Freitag, Oktober 18

In der Stadt regt sich zunehmend Widerstand gegen die Durchführung des wichtigsten Segelwettbewerbs. Wo findet der nächste America’s Cup statt?

Zwei Fehler der Neuseeländer in der Startbox haben England am Mittwoch die ersten zwei Siege im Duell um den 37. America’s Cup beschert. Die Briten kamen mit dem unruhigen Seegang besser zurecht. Bei erneut leichten Winden fiel das Boot der Kiwis in der ersten Regatta von den Foils, womit die Engländer erstmals seit neunzig Jahren wieder ein Cup-Rennen gewannen.

Und im zweiten Rennen vergab das Team New Zealand seine gute Ausgangslage kurz nach dem Start durch einen kleinen Fehler; Ineos Britannia gab die Führung trotz dem starken Druck der Neuseeländer bis ins Ziel nicht mehr preis. Im Duell um die bedeutendste Segeltrophäe steht es somit nur noch 4:2 für die Kiwis; die nächsten zwei Regatten finden am Freitag statt.

Mit dem Finalduell Neuseeland gegen England hat sich auch das Bild der Supporter im Hafen von Barcelona verändert. Bis vor kurzem dominierten zu Hunderten die Tifosi das Cup-Village und den Strand, wo grosse Bildschirme aufgestellt sind.

Nach dem Ausscheiden des italienischen Teams Luna Rossa sind es nun viele Neuseeländer und Briten, die im Hafen den America’s Cup zelebrieren. Die Live-Übertragungen sind gut besucht. Wie viele Neuseeländer die weite Reise nach Europa unternommen haben, ist schwierig zu beziffern. Als gesichert gilt aber, dass vom Royal New Zealand Yacht Squadron, dem Segelklub, der offiziell der Cup-Holder ist, 640 Supporter nach Barcelona gekommen sind.

Der Protest der Cup-Gegner wird lauter

Am Sonntag mussten die Segel-Fans im Hafenviertel allerdings miterleben, dass sie nicht überall willkommen sind. Rund 2000 Leute protestierten gegen den America’s Cup; organisiert von der Plattform «No to the America’s Cup» stand der Protest unter dem Motto «America’s Cup never again». Er richtete sich gegen die Auswirkungen des Segelwettbewerbs auf die Umwelt, die steigenden Mieten in der Stadt wegen des Anlasses und die mangelnde Transparenz bei der Vergabe öffentlicher Gelder für die Cup-Organisation in Barcelona.

Bereits vor der Durchführung des America’s Cup gab es in der Stadt Demonstrationen und Kritik an der Verwendung öffentlicher Gelder für die Veranstaltung. Ein Netzwerk von Bürgerinitiativen forderte eine Untersuchung – es stützt sich auf einen ausführlichen Bericht des katalanischen Monatsmagazins «Directa», das «Missstände und Ungerechtigkeiten aufdecken und Alternativen fördern» will.

Der Report schätzt die vom Veranstalter vorhergesagten Besucherzahlen als viel zu hoch ein. Aus Schweizer Sicht ist interessant, was über Valencia im Bericht steht: Eine Sprecherin des Stadtrats lehnte eine Anfrage von Grant Dalton, dem CEO des Defenders Neuseeland, ab, den Cup in Valencia auszutragen. Sie begründete die Ablehnung damit, dass «öffentliche Gelder nicht dafür verwendet werden sollten, dass ein privates Unternehmen profitiert». Auch die Ausgaben für den America’s Cup 2007 und 2010 (von Alinghi organisiert) seien «für die Stadt ein Fiasko» gewesen.

Barcelona soll den Neuseeländern rund siebzig Millionen für die Wahl ihrer Stadt überwiesen haben. An den Kosten für die Infrastruktur und die Organisation beteiligten sich auch private Unternehmer mit Millionenbeträgen. Allen voran der Konzern Puig, der unter anderem den Women’s und Youth America’s Cup organisiert hat. Daniel Puig vom Unternehmen erklärte gegenüber neuseeländischen Medien, dass historische Gebäude restauriert und der Port Olympic neu gestaltet worden seien. Und Mateu Hernández, der CEO von Barcelonas Tourismusbehörde, wies darauf hin, dass der America’s Cup ein Publikumsmagnet sei und die Gelegenheit biete, Menschen anzuziehen, «die das Segeln und das Meer lieben».

Ein Grossteil von Barcelonas Bevölkerung nimmt allerdings kaum Notiz vom Cup. Die Stadt ist zu gross, der Hafen zu weitläufig, als dass eine Stimmung wie einst in Valencia erzeugt werden könnte. Vor allem vor dem eigentlichen America’s Cup war der Wettbewerb ein Insider-Event. Viele der Besucher waren zufällig im Hafen und wussten gar nichts vom Anlass.

Wo findet der nächste America’s Cup statt?

Unabhängig von den Auswirkungen des America’s Cup auf die Stadt leidet Barcelona seit Jahren unter dem Massentourismus. Nicht die zusätzlichen Cup-Besucher dürften das grösste Problem sein, sondern die Tausende Touristen, die die Stadt täglich besuchen. Das verdeutlichen die fast immer verstopfte Ramblas-Promenade und die Kreuzfahrtschiffe, die täglich an der langen Quaimauer anlegen.

Anfang Juli demonstrierten rund 3000 Bewohner gegen die Auswirkungen der Touristenströme und forderten bestimmte «Grenzen des Tourismus». Im vergangenen Jahr zählte die katalanische Stadt über zwölf Millionen Touristen. Die Behörden planen, ab 2029 alle Kurzzeit-Vermietungen zu verbieten und die entsprechenden Lizenzen nicht mehr zu erneuern.

Fraglich ist, ob Neuseeland im Falle einer erfolgreichen Verteidigung den America’s Cup unter diesen Umständen erneut in Barcelona durchführen kann. Zwar entspricht das einem Wunsch von Dalton. Doch der CEO des Team New Zealand nannte in neuseeländischen Medien auch Länder des Nahen Ostens als mögliche Veranstaltungsorte.

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