Sonntag, Oktober 6

Bei der Sammlung von Unterschriften durch kommerzielle Anbieter hat ein Initiativkomitee Unregelmässigkeiten festgestellt. Nach weiteren Nachforschungen reichte das Komitee Strafanzeige ein.

Die Bundesanwaltschaft ermittelt in mehreren Verfahren wegen des Verdachts auf Wahlfälschung. Im Kern drehen sich die Verfahren um Unregelmässigkeiten bei der kommerziellen Sammlung von Unterschriften für Volksinitiativen. Die Bundesanwaltschaft bestätigte auf Anfrage einen entsprechenden Bericht der Tamedia-Zeitungen.

«Die Verfahren laufen gegen verschiedene natürliche Personen und gegen Unbekannt», sagte eine Sprecherin gegenüber der NZZ. Und weiter: «Im Rahmen der betreffenden Verfahren haben die Bundesanwaltschaft und die Bundespolizei Fedpol verschiedene Zwangsmassnahmen durchgeführt, insbesondere Hausdurchsuchungen und Einvernahmen.» Weitere Angaben machte die Bundesanwaltschaft mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht. Zudem gelte die Unschuldsvermutung.

Bis zu 90 Prozent ungültige Unterschriften

Wie die Tamedia-Zeitungen berichteten, reichte das Komitee hinter der Service-Citoyen-Initiative die Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft ein. Um innert der gesetzten Frist die für eine Volksinitiative nötigen 100 000 Unterschriften zu sammeln, wandte sich das Komitee an das Unternehmen Incop, das gegen Bezahlung Unterschriften beschafft.

Bei der Kontrolle der vom Unternehmen gelieferten Unterschriften habe das Komitee festgestellt, dass ein grosser Teil davon ungültig war. Je nach Gemeinde habe der Anteil bei 35 bis 90 Prozent gelegen. Es tauchten offenbar Adressen auf, die nicht existierten, es unterschrieben Personen, die nicht in der angegebenen Gemeinde lebten, oder Personen tauchten gleich mehrmals mit unterschiedlichen Unterschriften auf, oder das Geburtsdatum stellte sich als erfunden heraus.

Gemeinden in West- und Deutschschweiz betroffen

Das Komitee stellte laut dem Bericht der Tamedia-Zeitungen weitere Nachforschungen an und kontaktierte mehrere Gemeinden in der West- und Deutschschweiz. Diese meldeten, dass sie schon oft ähnliche Erfahrungen gemacht hätten. Am 14. Juni 2023 reichte Service Citoyen bei der Bundesanwaltschaft dann Strafanzeige gegen Incop, deren Geschäftsführer Chef Franck Tessemo und gegen Unbekannt ein, wie es im Bericht weiter heisst. Am 5. März 2024 reichte Service Citoyen zudem eine Strafanzeige gegen Pôle Swiss, einen weiteren kommerziellen Unterschriftensammler, ein. Die Bundesanwaltschaft nannte in ihrer Stellungnahme keine konkreten Namen oder Organisationen.

Besonders verbreitet scheint das Problem in der Westschweiz zu sein. Die Waadtländer Kantonsverwaltung hat laut dem Bericht bereits 2019 und 2022 eine zunehmende Zahl möglicher Betrugsfälle entdeckt und der Bundeskanzlei gemeldet. Rund ein Dutzend Initiativen aus verschiedenen politischen Lagern sei demnach betroffen. Aber auch in der Deutschschweiz stellten Gemeinden eine Häufung von vermutlich fingierten Unterschriften fest.

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