Donnerstag, Mai 22

Mit einer Zeremonie hätte der neue, 5000 Tonnen schwere Zerstörer eingeweiht werden sollen. Doch das Schiff kentert vor den Augen des nordkoreanischen Diktators. Dieser spricht von einem «kriminellen Akt» – und entscheidet sich, die Weltöffentlichkeit zu informieren.

Es sollte ein Triumph werden, doch es endete im Desaster. Bei der Jungfernfahrt in der östlichen Hafenstadt Chongjin kenterte am Mittwoch ein neuer Grosszerstörer Nordkoreas – vor den Augen des Machthabers Kim Jong Un. Das 5000 Tonnen schwere Schiff der Klasse Choe Hyon liege seitlich im Wasser und sei am Boden beschädigt, meldete die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA.

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Kim: «Würde und Selbstachtung» Nordkoreas am Boden

Der nordkoreanische Machthaber versuchte nicht, den Unfall unter den Teppich zu kehren. Er liess die Öffentlichkeit informieren, wohl, um Gerüchten zuvorzukommen. Das erlaubt es ihm auch, Schuldzuweisungen zu steuern. Kim Jong Un habe zugeschaut, als der Zerstörer vom Stapel gelaufen, der Bug hängen geblieben und das Schiff schräg gekippt sei, schrieb KCNA. Das Bugfahrwerk habe versagt, Grund dafür seien Unerfahrenheit und Unachtsamkeit des beteiligten Personals sowie «unwissenschaftliche Methoden».

Kim nannte das Debakel «kriminell». Er drohte den Verantwortlichen von Werftmitarbeitern bis zu Wissenschaftern mit harten Konsequenzen. Kim rügte auch die beteiligten Institutionen. «Die Würde und die Selbstachtung unseres Staates sind in sich zusammengefallen», soll Kim laut KCNA gesagt haben. Er forderte, dass das Schiff bis zu einer wichtigen Plenartagung des Zentralkomitees von Nordkoreas Kommunistischer Partei im Juni repariert werde.

Üblicherweise werden Kriegsschiffe auf einer Art Rutsche ins Wasser gelassen. Dafür muss der Quai erhöht liegen. Die auf Nordkorea spezialisierte Internetplattform 38 North schrieb Mitte Mai, dass der Hafen, in dem der neue Zerstörer gebaut wurde, zu flach sei. Sie stützte sich dabei auf eine Analyse von Satellitenbildern. Deshalb werde das Schiff mit grosser Wahrscheinlichkeit seitwärts ins Wasser gelassen. Diese Methode wurde in Nordkorea bisher noch nicht beobachtet.

Möglicherweise wagten die Nordkoreaner dann aber doch keinen Seitenstart, sondern versuchten, das Schiff trotz der fehlenden Neigung auf einem Fahrwerk ins Wasser zu lassen.

Nordkorea will seine Marine modernisieren

Kim Jong Un will eine grössere und modernere Marine. Ende 2024 hatte er neue U-Boote und Kriegsschiffe angekündigt, ein Ziel, das er seit Jahren verfolgt. Im März veröffentlichte die staatliche Nachrichtenagentur Fotos, die Kim Jong Un vor einem grossen, noch unfertigen U-Boot zeigten. Es sei atombetrieben und könne Atomraketen abfeuern, schrieb die Nachrichtenagentur KCNA. Bereits im April lief das erste neue Kriegsschiff der Klasse Choe Hyon erfolgreich vom Stapel, im Hafen von Nampo.

Das Schiff der Choe-Hyon-Klasse ist das grösste bekannte Kriegsschiff des Landes, es ist zirka 145 Meter lang. Es ist mit einer breiten Palette von Waffensystemen ausgestattet, vermutlich auch mit ballistischen Raketen und nuklearfähigen Waffen. Strategisch ist die Choe-Hyon-Klasse von grosser Bedeutung. Nordkorea will damit eine regionale Seemacht werden.

Nordkorea hat bereits eine der grössten Marinen der Welt. Es wird geschätzt, dass das abgeschottete Land um die 60 000 Marinesoldaten hat, etwa 800 Schiffe und 60 bis 80 U-Boote. Doch die Schiffe sind grösstenteils klein und veraltet, auch die U-Boote sind veraltet, sie sind meist elektrisch angetrieben und klein.

Experten bezweifeln, dass Nordkorea seine Marine stark modernisieren kann, das Land ist wirtschaftlich schwach, es mangelt an Ressourcen. Doch es ist möglich, dass Nordkorea beim Bau der neuen Kriegsschiffe und des Atom-U-Boots Hilfe aus Russland erhalten hat. Nordkorea unterstützt Russland im Krieg gegen die Ukraine mit Waffen, Munition und Soldaten.

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