Dienstag, Oktober 8

Nach dem Sinken des Segelboots «Bayesian» bei Palermo stellten manche Medien obsessiv einen Zusammenhang mit der globalen Erwärmung her. Damit werden sie ihrer Aufgabe nicht gerecht, sie predigen nur zu den Bekehrten.

Am 19. August ereignete sich im Meer vor Sizilien eine Tragödie. Unweit von Palermo sank in einem Unwetter das luxuriös ausgestattete Segelboot «Bayesian». Sieben Personen kamen ums Leben, unter ihnen Mike Lynch, ein britischer Tech-Milliardär.

Journalisten haben in so einem Fall die Aufgabe, nach den Ursachen zu fragen: Warum konnte der Wind das Segelboot umkippen, und warum drang so rasch Wasser ein? Gab es einen Konstruktionsfehler? Warum konnten einige Passagiere nicht rechtzeitig von Bord gehen? Und vor allem: Wieso in aller Welt wappnete die Besatzung das Boot nicht rechtzeitig für das heraufziehende Unwetter?

Diese Fragen wurden auch tatsächlich in den Tagen nach dem Unglück gestellt. Manchen Medien reichte das aber nicht. Weil das Mittelmeer dieses Jahr besonders warm ist, stellten sie flugs einen Zusammenhang mit dem Klimawandel her.

«Laut Experten hat die Klimakrise den Sturm verstärkt, der die Jacht in Sizilien zum Sinken gebracht hat» betitelte die britische Tageszeitung «The Guardian» einen Artikel. «Der Superjacht-Hotspot für die Superreichen heizt sich auf – und wird immer gefährlicher», hiess es bei CNN. Auch das Magazin «Der Spiegel» liess es sich nicht nehmen, nach der Rolle des Klimawandels zu fragen: «Ist der Klimawandel Ursache des Jachtunglücks vor Porticello?»

Welche Rolle die Erderwärmung spielte, ist hier zweitrangig

Gewiss: Es ist möglich, dass es wegen des Klimawandels häufiger Gewitter im Mittelmeerraum gibt oder dass zumindest deren Intensität verstärkt wird. Warmes Wasser zählt schliesslich zu den Grundvoraussetzungen für Gewitter und damit auch für die Windböen, die dabei auftreten können. Wissenschafter äussern sich dabei aber oft noch etwas schwammig – auch deshalb, weil sich diese Entwicklung nur langsam in den Messungen abzeichnet. Doch all das ist hier gar nicht der Punkt.

Selbst wenn sich Bedingungen, unter denen Gewitter mit heftigen Winden auftreten, tatsächlich häufen würden, ist diese Entwicklung und der mutmassliche Einfluss des Klimawandels in den ersten Tagen nach so einem Unglück schlicht irrelevant. Denn die Besatzung eines Segelboots ist grundsätzlich verpflichtet, sich auf wechselnde Wetterbedingungen einzustellen – das gilt ja auch dann, wenn das Boot in eine besonders stürmische Region fährt.

Wettervorhersagen sind im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte immer genauer und verlässlicher geworden. Wer sich über ein heraufziehendes Gewitter informieren will, dem stehen heutzutage neben Computersimulationen auch Radar- und Satellitenbilder zur Verfügung. Die nötigen Hilfsmittel sind also alle parat. Man muss sie nur nutzen.

Es hätte gelingen müssen, das Boot zu sichern

Das Gerede, die Gruppe auf dem Boot sei von dem Unwetter überrascht worden, ist schlicht Unfug. Auf dem Segelboot, das neben der «Bayesian» dümpelte, gelang es ja durchaus, das Gewitter sicher zu überstehen. Bei einer Superjacht wie der «Bayesian» hätte das ebenfalls gelingen müssen, sofern es keinen Konstruktionsfehler, keinen technischen Defekt oder nicht gar Sabotage gegeben hat.

Dass Medien wie der «Guardian» sich so obsessiv auf den vermeintlichen Zusammenhang mit dem Klimawandel stürzen, hat einen einfachen Grund: Diese Journalisten möchten keine Gelegenheit auslassen, um den Ernst der klimatischen Lage zu verdeutlichen. Wer aber von dieser Mission gleichsam religiös beseelt ist, dem verrutschen irgendwann die Massstäbe.

Die Mehrheit der Bevölkerung, ob in Mitteleuropa, Grossbritannien oder den USA, ist längt überzeugt, dass der Klimawandel real ist und uns noch vor grosse Probleme stellen wird. Doch selbst Wohlmeinende reagieren inzwischen völlig genervt, wenn der Klimawandel permanent für alle Übel der Welt verantwortlich gemacht wird – von Krankheiten über Kriege, Quallen, Heuschnupfen bis hin zum Untergang von Segelbooten.

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