Samstag, Oktober 12

Nach dem Nationalrat ist auch die sicherheitspolitische Kommission des Ständerats dagegen mit 8 zu 5 Stimmen, dass der Bundesrat die Ruag-International-Tochter Beyond Gravity aus der Hand gibt.

Ist das Raumfahrtunternehmen des Bundes sicherheitsrelevant oder nicht? Darum dreht sich die politische Diskussion beim Thema Beyond Gravity. Eine Mehrheit in der sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats hat die Frage nun mit Ja beantwortet und verlangt, dass der Bundesrat das Unternehmen weiterhin kontrolliert oder es sogar in seinem vollständigen Besitz bleibt.

2019 beschloss der Bundesrat, den Ruag-Konzern zu entflechten und in einen zivilen und einen militärischen Teil aufzuteilen. Der militärische, die Ruag MRO, blieb in der Hand des Bundes und fokussiert auf die Schweizer Armee. Der zivile Teil, die Ruag International, wurde in den letzten Jahren Stück für Stück verkauft. Übrig ist nur noch Beyond Gravity, die Weltraumsparte. Für diese sollte nächstes Jahr ein Käufer gefunden werden. Doch dieser Verkauf wird seit einigen Wochen infrage gestellt.

Vor knapp einem Jahr hatten die sicherheitspolitischen Kommissionen dem Verkauf noch zugestimmt. In der Herbstsession folgte die Kehrtwende. Der Nationalrat befürwortete einen Vorstoss deutlich mit 121 zu 53 Stimmen, der verlangt, dass der Bund die Kontrolle über Beyond Gravity behält – aus Sicherheitsgründen. Nun zieht die Kommission des Ständerats nach. Werner Salzmann, SVP-Ständerat, hat dem Vorstoss aus der grossen Kammer zugestimmt, weil sein Antrag auf eine private Schweizer Lösung nicht durchkam. Er findet, Beyond Gravity könnte künftig quasi ein Schweizer Pfand sein für andere Technologien aus dem Ausland. Denn Satelliten seien in Zukunft eine Schlüsseltechnologie im Sicherheitsbereich: «Wir brauchen dieses Fachwissen unter Bundeskontrolle.»

Wirtschaftsfreiheit steht in der Bundesverfassung

Die Ruag-International-Tochter ist ein Zulieferer und baut keine ganzen Satelliten, sondern beispielsweise Satellitenwände. 96 Prozent des Umsatzes werden im Ausland generiert. Die Schweizer Armee ist zwar auch ein Kunde, jedoch lediglich mit einem Auftrag, was 0,1 Prozent des Umsatzes ausmacht. FDP-Ständerat Josef Dittli kann deshalb nicht verstehen, warum das Unternehmen sicherheitsrelevant sein soll: «Es ist vollkommen absurd, mit Heimatgefühlen Industriepolitik zu machen.»

Auch der Bundesrat ist der Meinung, dass die Firma sicherheitspolitisch nicht relevant ist für die Schweiz. Finanzministerin Karin Keller-Sutter sprach im Herbst in der grossen Kammer im Namen der Gesamtregierung. Sie sagte, der Bund habe die finanzpolitischen Möglichkeiten gar nicht, die Beyond Gravity in den nächsten Jahren benötige. Ein Eigentümer müsse zwischen 500 und 600 Millionen Franken investieren, damit das Unternehmen im sich schnell wandelnden Weltraummarkt überleben könne. Ausserdem stehe die Wirtschaftsfreiheit in der Bundesverfassung. Der Bund könne sich nur an Unternehmen beteiligen, wenn ein öffentliches Interesse bestehe.

Beyond Gravity fühlt sich als Spielball der Politik

André Wall, CEO der Ruag International, hat vom Bund den Auftrag, Beyond Gravity bis Ende 2025 zu verkaufen. Dass dies plötzlich infrage gestellt ist, macht ihm Sorgen. Der Vorstoss führe zu einer grossen Unsicherheit bei seinen Mitarbeitenden und seinen Kunden: «Wir fühlen uns als Spielball der Politik, dabei sollte doch die Entwicklung des Unternehmens im Fokus stehen.» Die Firma müsse privatisiert werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben und damit die Arbeitsplätze in der Schweiz gesichert werden könnten.

Diverse Ideen geisterten in den letzten Wochen im politischen Bern umher bezüglich Beyond Gravity. Die Rede war davon, dass ein Schweizer Käufer bevorzugt werden sollte. Dies würde auch der Bundesrat begrüssen, meinte Karin Keller-Sutter in der Herbstsession. Deshalb wäre die Regierung einverstanden, die Kaufbedingungen so anzupassen, dass ein Schweizer Konsortium oder ein strategischer Investor aus der Schweiz bevorzugt würde: «Wenn die Bedingungen stimmen – man kann die Unternehmung nicht gratis geben.» Doch bis jetzt gibt es keinen Vorstoss in diese Richtung. Der Ständerat wird im Winter nur darüber entscheiden, ob der Bund die Kontrolle bzw. das volle Eigentum über Beyond Gravity behalten soll oder nicht.

Exit mobile version