Eigentlich gelten buddhistische Mönche als loyal gegenüber dem Militär. Der opferreiche Luftangriff auf ein Kloster im Zentrum des Landes zeigt, dass diese Gewissheit ins Wanken gerät.
Myanmars Militär terrorisiert weiter das eigene Volk. Am Donnerstagmorgen griff ein Kampfflugzeug der Militärjunta ein Kloster in der Region Magwe in Zentralmyanmar an. Es warf mindestens eine Bombe ab. Bis zu zwanzig Menschen kamen ums Leben, dreissig Personen wurden verletzt. Dieser Zeitung zugespielte Bilder zeigen, dass die Leichen zum Teil bis zur Unkenntlichkeit verbrannt sind.
Wenige Stunden vor dem Angriff war das Mobilfunknetz in dem Dorf, in dem sich das Kloster befindet, stillgelegt worden. Eine Drohe hatte die Umgebung ausspioniert, dann erfolgte die Attacke.
Seit dem Putsch des Militärs am 1. Februar 2021 befindet sich Myanmar in einem Bürgerkrieg. Die Uno schätzt, dass landesweit mehr als drei Millionen Menschen auf der Flucht sind. Die tatsächliche Zahl dürfte deutlich höher liegen.
Nicht alle Mönche sind der Junta treu
In den myanmarischen Medien herrscht Rätselraten über die Gründe für den Bombenangriff. Die Deutsche Presse-Agentur (DPA) schreibt mit Verweis auf einen Augenzeugen, dass in dem Kloster zur Zeit der Bombardierung eine Versammlung stattgefunden habe, an der örtliche Verteidigungskräfte, die sich den Putschisten widersetzten, sowie mehrere Dorfvorsteher aus umliegenden Gemeinden teilgenommen hätten.
Es spricht viel für die Version der DPA, denn buddhistische Mönche gelten in der Regel gegenüber dem Militär noch als loyal. Vor allem die nationalistische Strömung fühlt sich durch Säkularisierung, Modernisierung und Demokratie, aber auch durch den Islam bedroht. Deren Angehörige sehen in der Militärjunta einen Verbündeten, weil diese vorgibt, die traditionelle Form des Buddhismus zu bewahren.
Allerdings mehren sich selbst unter den nationalistischen Mönchen nach zahlreichen Niederlagen des Militärs in den vergangenen Monaten die Zweifel, ob der Oberbefehlshaber und selbsternannte Regierungschef Min Aung Hlaing noch der richtige Mann an der Spitze der Armee ist.
Der Angriff auf das Kloster zeigt, wie sich die Strategie der Militärjunta verändert hat. Sie setzt vermehrt auf Luftangriffe, weil es ihr an Bodentruppen fehlt. Laut Schätzungen haben der Armee einst 350 000 Soldaten angehört. Inzwischen sollen es gerade noch 70 000 sein.
In ihrer Not hat die Militärjunta im Februar das Gesetz über den öffentlichen Wehrdienst in Kraft gesetzt, um junge Frauen und Männer in den Krieg zu zwingen. Von der Front werden Berichte überliefert, wonach manche der neuen Soldaten noch keine 16 Jahre alt seien. Die unerfahrenen Kämpfer sollen mit Drogen gefügig gemacht werden.
Unklare Herkunft des Benzins
Die Flugzeuge und Helikopter des Militärs stammen oft aus russischem Bestand. Die Widerstandskämpfer haben diesen Attacken aus der Luft aus Mangel an militärischem Gerät bisher nur wenig entgegenzusetzen. Auf Drohnenaufnahmen ist zu sehen, wie kaltblütig das Militär auch gegen die Zivilbevölkerung vorgeht. Es zerstört ganze Wohnviertel, ohne dass es dafür einen ersichtlichen militärischen Grund gibt. Die Junta bleibt damit ihrer Strategie treu: Sie regiert, indem sie unter ihren Landsleuten Angst und Schrecken verbreitet.
Amerika, die EU und Grossbritannien haben zwar Sanktionen erlassen, um die Lieferung von Flugbenzin nach Myanmar zu unterbinden. Die Luftangriffe zeigen jedoch, dass die Massnahmen bis anhin nicht wirken. Die Crux ist, dass es schwierig geworden ist, die Herkunft und den Lieferweg des Treibstoffs nachzuverfolgen. Die Kunden aus Myanmar kaufen und verkaufen das Flugbenzin immer wieder, um den ursprünglichen Lieferanten des Treibstoffs zu verschleiern.
Thailändische Parlamentarier schätzen, dass ihr Land mindestens 15 Prozent des Ölbedarfs von Myanmar deckt, wobei ein Teil davon für Kampfflugzeuge und Helikopter verwendet wird. Auch Malaysia, Russland, Singapur und Vietnam sollen bei der Versorgung des Militärs mit Treibstoff eine wichtige Rolle spielen.