Freitag, Oktober 18

Kurzfristig lässt sich der Finanzhaushalt des Bundes ohne grössere Schmerzen ins Lot bringen, doch ab 2026 oder 2027 wird es anspruchsvoller. Das zeigen die Entscheide und Finanzpläne des Bundesrates vom Mittwoch.

Die Anzahl guter Zwecke ist unbegrenzt, doch die Mittel sind begrenzt. Diese Binsenwahrheit müssen Politiker und Stimmbürger immer wieder neu lernen. Zurzeit ist die Bundeskasse wieder mit enorm hohen Zusatzansprüchen konfrontiert.

So fordert das Parlament zum Beispiel eine Erhöhung der Armeeausgaben bis spätestens 2035 von zuletzt 5,5 Milliarden Franken pro Jahr auf etwa 10,5 Milliarden Franken. Die Bundeszahlungen für die AHV nehmen derweil automatisch zu. Zusammen mit dem Mehrwertsteueranteil dürften die Bundessubvention für die AHV 2033 gegen 19 Milliarden Franken betragen. Das vergleicht sich mit AHV-Subventionen von knapp 7 Milliarden im Jahr 2000. Bei Annahme der Volksinitiative für höhere AHV-Renten kommt ab etwa 2026 jährlich gegen eine weitere Milliarde pro Jahr automatisch hinzu – nebst etwa 4 Milliarden, welche die AHV separat finanzieren müsste.

Bald fehlen 3 bis 4 Milliarden

Und nimmt das Volk im Juni die ebenfalls chancenreiche Initiative für einen starken Ausbau der Verbilligung der Krankenkassenprämien an, kostet dies weitere Milliarden. Ein paar andere «drohende» Zusatzposten sind ebenfalls nicht zu verachten – wie etwa die Wiederaufbauhilfe für die Ukraine, Zusatzgelder für ärmere EU-Regionen im Fall eines neuen Vertrags mit der EU und ein diskutierter Ausbau der Bundessubventionen für Kinderkrippen.

Der Bundesrat hat im Januar warnend darauf hingewiesen, dass ab 2026 selbst ohne die diskutierten Zusatzausgaben jährliche Defizite von über 2 Milliarden Franken zu erwarten seien. Richtig schmerzhaft dürfte es ab 2027 werden, mit dem Auslaufen von vorübergehenden Entlastungen und mit einem Korrekturbedarf von total 3 bis 4 Milliarden Franken pro Jahr.

Die Götterdämmerung kommt jeweils bei der konkreten Debatte über das Jahresbudget. Laut den Regeln der Schuldenbremse darf der Bund im ordentlichen Haushalt für ein durchschnittliches Wirtschaftsjahr kein Defizit budgetieren. Ohne diese Regel lägen die Bundesschulden heute zulasten der Steuerzahler von übermorgen wohl weit über dem gegenwärtigen Niveau.

Der Bundesrat hat im Januar unter dem Druck der Schuldenbremse Vorentscheide zu Budgetkorrekturen für 2025 von total rund 2 Milliarden Franken getroffen. Die Korrekturen wirken aber grossenteils nur kurzfristig, wie Finanzministerin Karin Keller-Sutter am Mittwoch einräumte. Der grösste Korrekturposten war ein reiner Buchhaltertrick – mit der erneuten Klassierung der Kosten für die Ukraine-Flüchtlinge von etwa einer Milliarde Franken als «ausserordentliche» Ausgaben an den ordentlichen Regeln der Schuldenbremse vorbei; nur ein kleiner Teil (150 Millionen Franken) soll als ordentlicher Aufwand verbucht werden. Auch die anderen genannten Korrekturen versprachen laut Bundesrat weitgehende Schmerzfreiheit, obwohl es nicht ohne Aufschrei von Betroffenen ging.

Ausnahme für die Armee

Am Mittwoch hat der Bundesrat nun über den noch verbleibenden Korrekturbedarf für 2025 entschieden. Vorgesehen ist wie schon für 2024 die Rasenmäher-Methode: Die ungebundenen Ausgaben werden über alle Departemente linear im Vergleich zum früheren Finanzplan um 1,4 Prozent gekürzt; das bedeutet typischerweise kein Sinken der Ausgaben, sondern nur eine Reduktion des Ausgabenwachstums. Dies soll Einsparungen von 350 Millionen Franken bringen.

Als «ungebunden» gelten Ausgaben, die ohne Gesetzesrevision rasch veränderbar sind. Rund zwei Drittel der jährlichen Bundesausgaben von zuletzt 80 Milliarden Franken sind stark gebunden, Tendenz steigend. Lobbyisten wollen Bundesausgaben für ihre Hobbys möglichst in Gesetzen oder der Verfassung verankern, damit diese Ausgaben in den jährlichen Budgetprozessen ungefährdet bleiben. Kurzfristige Sparprogramme fokussieren sich deshalb auf das ungebundene Drittel der Ausgaben. Dazu zählen etwa Forschung, Landwirtschaft, Kultur, Entwicklungshilfe, Standortförderung, Verwaltung – und die Armee. Die Armee hat der Bundesrat allerdings angesichts des Ziels des starken Ausbaus von der Rasenmäher-Kürzung ausgenommen.

Mit den Beschlüssen vom Mittwoch ist laut Bundesrat konjunkturbereinigt ein ausgeglichenes Budget 2025 erreicht. Das Prinzip Hoffnung spielt dabei aber mit. So rechnet die Regierung für 2025 erneut mit einer Nationalbank-Ausschüttung des Grundbetrags von rund 670 Millionen Franken – obwohl die Ausschüttungen in den letzten zwei Jahren ausgefallen sind und die Nationalbank zurzeit hohe negative Ausschüttungsreserven ausweist.

Um 2025 nur noch die Grundausschüttung leisten zu können, müsste die Nationalbank heuer einen Jahresgewinn von mindestens 50 Milliarden Franken erreichen – was bei einer Anlagesumme von 800 Milliarden Franken einer Rendite von über 6 Prozent entspräche. Die Wahrscheinlichkeit eines solch hohen Gewinns liegt aus jetziger Sicht deutlich unter 50 Prozent. Doch mit seiner optimistischen Budgetierung erspart sich die Regierung kurzfristig weitere unpopuläre Ausgabenkürzungen.

Nein zu Steuererhöhung

Die unangenehme Diskussion über den Korrekturbedarf für 2026 und 2027 soll aber demnächst ernsthaft anlaufen. Der Bundesrat spricht von einer «grundlegenden Überprüfung der Aufgaben und Subventionen». Das Finanzdepartement muss bis spätestens Ende März ein Konzept vorlegen. Finanzministerin Karin Keller-Sutter sprach sich am Mittwoch gegen Steuererhöhungen aus: Der Bund habe kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem, und in der Regel brächten Steuererhöhungen keine nachhaltigen Lösungen, sondern vor allem eine Zunahme der Begehrlichkeiten. Doch ob eine Korrektur von mehreren Milliarden Franken ohne Steuererhöhung mehrheitsfähig sein wird, steht in den Sternen.

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