Mittwoch, Oktober 2

Viele Gartenmöbel wie Spielgeräte oder Pergolen sind im Kanton Zürich illegal erstellt. Ein FDP-Politiker will die rigiden Bauregeln anpassen. Fast alle Parteien unterstützen ihn.

In einem Terminkalender ist nichts so wichtig, wie eine Stunde Musse im Garten einzuplanen. Das Bonmot des früheren deutschen Bundespräsidenten Johannes Rau ist nun, da sich der Sommer doch langsam zeigt, wieder aktuell. Zumindest für alle, die das Privileg haben, Zugang ins Grüne zu haben.

Für viele gehört zum sommerlichen Gartenvergnügen das richtige Mobiliar. Gegen die Hitze hilft eine schattige Pergola. Damit es den Kindern nicht langweilig wird, stehen Spielgeräte wie Schaukeln oder Klettertürme bereit. Auch in vielen Wohnsiedlungen ist das der Fall.

Was manchen nicht bewusst sein dürfte: Viele dieser Gartenbauten sind im Kanton Zürich illegal erstellt. Nach den Zürcher Baubestimmungen sind nämlich lediglich Spielgeräte bis zu einer maximalen Höhe von 2,5 Metern und einer maximalen Fläche von 6 Quadratmetern von einer Melde- und Bewilligungspflicht befreit. Handelsübliche Schaukeln sprengen diesen Rahmen in vielen Fällen.

Die gleichen Masse gelten für Pergolen. Ikea verkauft beispielsweise eine Standard-Pergola mit einer Fläche von 9 Quadratmetern. Wer sich dieses Gartenmöbel für weniger als 300 Franken beschafft, braucht dafür im Kanton Zürich theoretisch eine Baubewilligung.

Aufgefallen ist die doch eher kleinliche Regelung dem FDP-Kantonsrat Simon Vlk aus Uster. Er sagt: «Viele Private, die ein Spielgerät oder eine Pergola installieren, wissen nicht, dass das unter Umständen einer Bewilligung bedarf.» Sie begingen beim Aufstellen unwissentlich eine Rechtswidrigkeit. Dieser Umstand sei «stossend».

Weniger «Kleinkram» für die Behörden

Vlk verweist auf andere Kantone, die in ihren Bauregeln explizite Ausnahmeregelungen für Spielgeräte oder Pergolen erwähnen. In Bern beispielsweise ist eine Pergola bis zu 20 Quadratmeter Fläche möglich, in Appenzell Ausserrhoden eine bis zu 25 Quadratmeter. Andernorts genügen «ortsübliche Gestaltungen», oder man erlaubt kleinere Anlagen wie fest installierte Kinderspielgeräte generell.

Der Kanton Zürich und der zuständige Regierungsrat, der grüne Baudirektor Martin Neukom, könnten sich von diesen Kantonen eine Scheibe abschneiden, findet Vlk. «Wir sehen immer wieder, dass andere Kantone im Baurecht mehr Freiheiten gewähren», sagt er. Zürich sei vielerorts zu rigide.

Vlk hat dies zuletzt schon im Umgang mit Solaranlagen kritisiert. Im Kantonsrat hat er kürzlich einen überparteilichen Vorstoss erfolgreich überwiesen, der eine Vereinfachung des Meldeverfahrens forderte. Heute muss man in Zürich bei den Behörden einen Wust an Unterlagen einreichen, wenn man seine Solaranlage anmelden möchte.

Vlks Auffassung: Wenn sich die Baubehörden in den Gemeinden um weniger «Kleinkram» kümmern müssen, werden nicht nur sie entlastet, sondern auch die Privaten. In Bezug zum Gartenmobiliar sagt er: «Es wäre wünschenswert, wenn die unzähligen Spielgeräte und Pergolen im Kanton durch die Anpassung der Bauverfahrensverordnung nachträglich legalisiert würden.» Alles andere produziere unnötigen Aufwand und hohe Kosten.

Der Freisinnige will nun zwei Vorstösse im Kantonsrat zu dem Thema einreichen. Wie schon bei den Solaranlagen wird er breite Unterstützung erfahren. Neben der FDP teilen SVP, Mitte und EVP seine Anliegen. Bei den kleineren Spielplätzen – nicht jedoch bei den Pergolen – zeigen sich auch die SP und sogar die AL offen.

Ein Tiny House sollte nicht entstehen

Der SVP-Kantonsrat Peter Schick findet, das Bauen müsse in Zürich generell vereinfacht werden. Nicht für jede Kleinigkeit brauche es eine Bewilligung. Dass man wegen eines «Gireizli» praktisch mit einem Fuss im Gefängnis stehe, sei ein «Verhältnisblödsinn».

Die Mitte-Vertreterin Janine Vannaz ist selber Bauvorsteherin in der Gemeinde Aesch. Sie beobachte immer wieder, wie Bauherren und Behörden von Regularien «erschlagen» würden. Andere Kantone seien fortschrittlicher. Den Behörden will sie keine Vorwürfe machen. «Die machen einfach ihren Job.» Es sei die Aufgabe der Politik, die Regeln vernünftiger zu gestalten.

Für Spielgeräte sehe er das auch so, sagt der SP-Kantonsrat Jonas Erni. Als Stadtrat von Wädenswil sitzt er in der lokalen Baukommission und hört immer wieder von Bürgern, die mit den aufwendigen Bewilligungsverfahren zu kämpfen haben. Eine Vereinfachung hält er für vertretbar. «Bedingung ist natürlich, dass die Leute auch wirklich nur Spielgeräte aufstellen im Garten und keine Tiny Houses bauen.»

Darum will Erni bei den Pergolen auch die heutige Regelung beibehalten. Solche Bauten seien zum Teil «massiv» und könnten Nachbarn stören. Anwohner sollen weiterhin die Möglichkeit haben, sich gegen Exzesse zu wehren.

Es ist eine Sorge, die der EVP-Kantonsrat Michael Bänninger nicht teilt. Wenn aus einer Pergola ein kleines Haus entstehe, brauche es dafür weiterhin eine ordentliche Bewilligung, sagt er.

Im geplanten Vorstoss von Vlk ist denn auch klar definiert: Pergolen ohne Bewilligungspflicht dürfen nicht witterungssicher sein; sie sollen lediglich der Beschattung dienen. Zudem sollen sie auf mindestens zwei Seiten offen und nicht grösser als 16 Quadratmeter sein.

Eine Stunde Musse im Garten empfahl der deutsche Bundespräsident. Wenn man diese noch 0hne bange Gedanken an die Baubehörden verbringen kann, dürfte das umso erholsamer sein.

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