Donnerstag, Oktober 10

Die schlechten Nachrichten beim amerikanischen Flugzeughersteller wollen nicht enden: Ein ehemaliger Mitarbeiter wirft dem Unternehmen Mängel in der Produktion des Langstreckenflugzeuges vor. Boeing weist die Anschuldigungen zurück.

Bei Boeing will einfach keine Ruhe einkehren. Erneut muss sich der amerikanische Flugzeughersteller mit Vorwürfen eines Whistleblowers bezüglich der Qualitätsaufsicht beschäftigen. Der ehemalige Boeing-Ingenieur Sam Salehpour wirft dem Unternehmen vor, dass einige Maschinen des Modells 787 Dreamliner eine verkürzte Lebensdauer hätten. Dies sei darauf zurückzuführen, dass sich der Hersteller in der Produktion des Flugzeuges technische «Abkürzungen» erlaubt habe, um den Prozess zu beschleunigen.

Konkret geht es um Änderungen bei der Montage des Dreamliners, wie Salehpour in Gesprächen mit der «New York Times» erklärte. Der Rumpf des Flugzeuges bestehe aus vielen grossen Teilen, die von verschiedenen Produzenten angefertigt würden. Das könne dazu führen, dass die Flugzeugteile nicht immer die exakt gleiche Form hätten und bei der Zusammensetzung Lücken entstünden.

Um diese unerwünschten Lücken zu schliessen, setzt Boeing laut Salehpour vor allem auf Kraft. Dabei werde jedoch der Verbundwerkstoff verformt, der die einzelnen Teile zusammenhalte. Dadurch träten rascher Ermüdungserscheinungen auf, und das Flugzeug könne im Extremfall auseinanderbrechen.

Amerikanischer Senat plant eine Anhörung zu den Vorwürfen

Boeing streitet die Vorwürfe des ehemaligen Mitarbeiters ab. Das Unternehmen gab zwar zu, dass es Änderungen in der Montage des Dreamliners vorgenommen habe, versicherte aber, dass diese umfassend getestet worden seien. Dabei seien keine Auswirkungen auf die Langlebigkeit des Flugzeuges festgestellt worden. Auch die amerikanische Luftfahrtbehörde FAA habe die Vorwürfe bereits untersucht, sagte ein Boeing-Sprecher. «Wir haben volles Vertrauen in unsere Flugzeugflotte.»

Trotz der abgeschlossenen FAA-Untersuchung haben die Vorwürfe in den USA eine öffentliche Debatte über die Qualitätsaufsicht von Boeing losgetreten. Mitte der nächsten Woche will sich der amerikanische Senat mit dem Fall beschäftigen. Er plant eine Anhörung mit dem ehemaligen Boeing-Ingenieur Sam Salehpour als Zeugen. Auch der Konzernchef David Calhoun soll vorgeladen werden. Boeing erklärte sich bereit dazu, im Senat über weitere Schritte zu beraten und Unterlagen sowie Stellungnahmen beizusteuern.

Vorwürfe passen zu katastrophaler Boeing-Vergangenheit

Der 787 Dreamliner wurde im Jahr 2011 zum ersten Mal ausgeliefert. Das treibstoffeffiziente Langstreckenflugzeug brachte Boeing viele Aufträge ein, sorgte aber auch für Kopfzerbrechen. Vor allem der Mitte März verstorbene Whistleblower John Barnett wies immer wieder öffentlich auf Qualitäts- und Sicherheitsmängel des Flugzeuges hin. Wegen Batterieproblemen erteilte die FAA dem Dreamliner im Jahr 2013 gar ein dreimonatiges Flugverbot.

Auch mit anderen Flugzeugmodellen scheint sich Boeing im Moment schwerzutun. So sorgte am 5. Januar ein Vorfall mit einer Boeing 737-9 Max der Alaska Airlines für Schlagzeilen. Das Flugzeug verlor mitten im Flug ein Kabinenteil. Abgesehen von leichten Verletzungen kamen die 170 Insassen der Maschine mit dem Schrecken davon. Durch einen Zufall waren die beiden Sitze direkt vor dem Loch im Rumpf unbesetzt, und das Flugzeug konnte ohne weitere Schäden notlanden. Erste Ermittlungen gehen von einem fehlenden Befestigungsbolzen aus.

Weniger glimpflich endeten zwei Vorfälle in den Jahren 2018 und 2019. Beim Absturz zweier Boeing 737, des Vorgängermodells der 737 Max, starben 346 Menschen.

Boeing hatte Ende März die Konsequenzen aus der katastrophalen Pannenserie gezogen. Der Flugzeughersteller kündigte an, dass der Konzernchef David Calhoun sowie zwei weitere Topmanager das Unternehmen verlassen werden.

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