Sonntag, April 13

Der Handelskrieg führte an den Aktienmärkten zu historischen Verwerfungen. Auf lange Frist aber spielt die tägliche Hektik der Börse kaum eine Rolle für den Anleger.

«Die Aktienbörsen sind im Wesentlichen von Psychopathen bevölkert.» Der Ausspruch des früheren deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt hat sich in den letzten Tagen – vermeintlich – bestätigt: Nachdem US-Präsident Donald Trump seinen Zollhammer präsentiert hatte, lösten sich innert Tagen Börsenwerte in Billionenhöhe in Luft auf.

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Tatsächlich kann man den Investoren vorwerfen, dass sie im Vorfeld des Handelskrieges zu arglos oder naiv agiert hatten. Umso heftiger fiel danach die Reaktion aus. Der Index S&P 500 verzeichnete vier Tage in Folge eine Kursschwankung von über 5 Prozent. Eine solche Serie ereignete sich davor erst dreimal: beim Börsencrash 1987, beim Kollaps der Bank Lehman Brothers 2008 sowie beim Ausbruch der Pandemie 2020. Auch der Kurssprung nach oben, als Trump am Mittwoch die Zölle aussetzte, fiel mit 9,5 Prozent historisch aus: Es war der grösste Tagesgewinn seit 2008.

Die Kurse sind noch immer höher als Anfang 2024

Trotzdem sind diese krassen Ausschläge kein Werk von Psychopathen. Denn die Finanzmärkte bewerten die Wahrscheinlichkeit von Szenarien: Die Gefahr einer Weltwirtschaftskrise war zeitweise sehr real. Setzt man das Börsenbeben allerdings in einen grösseren Kontext, so verliert es einiges von seinem Schrecken. Selbst auf seinem Tiefpunkt lag der S&P 500 noch immer höher als im Januar 2024.

Angenommen, ein Anleger wäre erst beim letzten Rekordstand Mitte Februar 2025 eingestiegen, so hätte er bis zum Tiefpunkt am Mittwoch einen Buchverlust von 21 Prozent erlitten. Ein solches Minus ist immer noch geringer als jenes im Jahr 2022, als die Kurse wegen der Furcht vor einer harten Konjunkturlandung einbrachen. Während der Covid-Pandemie erreichte der maximale Verlust gar 34 Prozent.

Die mittlere Tagesrendite beträgt nur gerade 0,03 Prozent

Als Anleger darf man sich daher nicht von der täglichen Hektik an der Börse anstecken lassen. Stattdessen empfehlen wir in solch düsteren Momenten, tief durchzuatmen und sich in Geduld zu üben. Dass sich dieses Vorgehen auszahlt, bestätigt auch die Statistik: Wer Tag für Tag die Entwicklung seines Portfolios kontrolliert, wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 48 Prozent feststellen, dass diese bis am Abend negativ ausfällt. Wer einen Monat wartet, wird nur noch in 44 Prozent der Fälle einen Verlust registrieren. Auf Jahresfrist fällt dieses Risiko noch weiter auf 33 Prozent.

Das ist schon einmal beruhigend. Trotzdem gibt es an der Börse zwischendurch Phasen, in denen die Durststrecke länger dauert. Die Wahrscheinlichkeit, dass man nach zehn Jahren einen Profit erzielt hat, liegt bedauerlicherweise nicht bei 100 Prozent, sondern lediglich bei 91 Prozent. Ein Trost ist allerdings, dass der Anleger für das eingegangene Risiko auf lange Frist eine ansehnliche Belohnung erhält.

Wer beispielsweise im Jahr 1970 1000 Dollar in amerikanische Aktien investierte, konnte dieses Vermögen inzwischen auf über 30000 Dollar steigern. Das wirkt im Rückblick spektakulär. Im Tagesdurchschnitt jedoch betrug die Rendite gerade einmal 0,03 Prozent. Auch wenn es an der Börse manchmal heftige Ausschläge gibt wie jetzt gerade: Im Normalfall sind Aktien – zum Glück – eine langweilige Angelegenheit.

Ein Artikel aus der «»

Exit mobile version