Eigentlich sollten Martin Pfister und Markus Ritter am Samstag erstmals öffentlich miteinander diskutieren. Dann fand das Hearing nur intern statt. Doch vor dem Apéro redeten sie doch noch.
Markus Ritter und Martin Pfister: Geht es nach der Jungen Mitte, sind «beide kompetent». Doch Bundesrat kann trotzdem nur einer werden.
Das erste Hearing vor der Bundesratswahl hätte für die Junge Mitte eigentlich eine erfolgreiche PR-Aktion werden sollen. Für sich selbst, die Mutterpartei und die beiden Bundesratskandidaten Markus Ritter und Martin Pfister. Am Ende wurde es eine Gelegenheit zur Selbstvergewisserung.
Die Plätze für das Hearing waren bald ausverkauft, und die Partei hatte bereits Medien aus dem ganzen Land eingeladen. Doch am Tag vor der Veranstaltung musste sie die Presse wieder ausschliessen. Auf Wunsch von Markus Ritter und Martin Pfister. Nur vor und nach der Veranstaltung standen sie für Fragen zur Verfügung.
Die beiden Kandidaten haben in den vergangenen Tagen allein durch ihre Kommunikationsstrategie gezeigt, wie sehr sich ihre Persönlichkeiten unterscheiden. Markus Ritter äusserte sich im Stundenrhythmus. Martin Pfister zeigte sich in Baar den Medien, gab später noch ausgewählte Interviews und tauchte dann wieder ab.
Was Ritter übertrieb, liess Pfister vermissen. Vielleicht haben sie sich – ganz im Sinne der Mitte – auf einen Kompromiss geeinigt und beschlossen, die Medien beim Hearing nicht schon vor der offiziellen Nomination auf weitere Gegensätze aufmerksam zu machen.
Doch Kontraste gab es vor und nach dem Hearing trotzdem.
Evaluierungsphase und Stundenwechsel
In der Mitte-Fraktion heisst es, dass die Findungskommission von Anfang an empfohlen habe, bis zur offiziellen Nominierung der Kandidaten am Freitag keine öffentlichen Hearings zu veranstalten. Marc Rüdisüli, Präsident der Jungen Mitte und Mitglied des Parteipräsidiums der Mitte Schweiz, sagt, es sei nicht so, dass die Kandidaten die Konfrontation scheuen würden. Allerdings wolle man die offiziellen Prozesse besser einhalten. «Und vielleicht kann das Gespräch mit den Kandidaten ohne die Medien noch etwas offener sein.»
Das Bedürfnis, mit der Parteibasis zu sprechen, schienen jedenfalls beide Kandidaten zu haben. Über eine halbe Stunde vor der Veranstaltung traf Ritter ein, schüttelte allen die Hand und stellte sich dem Nachwuchs als «Markus» vor. Später setzte er sich in die erste Reihe im Saal und unterhielt sich mit den jungen Parteimitgliedern hinter ihm und scherzte wie während einer Zwischenstunde an der Gewerbeschule.
Pfister wurde gleichzeitig vor dem Eingang von Journalisten abgefangen und musste erst erklären, warum er in den vergangenen Tagen so wenig gesagt und so viel geschwiegen hatte. Erst habe er Zeit gebraucht, um alles zu evaluieren, sagte Pfister. Und nun bereite er die Auftritte vor den Fraktionen und Medien vor.
Betont gutgelaunt
Ausserhalb der Mitte haben sich in den vergangenen Tagen weitere Akteure in die Ausmarchung um den vakanten Bundesratssitz eingemischt. Der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch sagte in einem Interview bei CH Media, die Auswahl der Mitte befriedige ihn nicht. Stattdessen brachte er den Berner SVP-Ständerat Werner Salzmann ins Gespräch. Und der SVP-Doyen Christoph Blocher sagte in einem Interview mit der «Weltwoche», er sei nur wenige Jahre älter als Donald Trump und traue sich das VBS zu.
Die Junge Mitte hält von derartigen Sprengkandidaturen wenig. Präsident Rüdisüli: «Dafür haben wir nur ein müdes Lächeln übrig.» Tatsächlich hatte die Jungpartei am Samstag anderes im Sinn, als über die Unordnung in der eigenen Partei zu sprechen. Man gab sich betont gutgelaunt.
Einige Parteimitglieder brachten eine Zuger Fahne mit, andere trugen bunte Strümpfe mit dem Logo der Jungpartei – zwei stilisierte Klammern, mit denen die Partei das Land zusammenhalten will.
Zu Beginn der Veranstaltung, kurz bevor die Medien den Saal verlassen mussten, erinnerte Präsident Rüdisüli dann an die Erfolge bei den vergangenen Wahlen und zeigte ein grosses Foto. Darauf waren rund einhundert Mitglieder der Jungpartei zu sehen, die ein gemaltes Transparent und ihre Hände in die Höhe hielten. Die Parole auf dem Banner lautete: «Stop Polarisierig». Die Junge Mitte inszeniert sich irgendwo zwischen Jungwacht-Blauring und Juso.
Pfister liess sich anstecken
Nach der Veranstaltung sagte Markus Ritter, man habe viel über psychische Gesundheit, Teilzeitmodelle, aber auch über die Sicherung der AHV und den Service Citoyen gesprochen. Es seien angenehme Diskussionen gewesen. «Es war wichtig, dass neben Inhalten auch Unterhaltung und Humor Platz hatten.»
Martin Pfister wirkte nach der Veranstaltung sogar euphorisiert und sagte: «Ich liess mich von der Aufbruchstimmung der jungen Leute ein wenig anstecken.» Vielleicht liegt das auch daran, dass er mit vielen Anliegen der Jungen Mitte als Gesundheitsdirektor und Regierungsrat Erfahrung hat. Und auch wenn sich die meisten Mitglieder der Jungen Mitte beim Apéro nicht für einen Kandidaten entscheiden wollten («Beide sind sehr kompetent»), schien Pfister leichte Vorteile zu haben.
Die Jungen würden sich grosse Sorgen über das Funktionieren der Regierung machen, sagte er und fügte dann an: «Ich finde das sehr gut, denn genau hier spielt die Mitte eine wichtige Rolle.» Pfister wird immer wieder als konziliant und kollegial beschrieben und würde somit das Anforderungsprofil der eigenen Jungpartei erfüllen. Doch das macht ihn noch nicht zum Bundesrat.
Kommenden Samstag findet im Rahmen der Delegiertenversammlung der Mitte das erste öffentliche Hearing statt. Später werden auch Parteien und Verbände die beiden Kandidaten befragen. Vor allem über den auskunftsfreudigen Markus Ritter ist schon vieles bekannt. Gerade für Linke könnte es sogar zu viel sein. Ritter widerspricht und sagt: «Die Leute sollen wissen, wo ich stehe, und sich entsprechend eine Meinung bilden können.»
Sein Konkurrent Pfister sagte: «Ich habe das Gefühl, dass sich viele Parlamentarier noch nicht für einen Kandidaten entschieden haben.» Deshalb will er die kommenden Tage für Gespräche im Bundeshaus nutzen.
Vielleicht wird diese Wahl ja genau hier entschieden, auf den Gängen und nicht in den Fraktionszimmern des Bundeshauses.