Dienstag, April 1

Hoffnung trifft Unsicherheit: In den USA deutet sich eine regulatorische Wende zugunsten von Bitcoin und Co. an – doch gleichzeitig sorgt die erratische Wirtschaftspolitik von US-Präsident Donald Trump für Verunsicherung. Was überwiegt?

Der Überschwang ist vorbei.

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Ende letzten Jahres durchbrach der Bitcoin die Rekordmarke von 100’000 $. Mit Blick auf ein freundlicheres Kryptoumfeld in den USA überboten sich die Krypto-Auguren mit ihren Preisprognosen für die wichtigste Cyberdevise bis Jahresende: 150’000, 200’000 oder gar 250’000 $? Das Sentiment schien ungebrochen – the sky is the limit.

Rund drei Monate später ist klar: Das Knacken der 100’000-$-Marke markierte das vorläufige Top eines rund anderthalbjährigen Bullenmarktes. Seit Jahresbeginn befindet sich der Bitcoin tendenziell im Korrekturmodus, wobei sich die Marke von 80’000 $ zuletzt als Widerstand erwies. Von seinem Hoch Mitte Dezember ist der Bitcoin knapp 20% entfernt.

Die gedämpfte Stimmung spiegelt sich in den Kapitalflüssen in Kryptoanlagen – einem Indikator, der seit der Zulassung zahlreicher Bitcoin-Spot-ETF in den USA Anfang letzten Jahres deutlich an Aussagekraft gewonnen hat. Im Februar und März verzeichneten Kryptoanlagen fünf Wochen in Folge Abflüsse in Höhe von insgesamt 7,6 Mrd. $, die längste Negativserie seit Einführung der Bitcoin-Spot-ETF. Zuletzt hat sich die Situation etwas beruhigt, seit zwei Wochen fliesst wieder mehr Geld in Kryptoanlagen, als daraus abfliesst – allen voran in Bitcoin.

Donald Trumps Kryptopolitik sorgt für Irritation

Der Bitcoin befindet sich derzeit in einem kritischen Spannungsfeld: Einerseits nährt ein zunehmend kryptofreundliches Umfeld in den USA die Fantasie, dass Krypto – und insbesondere der Bitcoin – die nächste Stufe gesellschaftlicher und institutioneller Akzeptanz erreichen könnte. Andererseits belasten Makrorisiken wie die erratische Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump, die die heimische Wirtschaft schwächt und die Konsumentenstimmung drückt, Risikoanlagen wie den Bitcoin.

Hinzu kommt, dass sich in Trumps kryptofreundlichen Initiativen ebenso wenig ein roter Faden erkennen lässt wie in seiner Zollpolitik. Das zeigt sich exemplarisch an der viel diskutierten Kryptoreserve, die Trump bereits im Rahmen des Wahlkampfs im letzten Sommer ins Spiel brachte. Vor einigen Wochen kündigte er auf der Social-Media-Plattform Truth Social eine staatliche Reserve an, die Krypto-Coins wie Solana, Ripple und Cardano enthalten soll, was im Krypto-Space für Irritation sorgte.

Erst in einer zweiten, kurz danach verschickten Nachricht stellte er klar, dass natürlich («obviously») auch Bitcoin und Ether einbezogen würden. Allein die Tatsache, dass er den Bitcoin mit anderen Coins in einen Topf warf, löste in der Kryptoindustrie heftige Reaktionen aus. Selbst Stimmen jenseits der Bitcoinmaximalisten forderten, dass sich eine Reserve – zumindest zu Beginn – ausschliesslich auf den Bitcoin konzentrieren sollte.

Verdient die Bitcoinreserve ihren Namen?

In der am 6. März von Trump unterzeichneten Executive Order ist schliesslich ausdrücklich von der Bildung einer «strategischen Bitcoinreserve» die Rede, in der die Bestände aufbewahrt werden sollen, die sich etwa durch Beschlagnahmungen bereits im Besitz der US-Regierung befinden. Darüber hinaus sollen im Staatsbesitz befindliche Altcoins – also alternative Kryptowährungen jenseits von Bitcoin – separat verwahrt werden.

Die vielleicht wichtigste Komponente der Anordnung verlangt vom Finanz- und Handelsministerium, Strategien zum Erwerb zusätzlicher staatlicher Bitcoin zu entwickeln, sofern sie budgetneutral – sprich, ohne neue Schulden – umsetzbar sind. Wie ein solches Vorgehen aussehen könnte, bleibt abzuwarten. Im Mai soll Finanzminister Scott Bessent erste Ergebnisse der Beratungen präsentieren. Die Bestände an Altcoins wie Ether und Solana hingegen sollen nicht aufgestockt werden.

Gemäss Daten von Arkham Intelligence haben sich seit 2020 Krypto-Assets im Wert von 17,3 Mrd. $ in der Hand von US-Behörden angesammelt – der Grossteil davon sind Bitcoin (97,5%). Allerdings wurde von den 198’000 Bitcoin mehr als die Hälfte (57%) von Ilya Lichtenstein und Heather Morgan, den verurteilten Hackern der Kryptowährungsbörse Bitfinex, beschlagnahmt. Sie werden voraussichtlich an die Börse zurückgegeben und stehen damit nicht für die geplante Reserve zur Verfügung.

Beschlagnahmte Krypto-Assets der US-Regierung

US-Politik wird kryptofreundlicher

Die Pläne für eine Bitcoinreserve erscheinen insgesamt noch eher vage als konkret – hinzu kommt, dass für eine dauerhafte Reserve der US-Kongress zustimmen muss. «Dass in dem Dekret nicht klarer von zusätzlichen Bitcoinkäufen die Rede war, sorgte für etwas Enttäuschung am Markt», sagt James Butterfill, Research-Chef beim Krypto-Asset-Manager CoinShares. Dennoch sei die Tatsache, dass die wichtigste Regierung der Welt von einer strategischen Bitcoinreserve spreche, von grosser Bedeutung für den Bitcoin.

Unabhängig von einer staatlichen Bitcoinreserve könnte sich das regulatorische Umfeld für Krypto in den USA spürbar verbessern. Darauf deuten allein die Neubesetzungen der Führungspositionen in wichtigen Behörden hin. So hat Trump mit Paul Atkins den Wunschkandidaten der Kryptobranche als Vorsitzenden der US-Börsenaufsicht SEC nominiert – sein Vorgänger Gary Gensler war im Krypto-Space Persona non grata und trat nach dem Wahlsieg Trumps zurück.

Bereits unter ihrem derzeitigen Interims-Chef Mark Uyeda hat die SEC zuletzt mehrere laufende Ermittlungen gegen Akteure des Krypto-Ökosystems eingestellt, so wurden Rechtsstreitigkeiten gegen die Kryptobörsen Coinbase, Binance, Kraken sowie Robinhood, aber auch dezentrale Projekte wie Uniswap fallen gelassen.

Zudem hat der US-Senat einen neuen Unterausschuss gegründet, der sich ausschliesslich mit digitalen Vermögenswerten beschäftigt. Seine Hauptaufgabe: die Schaffung eines klaren und umfassenden rechtlichen Rahmens für Krypto. Vorsitzende ist die Senatorin und Bitcoinbefürworterin Cynthia Lummis.

Der Bitcoin wird erwachsen

Trotz der jüngsten Verschnaufpause beim Bitcoinkurs mehren sich die Anzeichen für eine zunehmende strukturelle Stabilität – nicht zuletzt durch den wachsenden Zulauf institutioneller Investoren. Ein Blick auf die historischen maximalen Drawdowns zeigt, dass die massiven Kursschwankungen seltener und weniger ausgeprägt werden.

In den historischen Zyklen des Bitcoins gab es immer wieder Korrekturen von mehr als 30% als Teil einer gesunden Marktkonsolidierung. Sie spielten eine zentrale Rolle dabei, den langfristigen Aufwärtstrend zu stützen und dem Markt Zeit zur Abkühlung zu geben, bevor eine neue Wachstumsphase einsetzte.

Gemäss einer Analyse des Schweizer Kryptodienstleisters Bitcoin Suisse verlängert sich die Zeitspanne zwischen grösseren Bitcoinkorrekturen zunehmend. Im aktuellen Zyklus blieb ein Rückgang von über 30% erstmals länger als zwei Jahre aus – ein Novum in der bisherigen Historie.

Trotz der jüngsten scharfen Korrektur von 106’000 auf 77’000 $ hat der Bitcoin mit einem Rückgang von 27% diese Schwelle knapp verfehlt. Die Analysten sehen Hinweise auf eine veränderte Volatilitätsdynamik beim Bitcoin, die zunehmend von «starken Händen» geprägt ist – also Investoren, die ihre Positionen auch in Krisenzeiten halten, statt panikartig zu verkaufen. Ihre Schlussfolgerung: Extreme Korrekturen, wie sie in früheren Zyklen auftraten, könnten künftig seltener werden.

Holt der Markt Luft für den nächsten Aufschwung?

Am Ende stellt sich die Gretchenfrage, ob sich beim Bitcoin derzeit ein Einstieg aufdrängt. Gemäss einer Analyse der On-Chain-Datenanalyseplattform Glassnode befindet sich der Markt derzeit in einer Art Verschnaufpause mit vergleichsweise geringem Transaktionsvolumen. Glassnode analysiert sogenannte On-Chain-Daten – dazu zählen unter anderem Blockchain-Transaktionen, Veränderungen der Wallet-Salden sowie Exchange Flows, also die Bewegungen von Coins auf oder von Kryptobörsen.

Laut den Autoren ist der Nachfragedruck derzeit weiterhin gering. Sie quantifizieren dies anhand des Volumens realisierter Gewinne und Verluste – ein Indikator, der zuletzt eingebrochen ist. Ende Dezember – während des Bitcoinallzeithochs – lag das tägliche Volumen bei 3,4 Mrd. $. Zuletzt betrug es nur noch 508 Mio. $. Dieses Niveau erinnere, so die Autoren, an die Akkumulationsphase im Jahr 2024, als sich der Bitcoin zwischen 50’000 und 70’000 $ bewegte.

Auffällig sei dabei, dass sämtliche realisierten Verluste derzeit von Kurzfristinvestoren stammten – also von Anlegern, die zu entsprechend höheren Preisen eingestiegen waren. Die realisierten Gewinne hingegen gehen mehrheitlich auf das Konto von langfristigen Investoren. «Das Verhältnis dieser beiden Kräfte bewegt sich derzeit in einer neutralen Zone», so Glassnode. Heisst: Keine der beiden Seiten dominiert das Marktgeschehen.

Vor diesem Hintergrund würde es nicht überraschen, wenn wir beim Bitcoin eine Phase vergleichsweise geringer Kursbewegungen vor uns haben – es sei denn, kurzfristige Auslöser sorgen für neue Impulse.

Mögliche Treiber für einen Aufschwung

Was sind kurzfristige Treiber, die den Kurs beflügeln könnten? CoinShares-Analyst Butterfill hat hier das Fed im Auge. «Sollte die US-Notenbank mit Zinssenkungen überraschen, wäre das ein möglicher Trigger für steigende Kurse.» Zudem könnten konkretere Angaben zum regulatorischen Rahmen für Krypto in den USA, die für Juli erwartet werden, für ein positives Sentiment sorgen. Aber auch kryptofreundlichere Gesetzgebung in weiteren Ländern – bis hin zur Einrichtung strategischer Reserven – sollte man im Auge haben. Butterfill denkt dabei vor allem an Japan, den Nahen Osten und generell an Schwellenländer.

Gemäss ihm könnte der Bitcoin – obwohl oft als Risiko-Asset betrachtet – auch von einem Worst-Case-Szenario für Aktien profitieren: einer Stagflation in den USA. Gemeint ist eine Phase erhöhter Inflation bei gleichzeitig stagnierendem Wirtschaftswachstum – angesichts von Trumps Zollpolitik ein Szenario, das nicht mehr völlig ausgeschlossen scheint. «Eine solche Situation würde das Narrativ stärken, dass der US-Notenbank Fed die Mittel fehlen, um geldpolitisch wirksam gegenzusteuern.» Viele würden dies als Hinweis deuten, dass Fiatgeld gegenüber hartem Geld wie dem Bitcoin strukturell im Nachteil ist.

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