Der Käufer einer Ruag-International-Tochter behauptet, er habe deutlich zu viel bei der Übernahme bezahlt. Er verlangt eine Entschädigung in zweistelliger Millionenhöhe.
Es sind happige Vorwürfe: Fünf ehemalige Kadermitarbeiter der Ruag International sollen die Bilanz einer deutschen Tochterfirma vor dem Verkauf bewusst geschönt haben. Dies behauptet General Atomics Europe (GAE), eine deutsche Flugzeugfirma. Die Firmenanteile der Ruag Aerospace Services GmbH hat GAE 2021 vom Bund übernommen. Im vergangenen August reichte GAE Klage beim Landgericht München II ein.
Die Staatsanwaltschaft habe das Verfahren gegen die fünf Personen jedoch im März eingestellt, berichtet SRF am Mittwoch. Die Vorwürfe lauteten: Betrug und Bilanzfälschung. Laut Staatsanwaltschaft gebe es keine Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten. General Atomics Europe hält weiterhin an seiner Strafanzeige fest. Das Unternehmen hat gegen den Entscheid Beschwerde eingelegt sowie zusätzliche Beweismittel in Aussicht gestellt.
Die Ruag International, ursprünglich ein Teil des bundeseigenen Rüstungskonzerns Ruag, ist seit 2020 ein eigenständiges Unternehmen. Der Bund entschied, alle Teile der Ruag International Stück für Stück zu verkaufen. Übrig ist nur noch die Weltraumsparte Beyond Gravity.
Die Ruag International wies alle Vorwürfe von Anfang an als haltlos zurück. Dies bestätige nun auch die Staatsanwaltschaft München II, indem sie die Strafanzeige nicht weiterverfolge, sagt die Sprecherin Jasmine Zimmerli auf Anfrage der NZZ: «Die Staatsanwaltschaft hat nicht einmal ein Ermittlungsverfahren gestartet, weil keine Beweise für die erhobenen Vorwürfe vorliegen.»
Noch hängig ist eine zivilrechtliche Klage gegen die Ruag International. Diese soll rund 40 Millionen Euro Entschädigung bezahlen. Der CEO der General-Atomics-Europe-Gruppe, Harald Robl, erklärte im letzten September in den Tamedia-Zeitungen, dass er deutlich zu viel bezahlt habe für die Ruag Aerospace Services GmbH. Dies aufgrund eines gefälschten Jahresabschlusses von 2019. Dieser sei jedoch von einem externen Wirtschaftsprüfer bestätigt worden, so Jasmine Zimmerli auf Anfrage. General Atomics habe den Bericht vor dem Kauf gesehen und nicht angezweifelt. Der externe Wirtschaftsprüfer halte weiterhin an seiner Prüfung fest. Im Juni wird über die Klage vor dem Landgericht München verhandelt.
Wie hoch der Kaufpreis für die Übernahme der Ruag Aerospace Services GmbH 2021 war, wurde nie kommuniziert. Am übernommenen Standort in der Nähe von München wurde unter anderem das Propellerflugzeug Dornier 228 hergestellt und gewartet. Doch das Geschäft lief bekanntermassen schlecht. Von 2008 bis 2017 hat das Unternehmen laut «Handelszeitung» einen Verlust von 72 Millionen Franken gemacht.