Donnerstag, September 18

In der Sommerkomödie von Oliver Rihs spielt Berlin die Hauptrolle. Vielmehr als Stereotypien zu verlachen, tut der Film dann auch nicht.

Vor fast zwanzig Jahren gab es das melancholische Berlin auch schon. Die Tage gingen so rum, die Stadt lag geduldig da. In ihr tummelten sich freundliche Verlierertypen, die bestimmt etwas aus sich gemacht hätten, wenn ihnen nicht schon das Wort «machen» suspekt gewesen wäre. Überall verkannte, von der Hektik der Selbstoptimierung noch nicht angekränkelte Künstler, Hochstapler, Plänemacher. Ihnen hat der Schweizer Oliver Rihs mit «Schwarze Schafe» im Jahr 2006 ein filmisches Denkmal gesetzt, das genauso daherkam wie seine Figuren.

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Ein bisschen Kunst, ein bisschen egal. Der Film war Ambition und Trash, erlangte aber wegen Hauptdarstellern wie Milan Peschel und Marc Hosemann überschaubaren Kultstatus. Kann man die neue Version von «Schwarze Schafe» ein Remake nennen? Oder ist das, was jetzt «#SchwarzeSchafe» heisst, ein Update? Der erste Film war in Schwarz-Weiss gedreht, der von 2025 kommt in knalligen Farben daher. Es ist eine Zeitgeisterbahnfahrt, bei der sich niemand zu Tode fürchten wird. Aber totlachen wird sich auch keiner.

Früher hiess es Krabbenbrötchen

Die sechs Drehbuchschreiber knöpfen sich in den Gags alles vor, was nur irgendwie woke ist. Es geht um Gender, Bio und Klima. Auch um Drogen und Bandenkriminalität, weil es da mit der Wokeness am besten knirscht. In «#SchwarzeSchafe» sind auch schon die libanesischen Neuköllner Clans achtsam. Ihre SUV der Marke Hummer tauschen sie gegen Fahrradrikschas und kaufen im Bioladen ein. Der Chef verkündet: «Wir sind der erste klimaneutrale Clan der Welt. Fair», kurze Pause, «also fairer, und nachhaltiger.»

Bei Oliver Rihs ist das der Hauptgag aus einer Reihe gespielter Witze, die nicht unbedingt eine Spielfilmhandlung ergeben. Eher muss der tolle Cast schauen, was er aus dem Material macht. Jella Haase, mit der Serie «Kleo» berühmt geworden, spielt Delphine, die Erfinderin von «Genderdolls». Das sind Puppen, mit denen die Kinder «gleitende Identifikation mit Geschlechterrollen» lernen können.

Die Penisse sind abnehm- und auch wieder aufsteckbar. Der Spielzeugladenbesitzer hat an so etwas aber kein Interesse: «Mich kotzt die ganze Transgender-Feministenscheisse an.» Delphine ist die Schwester von Fritz (Frederick Lau), einem Ex-Junkie, der vom Bürgergeld lebt und Angst hat, man könnte es ihm bei einem Rückfall streichen. Auf dem Balkon hat er jetzt einen Bienenstock und macht Bio-Honig. Das Problem: Im Bienenstock ist ein Päckchen Koks versteckt. Ein Tscheche namens Kafka (Marc Hosemann) ist dafür verantwortlich, und die libanesische Drogenmafia ist schon ziemlich sauer.

Von Bienen zerstochene Dealer, eine Nachbarin, die Delphine wegen ihres Streifen-Zweiteilers fragt: «Wieder Auschwitz-Wochen beim Modediscounter?», das sind so die Gags. In einer Nebenhandlung darf sich Milan Peschel bei «Greenhub», einer Messe für Bio-Startups, um einen Platz für einen Stand bemühen. Er möchte die «My-Berlin-Krebsschnitte» verkaufen. Früher hiess das mal nicht ganz so «posh» Krabbenbrötchen. Die Krabben sind aus der Spree.

Neu sieht alt aus

Man kann die Wokeness und das ganze profitorientierte Achtsamkeitsgetue herrlich verlachen. Viel mehr tut der Film von Oliver Rihs auch nicht. Die Witze sind oft schlampig eingefädelt. So sagt der Clanchef Omar nur deshalb, dass er «den illegalen Handel in Deutschland grün machen» wolle, weil seine kleine Tochter auf Instagram ein paar schlimme Klimawandelvideos gesehen hat. Immerhin hat es was, wenn Omar mit seinen libanesischen Habibis in Mannschaftsstärke im Bio-Laden auftaucht und dort eine amerikanische Praktikantin die Polizei holt, weil sie sich «von aggressiver Männlichkeit» bedroht fühlt. In Gegenwart der hoffnungslos überforderten Einsatzkräfte wird dann die Frage diskutiert, wer mehr zu den PoC, den People of Color, zähle. Die sich als Schwarze fühlende weisse Amerikanerin oder die Libanesen mit deutlich dunklerem Teint.

«#SchwarzeSchafe» nimmt etwas Fahrt auf, als Genderdoll-Delphine gemeinsam mit der von Jule Böwe gespielten Frau des erfolglosen Krabbenbrötchen-Unternehmers durchbrennt. Man hat die Kreditkarte des Drogenclanchefs gestohlen und holt sich Stripper in die Luxushotelsuite. Der neue Film von Oliver Rihs hat Spass daran, das neunzehn Jahre alte Original zu zitieren. Ein gefährliches Unterfangen, weil zumindest die Kenner Vergleiche ziehen können. «Schwarze Schafe» hat sich mit seiner anarchischen Art nicht schlecht gehalten, während die Hashtag-Version «#SchwarzeSchafe» etwas Piefiges hat. Der neue Film sieht alt aus, und das liegt nicht nur daran, dass die bewährte Rihs-Crew aus Milan Peschel, Marc Hosemann und Jule Böwe auch nicht jünger geworden ist.

#SchwarzeSchafe (Offizieller Trailer)

Im Kino.

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