Der Preis der wichtigsten Kryptowährung schien in diesem Jahr bisher von Profiinvestoren getrieben. Google-Daten legen nahe: Privatanleger springen nun auf den Zug auf.
Bitcoin ist im Rallymodus. Noch vergangene Woche notierte der Kurs der grössten und wichtigsten Kryptowährung unter 70’000 $. Diese Woche stieg der Kurs abermals auf ein neues Höchst und überschritt am Mittwoch erstmals die Marke von 90’000 $.
Gemäss Angaben des Datenanbieters Companies Market Cap ist die Kryptoleitwährung in Sachen Marktkapitalisierung (1,8 Bio. $) nun mit Silber gleichgezogen. Für die Marktkapitalisierung von Silber wird der aktuelle Silberpreis multipliziert mit der geschätzten Menge an Silber, das bisher abgebaut worden ist.
Trump sorgt für Kryptoeuphorie
Was ist passiert?
Die Antwort fällt relativ kurz aus: Donald Trump wurde am Mittwoch letzter Woche mit einer deutlichen Mehrheit zum neuen alten Präsidenten der USA gewählt – und hat damit die Finanzmärkte elektrisiert. Seit Mittwochabend steht fest, dass die Republikaner sogar beide Kammern des US-Parlaments kontrollieren, was dem US-Präsidenten noch mehr Gestaltungsmacht verleiht.
Trump hat sich im Wahlkampf als Fürsprecher der Kryptobranche positioniert. Durch seine Wahl hofft der Sektor in erster Linie auf eine kryptofreundlichere Regulierung. Vor allem der in der Szene geradezu verhasste SEC-Chef Gary Gansler hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder als Kryptogegner profiliert und Bitcoin-ETF Anfang Jahr nur zähneknirschend – und nach jahrelangem Streit – bewilligt.
Jetzt herrscht mehr Klarheit – etwas, was am Krptomarkt genauso wie an den Aktienbörsen goutiert wird.
Nach Wallstreet springt auch Retail auf
Die Bitcoin-Rally lässt sich auch in den steigenden Zuflüssen ablesen, die kotierten Bitcoin-Fonds in diesen Tagen erfahren. Gemäss Eric Balchunas, Analyst und Kryptoexperte von Bloomberg Intelligence, ist das Volumen aller Bitcoin-Spot-ETF in den USA Anfang der Woche auf 90 Mrd. $ gestiegen. Das entspreche 72% des Wertes, der in den USA in Gold-ETF investiert ist.
«Plötzlich besteht die Chance, dass Bitcoin-Spot-ETF Gold-ETF vor ihrem ersten Geburtstag überholen», schreibt Balchunas auf der Onlineplattform X. Ursprünglich habe man dies erst nach drei bis vier Jahren erwartet.
Bitcoin ETFs have crossed $90b in assets, after yesterday’s $6b jump ($1b in flows $5b in mkt appreciation).. they now 72% of the way to passing gold ETFs in assets. pic.twitter.com/7I3TMC8CfZ
— Eric Balchunas (@EricBalchunas) November 12, 2024
Auffällig ist, dass die Bitcoin-Rally der vergangenen Wochen nicht nur in Investorenkreisen Beachtung findet, sondern mit dem Kurs auf die Marke von 90’000 $ schlagartig die Aufmerksamkeit der breiten Masse auf sich gezogen hat. Ablesen lässt sich das einerseits daran, dass etwa die grösste deutsche Boulevardzeitung Bild – prominent auf der Webseite platziert – die Frage aufwirft, ob es schon zu spät sei, jetzt noch in Bitcoin einzusteigen. Andererseits explodieren die Google-Suchanfragen nach Bitcoin.
War das Interesse noch Anfang des Monats relativ mau, wird der Begriff Bitcoin in dieser Woche so oft gesucht wie seit dem Frühjahr 2021 nicht mehr. Damals herrschte Kryptomanie, angefeuert durch die günstigen Zinsen, die Investitionen in Risikoanlagen attraktiver machten. Google Trends misst das Interesse auf einer relativen Skala von 0 bis 100, wobei der Höhepunkt – in diesem Fall und auf Sicht von fünf Jahren im Mai 2021 – jeweils dem Wert 100 entspricht. Daran gemessen, ist das Suchinteresse an Bitcoin mittlerweile drei Viertel mal so gross wie am Peak 2021.
Damit könnte sich in diesem Jahr erstmals die Erzählung des Bitcoin-Booms ändern. 2024 galten bisher grössere Investoren als treibende Kraft der Rally. Durch die im Januar zugelassenen Spot-ETF wurde der Zugang für institutionelle Anleger zu Bitcoin in den USA stark vereinfacht. Die steigenden Volumina der kotierten Fonds machen deutlich, dass die Möglichkeit rege genutzt wird.
Die explodierenden Google-Suchanfragen wiederum zeigen, dass mittlerweile auch Privatanleger auf den Zug aufspringen wollen. Früher hätte man das berühmte Bild des Taxifahrers herangezogen, der am Peak eines Hypes von diesem erfährt, daraufhin investiert und damit den Beginn der Korrektur einläutet. Ob der Kontraindikator in diesem Fall funktioniert, ist schwer zu sagen. Momentan scheint Bitcoin die Marke von 100’000 $ fest im Visier zu haben.
Klar ist aber auch: Dass Bitcoin regelmässig Rückschläge von 60 bis 80% verzeichnet, sollten Anlegerinnen und Anleger nicht vergessen.