Reiche Anwohner retten ihre Häuser dank den Diensten privater Einsatzkräfte. Die staatliche Feuerwehr ist von diesen Helfern wenig angetan.
«Kennt jemand private Feuerwehrmänner, um unser Haus in den Pacific Palisades zu schützen?», schrieb der Immobilienentwickler Keith Wasserman aus Los Angeles vergangene Woche auf der Plattform X, kurz nachdem dort schwere Brände ausgebrochen waren. «Ich bin gewillt, jeden Preis zu zahlen.»
@Keith_Wasserman deleted his tweet because people uncovered his predatory loan service and alleged tax scams 😔 pic.twitter.com/lI5TaS9Qyn
— Not Jenelle Evans (@HaveAHeartx3) January 8, 2025
Der Post löste postwendend Empörung aus. Ein Nutzer fragte, ob Milliardäre nun das ohnehin knappe Wasser abgriffen. Andere lobten wiederum, dass jedes gelöschte Feuer dazu beitrage, die Brände zu stoppen. Wasserman löschte kurz darauf sein Nutzerkonto.
Es schien, als könnten sich vermögende Anwohner ein anderes Schicksal erkaufen als die Tausende anderen, die in den Flammen alles verloren hatten. Die Suche nach privaten Rettungskräften ist inzwischen zur Metapher für Amerikas Klassenunterschiede inmitten einer Naturkatastrophe geworden.
Milliardär bestellt Löschwasser
Tatsächlich war der Immobilienentwickler Wasserman kein Einzelfall – nur hatten andere vermögende Los Angelinos schon früher vorgesorgt. Der Milliardär Rick Caruso etwa, der 2022 vergeblich für das Amt des Bürgermeisters von Los Angeles kandidiert hatte, liess von privaten Feuerwehrleuten sein Anwesen sowie ein Einkaufszentrum in den Pacific Palisades schützen, das er betreibt. Caruso zahlte auch für riesige Wassertanks, die Löschwasser in das Viertel karrten.
Der Milliardär verwies in Interviews darauf, dass die privaten Einsatzkräfte den Beamten der staatlichen Feuerwehr Arbeit abgenommen hätten. Zudem hätten die von ihm gezahlten Rettungskräfte versucht, anliegende Häuser vor den Flammen zu retten, sagte Caruso dem «Wall Street Journal», das sei ihnen aber nicht gelungen. Er spendete vergangenes Wochenende fünf Millionen Dollar an die Feuerwehr von Los Angeles.
Unter den Kunden der privaten Firmen war auch Adam Leber, der Agent der Sängerin Miley Cyrus. Er liess sein Anwesen in den Hollywood Hills schützen, nach dem Ausbruch der Feuer wurde es die ganze Nacht mit Sprenklern bewässert.
Private firefighters guard this Hollywood Hills house from #SunsetFire. They’ve set up sprinklers to cascade water from the second story eaves. They will guard all night. pic.twitter.com/Wj9fIocM1y
— Matthias Gafni (@mgafni) January 9, 2025
Leber bemühte sich klarzustellen, dass die privaten Einsatzkräfte – alles ehemalige Feuerwehrleute – für den Schutz seines Hauses keine öffentlichen Hydranten angezapft hatten, sondern eigene Wasservorräte mitgebracht hatten.
Stattliche Preise – und höhere Löhne für Feuerwehrleute
Die Brände in Los Angeles werfen ein Schlaglicht auf ein Geschäft, das in den USA angesichts der zunehmenden Brandgefahr floriert. Etwa 40 Prozent aller Feuerwehrleute im Land arbeiteten nicht für eine staatliche Behörde, sondern für Privatfirmen, schätzt die National Wildfire Suppression Association, ein Verband aus knapp 400 privaten Feuerschutzdiensten weltweit. Das erklärt sich unter anderem mit besseren Löhnen, die im Privatsektor winken. Besonders unter den «federal firefighters» im Lohn der Bundesregierung haben sich die vergleichsweise niedrigen Gehälter zu einem Problem entwickelt.
Nur ein kleiner Teil dieser Firmen arbeite direkt mit Privatpersonen zusammen, erklärte Deborah Miley, die Leiterin des Verbands, in einer Stellungnahme. Die Mehrheit werde saisonal von der staatlichen Feuerwehr unter Vertrag genommen oder kooperiere mit Versicherungen. Für diese bieten solche privaten Dienste eine attraktive Möglichkeit, in brandgefährdeten Gebieten ihr Risiko zu mindern – schliesslich senkt jedes in Flächenbränden verschonte Haus ihre Kosten. Gerade in teuren Wohngegenden wie den Pacific Palisades verkaufen die Versicherungen inzwischen Policen, die mit privater Feuerwehr werben.
Doch nur selten bekämpfen solche privaten Firmen direkt die Flammen. Vielmehr schützen sie die Liegenschaften ihrer Kunden gegen potenzielle Brände, indem sie sicherstellen, dass Sträucher und Bäume zurückgeschnitten sind. Wenn in einer Gegend dann ein Feuer ausbricht, ziehen sie los, versprühen flammenhemmendes Material, kleben Luftschlitze mit feuerfestem Klebeband zu und rücken leicht brennbare Gegenstände von Gebäuden weg.
Die Dienste sind nicht billig. Zwei Feuerwehrleute mit einem kleinen Fahrzeug kosteten pro Tag 3000 Dollar, sagte ein Mitarbeiter der Firma Grayback Forestry gegenüber der «New York Times». Ein grösseres Team, bestehend aus zwanzig Feuerwehrkräften und vier Einsatzfahrzeugen, könne gar 10 000 Dollar am Tag kosten.
Dabei behindere man nicht die Arbeit der lokalen Feuerwehrkräfte, betont David Torgerson, der mit seiner Firma Wildfire Defense Systems aus Montana solche Dienste seit 2008 anbietet. Wie Torgerson in mehreren Interviews erklärte, hätten seine Mitarbeiter in Los Angeles Häuser im Auftrag von Privatpersonen sowie von drei Dutzend Versicherungen kontrolliert – aber erst nachdem ihnen die staatliche Feuerwehr dafür grünes Licht gegeben habe.
Bei der öffentlichen Feuerwehr unbeliebt
Der Einsatz privater Feuerwehrkräfte bei Lauffeuern sorgt in Kalifornien schon länger für Kontroversen. Seit 2018 regelt deswegen ein Gesetz, dass Firmen bei einem Feuer bei den lokalen Einsatzkräften um Genehmigung bitten müssen, um die Radiofrequenzen zu benutzen. Auch dürfen die Privatfirmen keine Taschenlampen, Sirenen oder Abzeichen verwenden, die den Anschein erwecken könnten, sie gehörten zu den staatlichen Einsatzkräften. Ebenso müssen ihre Fahrzeuge sich von der offiziellen Feuerwehr klar unterscheiden.
Tatsächlich sah man vergangene Woche bei einer Fahrt durch die Hügel der Pacific Palisades immer wieder weisse Pick-up-Trucks privater Feuerwehrfirmen, die vor intakten Häusern parkierten. Offensichtlich stellten die Mitarbeiter sicher, dass einzelne schwelende Brände nicht doch noch übergriffen.
Bei den lokalen und staatlichen Feuerwehren scheinen die privaten Dienste dennoch unbeliebt zu sein. Auch die Frage, ob Privatfirmen bei einem Brand auf öffentliche Hydranten zugreifen dürfen, dürfte nun wieder hochkochen. Das Problem sei, dass deren Mitarbeiter nicht seinem Kommando unterstünden und er keinen Funkkontakt mit ihnen habe, sagte David Acuna, ein Bataillonschef der kalifornischen Feuerbehörde Cal Fire im Interview mit dem Fernsehsender ABC. «Wir wissen auch nicht, welche Schutzausrüstung sie haben. All diese Leute müssen wir retten, falls sie zu lange in einem Haus ausharren, und das hält uns von unserer Kernaufgabe ab, Brände zu löschen.»
Diese Kritikpunkte nannte auch Mike Lopez, Finanzchef des Verbands kalifornischer Berufsfeuerwehrleute. «Nur weil du Wasser aus einem Schlauch versprühst, bist du noch kein Feuerwehrmann», sagte er gegenüber dem «Guardian». Private Rettungskräfte neben staatlichen Feuerwehrmännern zu haben, könne für Chaos sorgen.
Die privaten Feuerwehrfirmen wehren sich gegen diese Vorwürfe. Jedes Haus, das seine Mitarbeiter retteten, entlaste die staatlichen Einsatzkräfte, sagte James Wessel von der Firma Capstone Fire dem «Wall Street Journal». «Das kommt allen zugute, denn Brände ziehen von Haus zu Haus. Wo auch immer man diese Kette unterbrechen kann, ist das zum Wohle der Allgemeinheit.»
Der Unternehmer Torgerson verweist auf einen weiteren wichtigen Punkt: Angesichts dessen, dass sich immer mehr Versicherungen aus feuergefährdeten Gebieten zurückzögen, sorgten Firmen wie seine dafür, dass Versicherungspolicen auf dem Markt verfügbar blieben.