Der scheidende US-Präsident spricht sich gegen die Todesstrafe aus und lässt darum mehrere verurteilte Mörder leben – und versucht damit, die Pläne seines Nachfolgers Trump zu stören.
(dpa) Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit wandelt der US-Präsident Joe Biden die Todesurteile Dutzender Personen in lebenslange Haftstrafen ohne Bewährung um. Das Weisse Haus veröffentlichte die Namen der 37 Betroffenen.
Drei der insgesamt 40 auf Landesebene zum Tode verurteilten Häftlinge hat Biden von der Umwandlung ihrer Strafen ausgeschlossen – nämlich solche, die wegen Terrorismus oder durch Hass motivierte Massenmorde verurteilt wurden, unter ihnen der Attentäter, der am Boston-Marathon 2013 drei Personen und 260 weitere verletzt hatte. In den Gliedstaaten verurteilte Todeskandidaten kann der Präsident nicht begnadigen.
Biden ist gegen, Trump für die Todesstrafe
Der Demokrat Biden ist erklärter Gegner der Todesstrafe. Er hat im Juli 2021 ein Moratorium für Hinrichtungen auf Landesebene eingeführt. In der Mitteilung zu den Strafmilderungen lässt er sich zitieren, er verurteile zwar diese Mörder und trauere um die Opfer «ihrer verabscheuungswürdigen Taten», er habe jedoch wegen seines Gewissens sowie seiner Erfahrungen als Pflichtverteidiger und Politiker sich dennoch dazu entschieden, die Strafen umzuwandeln. Er sei nach wie vor der Überzeugung, dass man die Todesstrafe auf Landesebene beenden müsse. Und er könne nicht tatenlos zusehen, wie eine neue Regierung Hinrichtungen wieder aufnehme.
Sein republikanischer Nachfolger Donald Trump, der am 20. Januar das Amt übernehmen wird, ist ein entschiedener Befürworter der Todesstrafe. Es wird erwartet, dass der Republikaner Bidens Moratorium beenden wird. Trump sprach sich im Wahlkampf unter anderem für die Hinrichtung von Migranten aus, die US-Bürger oder Polizisten getötet haben. In den letzten sieben Monaten seiner ersten Amtszeit liess Trump 13 Hinrichtungen auf Bundesebene vollstrecken – so viele wie kein US-Präsident seit Jahrzehnten.
Haltung zur Todesstrafe ändert sich
Die Todesstrafe ist in den USA noch auf Landesebene, beim Militär und in 27 Bundesstaaten erlaubt, wird jedoch de facto nicht mehr überall vollstreckt. Zwar unterstützen die meisten Amerikaner nach wie vor die Todesstrafe für Mörder, doch ihre knappe Mehrheit in dieser Frage wird kontinuierlich kleiner.
Fortschritte in der Forensik sowie Enthüllungen über Justizirrtümer stellen die vermeintliche Schuld bereits hingerichteter Sträflinge infrage. Gleichzeitig wird die Diskriminierung im Strafjustizsystem kritisiert – denn Studien zeigen, dass die Todesstrafe eher verhängt wird, wenn die Opfer weiss sind. Ausserdem erhalten Schwarze bei ähnlichen Verbrechen oft härtere Strafen als Weisse. Auch die Qualität der Rechtsvertretung spielt eine entscheidende Rolle und führt oft zu Ungleichheiten.
Vor etwas mehr als einer Woche hatte Biden bereits die Haftstrafen von fast 1 500 Personen auf Bundesebene reduziert und 39 weitere begnadigt – eine Tradition, der viele US-Präsidenten am Ende ihrer Amtszeit folgen. Besonderes Aufsehen erregte die Begnadigung seines Sohnes Hunter Biden Anfang Dezember. Der 54-Jährige hatte Steuervergehen eingeräumt und war zudem wegen Verstössen gegen das Waffenrecht schuldig gesprochen worden.