Unzählige kleine Porträtfotos umrahmen die Landesregierung. Die Botschaft: Der Bundesrat soll die Bevölkerung im Kopf haben.
Es ist Tradition, dass die künftige Bundespräsidentin oder der künftige Bundespräsident für das alljährliche Bundesratsfoto zuständig ist. Dieses Mal war Karin Keller-Sutter an der Reihe, die 2019, 2020, 2021, 2022 und 2023 noch am (rechten) Bildrand platziert war, für 2025 aber – wie schon im Vorjahr – in der Mitte positioniert wurde. Die Machtverhältnisse zeigen sich mittlerweile also auch im Bundesratsfoto: Keller-Sutter steht im Zentrum, sie ist die mächtigste Figur im Gremium (und die Einzige, die auf dem diesjährigen Bild richtig Zähne zeigt).
Für einmal ist aber interessanter, was um den Bundesrat herum passiert. Tausende von grösseren und kleineren Porträts umrahmen die sieben Magistraten und Bundeskanzler Viktor Rossi in einer Art Facebook-Profilbild-Mosaik. Dafür reiste der St. Galler Fotograf Arthur Gamsa durch die Schweiz, um in jedem Kanton mindestens vierzig Personen zu fotografieren, insgesamt über eintausend. «Mit diesem Bild will ich betonen, dass die Institution Bundesrat aus der Teilnahme der Bürgerinnen und Bürger hervorgeht», wird Gamsa im Communiqué des Bundes zitiert.
Gamsa hat eine Schweiz abgebildet, die (Winterjacken- und Schal-verdeckt) nicht besonders divers erscheint. Kinder fehlen ganz, die Leute sind allesamt im stimmfähigen, viele auch im 13.-AHV-Rente-Alter. Ob deshalb so viele lächeln?
Mit dem Lächeln ist es ohnehin so eine Sache. Der Bundesrat führt alle Variationen auf: angestrengt (Beat Jans), erleichtert (Ignazio Cassis) oder vielsagend (Viola Amherd). Ein Schelm, wer die Mundwinkelverrenkungen zu deuten versucht: Macht Jans die anhaltende Kritik zu schaffen? Haben Cassis die EU-Verhandlungen auf dem Magen gelegen? Tritt Amherd bald zurück?
Bei derlei Fragen sollen die Bundesräte die Bevölkerung im Kopf haben – das ist die Idee des Bildes, die Keller-Sutter in der Medienmitteilung so erklärt: «Das Volk nimmt an den demokratischen Entscheidungen teil und bestimmt. Der Bundesrat handelt in seinem Interesse.»
Auf dem Bundesratsfoto haben die Magistraten die Bevölkerung nicht nur im Kopf, sondern auch auf der Kleidung. Amherds grüne Bluse ist gewissermassen bestickt mit einem Mann, der Kapuze und Baseball-Cap trägt. Auf Cassis’ Krawatte findet sich eine blonde Frau in der Sonne. Material für einen allfälligen Bundesrats-Fanshop. Mehreinnahmen würden den sparenden Bundesrat mit Sicherheit freuen.
Das neue Bundesratsfoto wurde in einer Auflage von 45 000 Exemplaren gedruckt und kann auf der Website des Bundes bestellt werden.