzgeberisch eine Möglichkeit gäbe, variable Maximalvergütungen im Verhältnis zum Geschäftserfolg festzulegen». Das Risiko eines solchen Ansatzes liegt jedoch auf der Hand: Damit steigt der Anreiz zur Erhöhung der Fixvergütungen.

Allianz der Pole nicht in Sicht

Auch nach der Nationalratsdebatte vom Dienstag bleibt unklar, wie weit das Parlament bei der UBS-Regulierung gehen will. Die Linke hatte schon früher eine Serie von Forderungen deponiert. Dazu zählen etwa deutlich strengere Eigenkapitalvorgaben, eine Abgeltung der faktischen Staatsgarantie und eine einfachere Struktur des UBS-Konzerns. In der Mitte-Partei ist derweil noch einiges offen. «Warten auf den Bundesrat» ist eine der Parolen.

Im Zuge der Finanzkrise von 2008 und der damaligen UBS-Rettung durch den Staat zeichnete sich vorübergehend eine Allianz Linke/SVP für eine massiv strengere Grossbankenregulierung ab. Eine solche Allianz ist derzeit nicht in Sicht. Die UBS sei heute deutlich kleiner und besser kapitalisiert als 2008, sagt der SVP-Nationalrat Thomas Matter. Er spricht von einer «Gratwanderung»: Man wolle die Steuerzahler schützen, aber man wolle auch eine wettbewerbsfähige Bank, denn eine Bank sei nur stabil, wenn sie auch wettbewerbsfähig sei.

Müsste die Mutterbank (Stammhaus) ausländische Beteiligungen zu 100 Prozent mit Eigenkapital hinterlegen, wie derzeit zum Teil gefordert wird, dann wäre die UBS laut Matter vermutlich wegen zu hoher Kapitalkosten nicht mehr wettbewerbsfähig. Matter schwebt stattdessen vor, dass die Bank Auslandtöchter im risikoreichen Investment Banking mit deutlich mehr Eigenmitteln unterlegen müsse als in der weniger risikoreichen Vermögensverwaltung. Der Bundesrat dürfte im Mai Grundsatzentscheide zu den Eigenkapitalregeln fällen.

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