Donnerstag, Januar 16

Zurück in die Zukunft? Die Pläne des Bildungsministers Giuseppe Valditara für die Volksschule stossen auf Kritik.

Wenn es einen Bereich gibt, in welchem sich die konservative Handschrift der Regierung von Giorgia Meloni besonders zeigt , dann ist es die Schule. Bildungsminister Giuseppe Valditara hat dieser Tage die Leitplanken präsentiert, die ab dem Schuljahr 2026/27 für die Volksschule gelten sollen.

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«Gott, Vaterland und Latein»: So hat ein Kolumnist im «Corriere della Sera» die Pläne etwas maliziös zusammengefasst und damit auf zweierlei angespielt: auf Melonis Wahlkampfslogan «Gott, Vaterland und Familie» zum einen und auf einen bekannten Dreiklang aus den Berlusconi-Jahren zum anderen.

Der frühere Ministerpräsident und Unternehmer sprach 2001 von den drei «I», mit denen er Italiens Schulen modernisieren wollte: «Internet, Inglese, Impresa». Es gelte, die Schülerinnen und Schüler auf das Leben in der modernen Wirtschaftswelt vorzubereiten («impresa» heisst Unternehmen) und ihnen dafür schon frühzeitig das nötige Rüstzeug mit auf den Weg zu geben, hiess es damals.

Bürokratisches Schulsystem

Es blieb im Wesentlichen beim Slogan. Denn der Koloss Schule bewegt sich in Italien noch schwerfälliger als in anderen Ländern Europas. In Italien stosse jede Schulreform, ob konservativ oder progressiv, zwangsläufig auf die Funktionsstörungen eines Systems, das von der Bürokratie erstickt werde und dem guten Willen unterbezahlter Lehrer anvertraut sei, schreibt der «Corriere».

Valditaras Plänen dürfte es ähnlich ergehen – umso mehr, als es sich bei den Vorgaben des Bildungsministers nicht um Rechtsvorschriften handelt und die Schulen über einen gewissen Spielraum bei der Umsetzung verfügen.

Als politisches Signal sind sie dennoch bemerkenswert. Die Leitplanken sehen verschiedene Änderungen vor:

  • In der Unterstufe soll mehr Gewicht auf Grammatik und (Hand-)Schrift und ganz generell auf den sprachlichen Ausdruck gelegt werden. Dazu gehört das Auswendiglernen von Kinderreimen und Zungenbrechern. Auch sollen altersgerecht bereits erste Hinweise auf die klassischen Epen, die griechische Mythologie, nordische Sagen und die Bibel gegeben werden.
  • Das Fach «Geostoria», das Geografie und Geschichte miteinander vereint, wird abgeschafft. Die Fächer werden wieder separat geführt. Im Geschichtsunterricht sollen vor allem Kenntnisse der italienischen und abendländischen Geschichte vermittelt werden, angefangen bei den alten Griechen und Römern und dem Aufkommen des Christentums.
  • Musik und Kunst sollen gefördert werden, sei es durch Instrumentalunterricht, sei es durch Chorgesang. Auch soll das künstlerische Erbe Italiens vermehrt studiert werden.
  • Ab der Sekundarstufe wird Latein wieder eingeführt – als Freifach, eine Stunde die Woche. Das Gleiche gilt für den Religionsunterricht.

Geringe Kenntnisse der eigenen Geschichte

Es gehe ihm nicht um politische Slogans, sagte Valditara in einem Interview. Seine Absicht sei es vielmehr, «das Beste aus unserer Tradition in eine zukunftsfähige Schule» einzubringen. Der Bildungsminister versteht die Änderungen auch als eine Reaktion auf neuere Studien, welche belegen, dass die Italienerinnen und Italiener nur über sehr geringe Kenntnisse der eigenen Geschichte verfügen. An den Leitplanken haben namhafte Experten mitgearbeitet, so der Historiker Ernesto Galli della Loggia oder Claudio Marazzini, der frühere Präsident der Accademia della Crusca, Italiens ältester Sprachgesellschaft.

Bei der Opposition kommen die Pläne schlecht an. Es handle sich um eine unzeitgemässe Vision, sagte Elly Schlein, die Vorsitzende des Partito Democratico. Valditara pflege eine nostalgische Vorstellung von Schule. Positiver reagieren einzelne Geschichtsprofessoren, unter ihnen der emeritierte Althistoriker Andrea Giardina, der an der angesehenen Scuola Normale Superiore in Pisa gelehrt hat. «Die Stärkung des Geschichtsstudiums kann für die Bildung der Schüler nur von Vorteil sein», sagte er in der «Repubblica».

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