Sportler sorgen sich wegen der möglichen Folgen extremer Hitze. Auch Swiss Olympic beschäftigt das Thema. Der Verband stellt für die Athleten im olympischen Dorf Eisbäder auf.
Die Spiele in Paris sollen «die grünste Olympiade der Geschichte» werden. Das kündigte die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo im Vorfeld der Spiele an, die am Freitag beginnen. Das olympische Dorf im Pariser Vorort Saint-Denis ist dabei das Vorzeigeprojekt. Es verfügt über ein Kühlsystem, das kaltes Wasser aus dem Boden durch im Fussboden verlegte Rohre pumpt. Im Zusammenspiel mit einer speziellen Isolierung soll es im Innern mindestens sechs Grad kühler sein als draussen.
«Dieses Dorf wurde so konzipiert, dass es selbst bei sehr, sehr hohen Temperaturen keine Klimaanlage braucht», sagte die Bürgermeisterin Hidalgo im März.
Der Temperaturregulierung kommt während der Sommerspiele in Paris grosse Bedeutung zu. Ein kühles Zimmer ist für die Vorbereitung auf einen Wettkampf und die Erholung danach wichtig. Ein von Athleten und Wissenschaftern verfasster Bericht warnt vor den Gefahren extremer Hitze für die Teilnehmenden. Im Bericht wird auf die Olympischen Spiele in Tokio im Sommer 2021 verwiesen. Diese gelten als die heissesten in der Geschichte der Spiele. Athletinnen und Athleten wurden an der Ziellinie ohnmächtig, mussten sich übergeben oder mit Rollstühlen aus der brennenden Sonne gebracht werden.
Im Bericht kommt auch die Schweizer Sprinterin Ajla Del Ponte zu Wort, die die Spiele in Paris wegen einer Verletzung verpassen wird. Sie beschreibt, wie ihr Nervensystem während eines Wettkampfs in Neapel 2019 unter grosser Hitze «frittiert» worden sei. Zwei Monate lang sei sie müde und energielos gewesen. «Es fühlt sich an, als hättest du Ketten an Knöcheln und Handgelenken, die jede deiner Bewegungen verlangsamen», wird Del Ponte im Bericht zitiert.
Amerikaner wollen Klimaanlagen
Nicht alle Länder vertrauten daher auf die Aussagen, wonach es in den Athleten-Unterkünften keine Klimaanlage brauche. Und kündigten an, selbst Klimaanlagen mitzubringen. Allen voran die Vereinigten Staaten.
«Klimaanlagen spielen eine entscheidende Rolle für die Leistungsfähigkeit der Athleten», sagte Sarah Hirshland, Chefin des Amerikanischen Olympischen und Paralympischen Komitees an einer Pressekonferenz im Juni. Man habe zwar grossen Respekt für das Pariser Organisationskomitee und seine Nachhaltigkeitsziele, doch man werde Klimaanlagen in den Zimmern installieren.
Auch Australien kündigte an, selbst Klimaanlagen zu organisieren. «Es sind Hochleistungsspiele. Wir gehen nicht zum Picknick», sagte Matt Carroll, Chef des Australischen Olympischen Komitees, schon Anfang Jahr zu Reportern.
Weiter haben auch Kanada, Grossbritannien, Griechenland, Italien, Dänemark und Deutschland laut einem Bericht der «Washington Post» angekündigt, im olympischen Dorf in Paris Klimaanlagen für ihre Athletinnen und Athleten zu installieren.
Swiss Olympic sagt auf Anfrage, dass es zurzeit keine Pläne gebe, Zimmer mit Klimaanlagen auszurüsten. «Wir vertrauen den Verantwortlichen, dass das olympische Dorf so gebaut ist, dass die Zimmer ohne Klimaanlagen auskommen», sagt der Sprecher Alexander Wäfler. Das habe sich vor Ort an heissen Tagen auch so bewahrheitet. Man sei jedoch bereit, innert kurzer Zeit zu reagieren, sollte der Schlaf oder die Erholung in den Zimmern wegen langanhaltender Hitze beeinträchtigt sein.
Eisbäder für Schweizer Sportler
Auf hohe Temperaturen bei den Spielen in Paris hat sich Swiss Olympic vorbereitet. Die Athletinnen und Athleten wurden vom medizinischen Team über den Umgang mit Hitze informiert. «Neben verschiedensten Massnahmen, welche sportartspezifisch umgesetzt werden, betreiben wir im olympischen Dorf Eisbäder, in denen sich die Athletinnen und Athleten bei Bedarf abkühlen und regenerieren können», sagt Wäfler. Das medizinische Team informiere zudem täglich über die Wetter- und Temperaturaussichten.
Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo, die Paris bis 2025 klimaneutral machen will, reagierte zunächst gelassen auf die Bedenken der Länder bezüglich Klimaanlagen. Sie habe zwar grossen Respekt vor dem Komfort der Athleten, aber «vor allem das Überleben der Menschheit im Blick», sagte sie letztes Jahr zu France Info.
Inzwischen haben die Organisatoren jedoch eine Kehrtwende gemacht. Es seien 2500 Klimaanlagen bestellt worden, gab Augustin Tran Van Chau, der Direktor des olympischen Dorfes, Anfang Juli bekannt. Das ist auch ein Schritt hin zu mehr Fairness an den Spielen. Nicht alle Delegationen verfügen über genügend Mittel, um Klimaanlagen für ihre Athleten zu beschaffen.
Nur zwei neu gebaute Veranstaltungsorte
Trotz den nun dazugekommenen Klimaanlagen bleibt der Nachhaltigkeitsgedanke beim olympischen Dorf bestehen. Die für die – Olympischen und Paralympischen – Spiele gebauten 40 Gebäude mit 7000 Zimmern bleiben erhalten. Nach den Veranstaltungen sollen sie in Wohnungen für 6000 Personen umgebaut werden – ohne Klimaanlagen.
Auch die übrige bei der Olympiade verwendete Infrastruktur soll möglichst nachhaltig sein. So wurden nur zwei neue permanente Veranstaltungsorte errichtet. Alle anderen werden nach den Spielen wieder abgerissen, oder es handelt sich um bereits bestehende Hallen oder Stadien, die renoviert wurden.
Das Essen, das im Athleten-Dorf und an den Veranstaltungsorten serviert wird, besteht laut Organisatoren möglichst aus regionalen Produkten. Der Anteil vegetarischer Menus soll zudem erhöht werden. An dem Ort, an dem die Skateboard- und BMX-Wettkämpfe ausgetragen werden, gibt es sogar nur vegetarische Menus.