Samstag, November 30

Die höchsten Preise für Zweitwohnungen bezahlt man im Engadin. Eine Analyse zeigt, in welchen Ferienorten das Angebot vergleichsweise günstig ist.

Wer in der Schweiz auf einer führenden Immobilienplattform nach einer Ferienwohnung für einen Preis von maximal einer halben Million Franken sucht, bleibt allenfalls am Inserat mit dem vielversprechenden Titel «Wahres Juwel für Familien» hängen. Im bekannten Walliser Kur- und Skiort Leukerbad erhält man für dieses Budget – genaugenommen für 498 000 Franken – eine 5,5-Zimmer-Familienwohnung mit 126 Quadratmetern Wohnfläche.

Wer das Inserat genauer liest, realisiert: Das «Juwel» stammt aus den 1970er Jahren und hat noch eine Ölheizung. Wer zusätzlich eine Garage will, zahlt 30 000 Franken Aufpreis.

Im zentral gelegenen Mehrfamilienhaus hat es zudem im Parterre ein Restaurant mit Aussensitzplätzen. An schönen Tagen ist Lärm somit garantiert. Die sanitären Einrichtungen erscheinen zudem aus der Zeit gefallen. Ein schwacher Trost für potenzielle Käufer: Eine vergleichbare Wohnung würde in den teuersten Ferienorten der Schweiz wie St. Moritz und Silvaplana das Fünf- bis Sechsfache kosten.

Höchste Quadratmeterpreise im Engadin

Im Jahr 2023 galt wie in den Vorjahren: Die teuersten Ferienwohnungen der Schweiz befinden sich im Engadin. Das zeigt eine neue, vom Immobilienberatungsunternehmen Wüest Partner in Zürich für die NZZ erstellte Analyse des Ferienwohnungsmarkts. In die Untersuchung einbezogen hat Wüest Partner touristische Gemeinden in der Schweiz mit vielen Logiernächten. Betrachtet wurden die Angebotspreise in Immobilieninseraten wie auch die realisierten Verkaufspreise.

Gemäss den Daten kostete eine durchschnittliche 3-Zimmer-Eigentumswohnung mit 85 Quadratmeter Wohnfläche – Baujahr 2010 – und einem kleinen Balkon in St. Moritz im Schnitt 18 400 Franken pro Quadratmeter bzw. rund 1,564 Millionen Franken. Gleich viel wie in der Nachbargemeinde Silvaplana. Zu den teuersten Feriengemeinden zählten auch Andermatt (18 300 Franken) sowie Celerina.

Zum Vergleich: Im zu Beginn erwähnten Kurort Leukerbad kostet der Quadratmeter für eine vergleichbare Eigentumswohnung im Schnitt 5300 Franken. Die Ortschaft wurde in den 1990er Jahren bekannt als erste Gemeinde der Schweiz, die ihre Schulden nicht mehr zurückzahlen konnte und pleiteging.

In Leukerbad liegt die Angebotsquote bei Eigentumswohnungen bei vergleichsweise hohen 7,8 Prozent. Das heisst: Wer in der Gemeinde nach einer Ferienwohnung sucht, wird viele Angebote finden. Im massiv teureren und beliebteren Zermatt liegt die Angebotsquote bei nur 1,3 Prozent. Die Auswahl ist entsprechend überschaubar.

Im vergangenen Jahr legten die Preise im Schnitt um 6,6 Prozent zu

Die Beispiele zeigen: Ein eigenes Feriendomizil ist und bleibt für die Mehrheit der Menschen in der Schweiz ein unbezahlbarer Traum. Zwar sind die Transaktionspreise für Zweitwohnungen in den vergangenen zehn Jahren zeitweise schwächer gestiegen als jene für Eigentumswohnungen. Aber seit der Corona-Pandemie hat das Preiswachstum stark angezogen.

Die Steigerung im 4. Quartal 2023 betrug bei Eigentumswohnungen im mittleren Preissegment im Vergleich zur Vorjahresperiode 3 Prozent. Eine vergleichbare Ferienwohnung in einer Tourismusregion verteuerte sich hingegen im Schnitt um 6,6 Prozent.

Mittlerweile beträgt der durchschnittliche Preis für eine Ferienwohnung rund eine Million Franken. Im Jahr 2019 lag er gemäss Daten der Grossbank UBS noch bei 750 000 Franken. Kein Wunder, besitzen oder mieten je nach Datenquelle nur rund 10 bis 15 Prozent der Schweizer Haushalte eine Zweitwohnung.

Preise für Zweitwohnungen steigen

Transaktionspreise für Eigentumswohnungen in der Schweiz und Zweitwohnungen in Tourismusregionen, indexiert, in Punkten

Mittleres Objekt Eigentumswohnungen Schweiz

Mittleres Objekt Zweitwohnung in
Tourismusregionen

Robert Weinert, Leiter Research bei Wüest Partner, ortet mehrere Gründe für die starken Preisanstiege seit Mitte 2021. Ein wichtiger Faktor sei das Bundesgesetz über Zweitwohnungen – im Volksmund: «Lex Weber». Dieses 2016 in Kraft getretene Gesetz verbietet den Bau neuer Ferienwohnungen in Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent und hat die Bautätigkeit laut Weinert «massiv eingeschränkt».

Der Markt kann nicht auf die gestiegene Nachfrage nach Feriendomizilen reagieren. «Die Preise sind in den letzten Jahren unter anderem gestiegen, weil es dank digitalem Arbeiten und flexiblen Home-Office-Regeln einfacher geworden ist, von einer Zweitwohnungsdestination aus zu arbeiten», sagt Weinert. Zudem sei die Nachfrage nach Zweitwohnungen nicht so zinssensitiv wie jene bei klassischen Eigentumswohnungen. Denn bei Ferienwohnungen muss ein grösserer Teil des Kaufpreises aus eigenen Mitteln finanziert werden als bei Erstwohnsitzen.

Gemäss Weinert ist die Nachfrage nach Zweitwohnungen vor allem in Destinationen hoch, wo im Winter grösstenteils Schneesicherheit herrscht. Es spielten aber auch die touristische Infrastruktur für die Sommermonate eine immer grössere Rolle, wie unter anderem Mountainbike-Strecken, Wellness-Zentren, Spielplätze, Sporteinrichtungen, Outdoor-Abenteuerangebote und kulturelle Veranstaltungen.

Die Preise steigen weiter

Wie werden sich die Preise von Feriendomizilen im laufenden Jahr weiterentwickeln? Weinert sagt: «Es ist zu erwarten, dass die Nachfrage rege bleibt, weshalb wir weitere Preisanstiege von rund 4 Prozent erwarten.»

Weniger optimistisch ist die Grossbank UBS. Claudio Saputelli, Leiter Swiss & Global Real Estate bei der UBS, sagt: «Wie im Gesamtmarkt haben auch die Preise für Ferienwohnungen 2023 etwas an Dynamik verloren, wenngleich deutlich weniger stark. Für 2024 erwarten wir bei Schweizer Ferienimmobilien eine weitere Abkühlung der Preisanstiege auf im Schnitt rund 1 bis 2 Prozent.»

Die günstigsten Feriengemeinden haben oft einen Haken

Wie auch immer sich die Preise entwickeln werden: Im Gegensatz zu Engadiner Gemeinden sind Ferienorte wie das bekannte Vals (GR) mit der berühmten Zumthor-Terme auch 2024 vergleichsweise günstig. Hier liegt der Quadratmeterpreis im Schnitt bei 7300 Franken. Noch günstiger als in Vals ist er im beschaulichen Val Müstair (5000 Franken) an der Grenze zu Italien sowie in Goms im Wallis (4900 Franken). Goms rangiert am Schlusslicht der Gemeinde-Liste und gehört somit zu den eigentlichen Schnäppchen-Gemeinden.

Doch die günstigsten Feriengemeinden haben oft auch einen Haken. Beim Val Müstair ist es die Anreise, die von Zürich per Zug im besten Fall dreieinhalb Stunden dauert. Und auch Vals oder Goms sind per öV oder Auto einige Stunden von den wirtschaftlichen Zentren der Schweiz entfernt. Meist fehlt es in kleineren, abgelegenen Gemeinden auch an wichtiger Infrastruktur wie Läden, Restaurants und Freizeitangeboten.

Saas Grund: schneesicher und preiswert

Idealerweise weisen Skiorte nicht nur tiefe Wohnungspreise, sondern auch eine gewisse Schneesicherheit auf. Interessant erscheint zum Beispiel die beschauliche Walliser Berggemeinde Saas-Grund mit rund tausend Einwohnern. Hier kostet der Quadratmeter 5300 Franken. Saas-Grund liegt auf 1559 Metern über Meer. Das grosse Skigebiet Saas-Fee auf 1800 Metern über Meer ist nur einen Katzensprung entfernt und bietet gemäss eigenen Angaben 100 Pistenkilometer.

Neben den Preisen und Standorteigenschaften wie Schneesicherheit, Erreichbarkeit, touristisches Angebot, Vermietungsperspektive und Bevölkerungswachstum gilt es beim Kauf auch allfällige Begrenzungen in Bezug auf den Bau von Zweitwohnungen im Blick zu behalten. Ob ein Objekt werthaltig ist, hängt zum Grossteil aber von der Lage ab. Fragen, die sich stellen, sind: Wie weit sind die öffentlichen Verkehrsmittel, die Bergstationen, Läden und Freizeit- sowie Gastronomieangebote vom Objekt entfernt? Wie steht es mit Aussicht, Ruhe und Besonnung?

Finanzierung: 30 bis 50 Prozent Eigenmittel nötig

Wer seinen Ferientraum gefunden hat und zuschlagen will, muss allenfalls eine Hypothek aufnehmen. Bei Ferienhäusern oder -wohnungen gelten strengere Regeln als beim selbstbewohnten Eigenheim. Kreditgeber verlangen von Käufern, dass sie 30 bis 50 Prozent des Kaufpreises aus der eigenen Tasche bezahlen – zum Beispiel mit Erspartem oder einem Erbvorbezug.

Der Grund für die höheren Eigenmittel-Anforderungen: Feriendomizile haben für die Kreditgeber ein höheres «Ausfallrisiko». Denn bei Geldknappheit verkaufen Eigentümer ihr Feriendomizil als Erstes wieder, oft unter dem Anschaffungspreis. Banken prüfen zudem, wie stark alle bestehenden Hypotheken zusammen einen Haushalt finanziell belasten. Hat jemand bereits Wohneigentum mit einer Hypothek finanziert, wird die Belastung durch die Ferienimmobilie somit zur bestehenden Belastung hinzugezählt.

Insgesamt dürfen die Kosten aller Hypotheken ein Drittel des Brutto-Haushalteinkommens nicht übersteigen. Hinzu kommt: Ersparnisse in der Säule 3a oder der Pensionskasse darf man für eine Ferienimmobilie nicht vorbeziehen oder verpfänden. Gleichzeitig muss die Hypothek stärker amortisiert werden als bei Eigenheimen.

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