Mittwoch, Oktober 30

Joe Biden empfiehlt Vizepräsidentin Kamala Harris als Präsidentschaftskandidatin für die Demokraten. Doch es gibt auch andere Anwärter für Bidens Nachfolge. Das sind die acht bekannten Favoriten – und eine Kandidatin der Herzen.

Er sei der einzige, der Donald Trump schlagen könne, behauptete Joe Biden immer wieder. Doch nun, da sich dieser auf Druck der Partei aus dem Rennen zurückzieht, zeigt sich: Die Demokraten verfügen durchaus über eine beachtliche Ersatzbank. Viele Ersatzspieler hatten bisher einfach nicht die Chance, sich zu beweisen. Dies gilt jedoch nicht für die naheliegendste Alternative: Vizepräsidentin Kamala Harris.

1. Die Kronfavoritin: Kamala Harris

Joe Bidens Vizepräsidentin steht seit vier Jahren im nationalen Rampenlicht. Auf dieser grossen Bühne konnte Kaliforniens frühere Justizministerin zunächst aber wenig überzeugen. Mitarbeiter geklagten sich über einen schlechten Führungsstil und bei öffentlichen Auftritten mangelte es Harris am notwendigen Charisma. In diesem Wahlkampf schlüpfte die Vizepräsidentin jedoch immer mehr in eine Hauptrolle. Sie verteidigte Biden mit viel Kampfgeist und griff Trump in ihren Wahlkampfreden mit scharfen Worten an. Im Gegensatz zu allen anderen Alternativen stand Harris gemeinsam mit Biden in den Vorwahlen auf dem Wahlzettel. Ihre demokratische Legitimation ist deshalb breiter. Zudem könnte Bidens gut aufgestellte Wahlkampforganisation wohl ohne grössere Probleme übernehmen. Als Frau mit indischen und jamaicanischen Wurzeln würde sie zudem im Kontrast zu Trump symbolisch für das neue, ethnisch gemischte Amerika stehen. Da die Zeit bis zum demokratischen Parteitag im August zudem sehr knapp ist, gilt Harris auch als die realistischste Alternative zu Biden.

2. Oft genannte Favoriten: Gavin Newsom, Gretchen Whitmer, Pete Buttigieg, Josh Shapiro

  • Pete Buttigieg war bei den demokratischen Vorwahlen 2020 der Shootingstar. Der Afghanistan-Veteran war zuvor bloss Bürgermeister in der Kleinstadt South Bend im konservativen Gliedstaat Indiana. Doch bei den ersten drei Vorwahlen mischte der 42-Jährige ganz vorne mit. Danach übernahm er in Bidens Regierung das Amt des Verkehrsministers. In dieser Position verantwortet er auch die vom Kongress beschlossenen Milliardeninvestitionen in die amerikanische Infrastruktur. Privat   ist der praktizierende Christ mit einem Mann verheiratet, mit dem er Zwillinge adoptiert hat. Buttigieg ist ein guter Redner und schlagkräftiger Interviewpartner, der sich auch nicht scheut seine Positionen beim konservativen Fernsehsender Fox News zu vertreten.
  • Gavin Newsom ist vermutlich der meistgenannte demokratische Gouverneur, wenn es um eine möglich Alternative zu Biden geht. Der ambitionierte Kalifornier suchte in den vergangenen Monaten das nationale Rampenlicht, in dem er unter anderem immer wieder den Streit mit dem republikanischen Gouverneur in Florida, Ron DeSantis, suchte. Die beiden lieferten sich im Dezember gar eine Fernsehdebatte, so als ob sie bereits Präsidentschaftskandidaten wären. Kalifornien ist jedoch eine linke Hochburg und wird für seine progressive Politik in konservativen Gliedstaaten verachtet. Ob Newsom auf nationaler Ebene die Herzen moderater Wähler gewinnen kann, ist deshalb fraglich. Der 56-jährige Unternehmer ist schlagfertig und eloquent. Seine tiefe, raue und kräftige Stimme klingt präsidial. Aber sein Auftreten und sein strahlend weisses Lachen wirken vielleicht etwas zu geschniegelt, um auch die Arbeiterklasse für sich zu gewinnen.
  • Auch Gretchen Whitmer, die Gouverneurin von Michigan, wird oft als mögliche Alternative zu Biden genannt. Im Gegensatz zu Kalifornien ist ihr Gliedstaat ein umkämpfter Swing State. Mit ihrer Wahl 2018 beendete sie eine siebenjährige Alleinherrschaft der Republikaner in Michigan. Vor vier Jahren gehörte sie für Biden zu den Favoritinnen auf das Amt der Vizepräsidentin. Vor zwei Jahren schaffte sie die Wiederwahl zur Gouverneurin souverän. Zudem gewannen die Demokraten nach vielen Jahren auch wieder die Mehrheit im gliedstaatlichen Parlament zurück. Dieser Leistungsausweis macht Whitmer zu einer aussichtsreichen Anwärterin auf Bidens Nachfolge. Zumal Michigan – das Herz der amerikanischen Autoindustrie – 2024 der vielleicht entscheidende Swing State für die Demokraten sein könnte. Kürzlich schloss Whitmer eine Kandidatur in diesem Jahr jedoch aus, selbst wenn sich Biden zurückziehen sollte. Unter Umständen könnte sie diese Meinung aber auch schnell wieder ändern.
  • Josh Shapiro ist der Gouverneur von Pennsylvania. Auch dies ist ein umkämpfter Gliedstaat. Trump und Biden gewannen hier 2016 beziehungsweise 2020 nur mit einem hauchdünnen Vorsprung. Shapiro jedoch besiegte seinen republikanischen Konkurrenten 2022 mit 57 zu 42 Prozent der Stimmen. Shapiro war zuvor Generalstaatsanwalt in Pennsylvania. Er gilt als pragmatischer Politiker, der auch moderate Wähler begeistern kann. Da er aber noch keine ganze Amtszeit hinter sich hat, wird er nicht so oft wie Newsom oder Whitmer als mögliche Alternative zu Biden genannt.

3. Die Geheimfavoriten: Andy Beshear, JB Pritzker und Jared Polis

  • Andy Beshear sorgte bei den Zwischenwahlen 2022 für nationale Schlagzeilen. Der 46-Jährige schaffte im konservativen Gliedstaat Kentucky erfolgreich seine Wiederwahl. Vier Jahre zuvor hatte er den republikanischen Amtsinhaber Matt Bevin besiegt. Dabei ist Kentucky eigentlich eine Trump-Hochburg. Der ehemalige Präsident gewann die Präsidentschaftswahl 2020 gegen Biden in dem Gliedstaat mit einem Vorsprung von 26 Prozentpunkten. Nun gilt Beshear als einer der aufstrebenden Sterne in der demokratischen Partei. Der moderate Politiker ist über die eigenen Parteigrenzen hinweg beliebt. In einer kürzlichen Umfrage standen seine Zustimmungswerte bei 65 Prozent. Er ist damit der beliebteste demokratische Gouverneur im ganzen Land.
  • JB Pritzker ist Gouverneur in Illinois. Ähnlich wie Kalifornien ist auch Illinois eine demokratische Hochburg. Und wie Newsom ist auch Pritzker ein streitlustiger Politiker, der sich gerne in nationale Debatten einmischt. Er sei für die Biden-Kampagne ein «Kampfhund», der Trump mit gezielten Beleidigungen attackiere, schrieb kürzlich das Nachrichtenportal «Axios». Der scharfzüngige Pritzker könnte es aber vermutlich nicht nur in Fernsehduellen mit Trump aufnehmen. Der Multimilliardär ist auch unternehmerisch mindestens auf Augenhöhe mit Trump. Sein Vater war Mitgründer der Hyatt-Hotelkette.
  • Jared Polis ist Gouverneur im Gliedstaat Colorado. Zuvor sass der offen homosexuelle Politiker im Kongress in Washington. George Will, der preisgekrönte Kolumnist der «Washington Post», lobte Polis vor zwei Jahren in einem Kommentar als Zukunftshoffnung der demokratischen Partei. Polis verfolge zwar eine linke Agenda, sei aber auch bereit von der Parteiorthodoxie abzuweichen. Der 49-Jährige gilt als «libertärer Demokrat». Kürzlich unterzeichnete er eine ganze Reihe von Steuersenkungen. Vor seiner politischen Karriere häufte er mit Internetfirmen ein Vermögen von rund 400 Millionen Dollar an.

4. Die Präsidentschaftskandidatin der Herzen: Michelle Obama

Die unwahrscheinlichste Alternative zu Joe Biden ist die ehemalige First Lady Michelle Obama. Gemäss Umfrage wäre sie zwar die einzige Demokratin, welche Trump in einem Erdrutschsieg schlagen könnte. In einer kürzlichen Umfrage sagten 50 Prozent, sie würden für Obama stimmen. Nur 39 Prozent wollten ihre Stimme für Trump einlegen. Doch so beliebt sie auch sein mag, Obama will keine Politikerin sein. Deshalb hat sie bisher stets alle Ambitionen auf ein Amt verneint.

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