Die amerikanischen Zölle auf chinesische Importe haben auch Folgen für Schweizer Unternehmen. Die Stahlindustrie gerät einmal mehr zwischen die Fronten, doch es könnte auch Profiteure geben.

Ein halbes Jahr vor den Wahlen schlüpft der amerikanische Präsident Biden in die Rolle von «Working Class Joe». Angeblich, um Jobs in der amerikanischen Industrie zu schützen, gab er diese Woche drastische Zollerhöhungen für Einfuhren aus China bekannt. Die Preise von importierten E-Autos werden dadurch verdoppelt. Bei Halbleitern und Solarzellen schlägt der amerikanische Zoll bis zu 50 Prozent drauf, bei Batterien für E-Autos bis zu 25 Prozent, ebenso bei Stahl und Aluminium.

Damit geht der von Bidens Vorgänger Donald Trump losgetretene Handelsstreit in eine neue Runde. Mit etwas Verzögerung dürften die Auswirkungen auch die Schweiz treffen. «Wenn die beiden grössten Volkswirtschaften der Welt in einem Handelskrieg liegen, wird das mittelbar Rückwirkungen haben auf ein exportorientiertes Land wie die Schweiz», sagt Noé Blancpain, Kommunikationschef beim Industrieverband Swissmem. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis China auf die Entscheidung der amerikanischen Regierung mit Zollerhöhungen reagieren werde.

Schweizer Stahlindustrie ist am stärksten exponiert

Erstes Opfer dürfte die Schweizer Stahlindustrie sein. Sie geriet bereits bei der ersten Runde des Handelskrieges zwischen die Fronten. Die EU führte als Retourkutsche auf die amerikanischen Zölle Kontingente für Stahlimporte aus Drittländern ein, worunter auch die Schweiz fällt. Seit letztem Jahr ist der europäische Markt für Schweizer Stahlhersteller faktisch blockiert. Stahl Gerlafingen will deshalb bis Ende Monat eine Produktionsstrasse schliessen, 95 Stellen fallen weg.

«Die jüngste Eskalation dürfte zur Folge haben, dass eine Abschaffung der Stahlschutzmassnahmen der EU in weite Ferne rückt», sagt Blancpain. Neben Stahl Gerlafingen sind auch kleinere Unternehmen aus der Branche betroffen. Ähnlich düster sieht es für den amerikanischen Markt aus: «Der US-Markt ist den Stahlfirmen schon mit Einführung der US-Zölle auf Stahleinfuhren weggebrochen. Das wird so bleiben», sagt Blancpain.

Thuner Solarpanel-Produzent könnte profitieren

Die Abschottung der USA produziert aber auch Gewinner. Dazu könnte der Schweizer Solarkonzern Meyer Burger zählen. Die Thuner haben ein weiteres Horrorjahr hinter sich, die Schuld gaben sie hoch subventionierten Solarpanels aus China, die den europäischen Markt überschwemmten.

Meyer Burger schloss im März eine Produktionsanlage in Sachsen und will sich nun voll auf die USA konzentrieren. Mitte Jahr soll ein erstes Werk in Arizona, Ende Jahr ein zweites in Colorado in Betrieb gehen.

Bidens Zollpolitik könnte Meyer Burger davor bewahren, in den USA ebenfalls aus dem Markt gedrängt zu werden. Die Aktie reagierte bislang allerdings nicht: Zu oft haben die Manager von Meyer Burger schon Hoffnungen geschürt, die sich nicht erfüllten. Erst Anfang April mussten die Teilhaber den Kollaps mit einer Kapitalspritze abwenden. Der Schock scheint ihnen noch in den Knochen zu sitzen.

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