Sonntag, September 8

Der Regierungsrat setzt für die erste Etappe zur Umsetzung der Pflegeinitiative rund 100 Millionen Franken ein.

Mit der Vorlage für eine 13. AHV-Rente hat am 3. März erstmals eine gewerkschaftliche Volksinitiative auf Bundesebene reelle Erfolgschancen. Eigentlich hat sie eine Vorläuferin in der von Berufsverbänden lancierten eidgenössischen Pflegeinitiative, die das Stimmvolk Ende 2021 deutlich angenommen hat. Sie verpflichtet Bund und Kantone, für ausreichend Pflegepersonal zu sorgen.

Jetzt hat der Zürcher Regierungsrat bekanntgemacht, wie das Volksbegehren in einer ersten Etappe umgesetzt wird. Dabei geht es zunächst um eine Ausbildungsoffensive. In seiner Mitteilung beziffert er auch das Ausmass des Problems.

Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium schätzt im Kanton Zürich den Bedarf für die Jahre 2019 bis 2029 auf 8200 neue Pflegefachkräfte (höhere Fachschule und Fachhochschule). Unter den heutigen Voraussetzungen würden in diesem Zeitraum etwa 5900 Personen ausgebildet. Damit fehlten Ende des Jahrzehnts 2300 Pflegefachkräfte, mehr als ein Viertel des erforderlichen Bedarfs.

Anders gesagt: Es mangelt in Spitälern, Heimen und der Spitex bereits heute pro Jahr an etwa 230 neuen Fachkräften. Nach Auskunft der Bildungsdirektion absolvierten im Kanton Zürich 2022 etwa 1710 Personen mit Wohnsitz im Kanton Zürich ein Studium der Pflege an einer höheren Fachschule oder an einer Fachhochschule.

Mehr Zeit in der praktischen Ausbildung

Die Ausbildungsoffensive setzt auf drei Ebenen an. An die Kosten über den Zeitraum von acht Jahren steuert der Bund jeweils noch einmal den gleich hohen Betrag bei:

  • Ein Teilprojekt gilt der Förderung der praktischen Ausbildung. Eine Verpflichtung für Institutionen im Gesundheitswesen zur Ausbildung kennt der Kanton Zürich bereits. Neu erhalten sie einen zusätzlichen Beitrag an ihre Ausbildungsleistungen für künftige Pflegefachpersonen in der Grössenordnung von je mindestens 300 Franken pro Praktikumswoche. Ein wichtiges Ziel besteht darin, die Qualität der praktischen Ausbildung zu verbessern. Nach Auskunft von Peter Indra, dem Chef des Amtes für Gesundheit, sollen mit der neuen Finanzierung zusätzliche Stellen geschaffen werden, um die Betreuungszeit für die Studierenden deutlich zu erhöhen. In dieses ganze Teilprojekt investiert der Kanton 46,75 Millionen Franken. 
  • Die zweite Stossrichtung lautet, die Zahl der Abschlüsse an höheren Fachschulen zu erhöhen. Das umfasst Schnupperkurse für Interessierte und Angebote für Quereinsteiger ebenso wie Massnahmen, damit Pflegefachleute länger im Beruf bleiben. Letztgenanntes sei sehr wichtig, betont Indra. Derzeit würden in der Schweiz jeden Monat etwa 300 Pflegefachleute aus ihrem Beruf aussteigen. Dieses Vorhaben kostet 9 Millionen Franken. 
  • Das dritte Teilprojekt gilt der individuellen Unterstützung. Angehende Pflegefachkräfte erhalten während ihrer Ausbildung ergänzende finanzielle Unterstützung, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen. Damit wird ihr Lebensunterhalt gesichert, was heute nicht immer der Fall ist. So sollen möglichst viele Personen die Möglichkeit erhalten, eine Ausbildung im Pflegebereich zu absolvieren. Dafür sind 43,5 Millionen Franken vorgesehen.

Verbesserung der Arbeitsbedingungen folgt bald

Die Massnahmen greifen ab Juli, wenn das Bundesgesetz zur Ausbildung im Bereich der Pflege voraussichtlich in Kraft tritt. Da die Ausbildungsoffensive vom Bund vorgegeben ist, konnte die Regierung die nötigen rund 100 Millionen Franken für acht Jahre als gebundene Kosten in eigener Kompetenz beschliessen. Der Kantonsrat muss aber noch über das neue Einführungsgesetz beschliessen, welches die Grundlage für die Auszahlung der Gelder im dritten Teilprojekt bildet.

Im Frühling gibt der Bundesrat voraussichtlich die zweite Etappe zur Umsetzung der Pflegeinitiative in die Vernehmlassung. Im Fokus stehen dann Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, die vermutlich umstrittener sind. Sie betreffen direkt die Institutionen im Gesundheitswesen und weniger die öffentliche Verwaltung. Laut Peter Indra wäre eigentlich besser gewesen, diese Massnahmen als erste Etappe vorzuziehen. Dann hätte man rascher mehr Interessierte davon überzeugen können, einen Pflegeberuf zu erlernen.

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