Samstag, November 30

Der Haustechniker kann nur über Akquisitionen wachsen. Die selbst auferlegten Übernahmekriterien begünstigen die Schaffung von Mehrwert für die Aktionäre. Investoren können mit stabilen, leicht steigenden Ausschüttungen rechnen.

Der Haustechniker Burkhalter hat gezeigt, dass selbst in eher langweiligen, langsam wachsenden Märkten mit bescheidenen Margen Aktienkursverdoppelungen innerhalb von zwei Jahren möglich sind. Seit dem Tief im Frühjahr 2022 hat die Börsenkapitalisierung sowie der Umsatz des Unternehmens die Milliardenschwelle überschritten. Dank der Übernahme und der erstmaligen Vollkonsolidierung der Gebäudetechnik-Gruppe Poenina kletterte der Umsatz im vergangenen Jahr auf 1,13 Mrd. Fr. (i. V. 0,8).

Trotzdem locken die Valoren noch immer mit einer attraktiven Dividendenrendite von mehr als 4%. Aufgrund des bewährten Geschäftsmodells und der seit dem Börsengang 2008 verfolgten Strategie, den erwirtschafteten Gewinn weitgehend als Dividende den Aktionären auszuschütten, haben die Burkhalter-Aktien Obligationencharakter.

Das disziplinierte Geschäftsmodell dürfte der Grund sein, weshalb Burkhalter am Schweizer Markt zu den erfolgreichsten Börsengängen der vergangenen Jahre gehört. Mit einer annualisierten Gesamtrendite (inkl. Dividenden) von 9% entwickelten sie sich rund dreimal so gut wie der Gesamtmarkt.

Vom Elektriker der Nation zum Gesamtanbieter

Seit der Übernahme der Poenina-Gruppe Mitte 2022 hat sich das Tätigkeitsgebiet der bis dahin als «Elektriker der Nation» bekannten Burkhalter auf einen Schlag erweitert. Im inländischen Elektrotechnik-Geschäft, in dem jährlich etwa 5 Mrd. Fr. umgesetzt wird, war das Unternehmen bereits Marktführer. Mit Poenina kamen die Bereiche Heizung, Lüftung, Klima- und Sanitärtechnik (HLKS) hinzu. Heute versteht sich Burkhalter als umfassender Gebäudetechniker, der aus 84 Einzelfirmen an 158 Standorten in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein besteht und knapp 5200 Mitarbeitende zählt.

Bis das Unternehmen jedoch auch im Tagesgeschäft als Gesamtanbieter akzeptiert ist und Synergien eines gebündelten Angebots ausschöpfen kann, braucht es viel Geduld. Die Baubranche ist eine konservativ geprägte Industrie, Neuerungen setzen sich nur langsam durch. Vor allem bei grösseren Neubauten würden sich die Bauherren ihre Elektriker, Sanitäre und Haustechniker nach wie vor separat ins Projekt holen, erzählt Konzernchef Zeno Böhm im Gespräch mit The Market. Gebündelte Angebote kämen nur im einstelligen Prozentbereich vor, also so gut wie nie. Und wenn, dann hätten sie einfach mehrere Ausschreibungen gewonnen, ergänzt Böhm.

Potenzieller Markt hat sich fast verdoppelt

Die strategische Angebotsverbreiterung – sie dürfte grösser als das ursprüngliche Elektrotechnikgeschäft sein – hat den willkommenen Effekt, dass die Burkhalter-Gruppe auch in den kommenden Jahren noch ausreichend Expansionsraum hat. Mit einem Marktanteil von rund 10% ist sie ähnlich gross wie Bouygues Energies & Services (ehemals Alpiq Intec).

Im fragmentierten Schweizer Baunebengewerbe können Unternehmen nur über den Kauf von Konkurrenten wachsen. Verfügbare Fachkräfte gibt es kaum. Deshalb bildet Burkhalter selbst aus. Gegen tausend Mitarbeitende oder fast ein Fünftel der Belegschaft sind Lernende. Rund zwei Drittel von ihnen würden nach Abschluss der Ausbildung im Unternehmen bleiben, sie seien das «Rückgrat des Unternehmens», erklärt Böhm. Händeringend bemühten sie sich um Nachwuchskräfte. Eigentlich würde die Tätigkeit eines Haustechnikers eine vierjährige Berufslehre erfordern und eine entsprechend hohe schulische Leistung voraussetzen. Doch oft könnten lediglich Interessenten für eine zweijährige Kurzlehre gewonnen werden.

Derzeit seien 260 Stellen unbesetzt, nochmals so viele mit Temporärkräften besetzt. Dem Unternehmen fehlen also rund 10% der erwünschten Belegschaft.

In Sachen Akquisitionen war 2023 ein aktives Jahr für Burkhalter, gleich sechs Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von 84,5 Mio. Fr. und knapp 350 Mitarbeitende kamen hinzu. Laut Böhm wird es wohl im laufenden Jahr weniger Firmenkäufe geben. Eigentlich möchte er möglichst rasch akquirieren und würde dafür auch eine temporäre Nettoverschuldung in Kauf nehmen.

An Opportunitäten fehlt es nicht – im Gegenteil. In der angestammten Elektrotechnik sei das Firmennetz geografisch weitgehend komplett. Ausser in der Innerschweiz gäbe es kaum mehr weisse Flecken auf der Landkarte. Ganz anders sieht es jedoch im HLKS-Segment aus. Hier gäbe es noch sehr viele potenzielle Kandidaten unter den schätzungsweise 6500 Gebäudetechnikern im Land.

Spielverderber BKW zieht sich zurück

Seit die Berner Energiegruppe BKW nicht mehr um dieselben Kaufobjekte buhlt und die Preise in die Höhe treibt, hat sich das Umfeld normalisiert. Wiederholt seien sie überboten worden, weil die BKW deutlich höhere Übernahmepreise für Unternehmen zu zahlen bereit war, sagt Böhm.

Dieses Vorgehen brockte der BKW ungenügende Margen ein. Wegen Wertberichtigungen rutschte die Sparte 2023 sogar in die roten Zahlen. Die Redimensionierung und Sanierung der Dienstleistungssparte der BKW kommt Burkhalter also gelegen.

Es ist dem Management hoch anzurechnen, dass es sich durch die Preistreiberei der Konkurrenz nie zu überrissenen Käufen verleiten liess. Beharrlich unterzieht es sich bei Akquisitionen einem rigorosen Vorgehen. Die übernommenen Firmen müssen finanziell erfolgreich sein, Sanierungsfälle interessieren nicht, sie würden zu viele Managementkapazitäten binden. Dann muss die geografische Lage stimmen. In der Westschweiz, dem Wallis sowie in den Regionen Bern und Basel ist die Burkhalter-Gruppe bisher nur im Bereich Elektrotechnik präsent. Dort befindet sich ihr Jagdgebiet.

Mehr als den fünffachen Betriebsgewinn ist Burkhalter nicht bereit für ein Unternehmen zu zahlen. Weil Burkhalter an der Börse deutlich höher eingestuft wird, schaffen Akquisitionen aus Anlegersicht unmittelbar Mehrwert. Im Weiteren müssen sich die bisherigen Eigentümer verpflichten, mindestens fünf Jahre weiter zu arbeiten. In der Regel werden Übernahmen je zu einem Drittel mit Barmitteln, Krediten und eigenen Aktien bezahlt. Laut Böhm seien die Verkäufer gewillt, einen Teil des Kaufpreises in Burkhalter-Aktien zu bekommen.

Opportunistische Kapitalerhöhungen

Dieses Vorgehen hat indes den Effekt, dass es frisches Eigenkapital braucht, wenn Akquisitionen anstehen. Im vergangenen Jahr wurden über drei Kapitalerhöhungen 259 188 Aktien für Firmenkäufe geschaffen, was einem Anteil von 2,4% entspricht.

Auch künftig wird es wohl Kapitalerhöhungen brauchen. Kapital auf Vorrat will das Management nicht, ein Kapitalband sorgt für Flexibilität. Die Erhöhungen fallen eher bescheiden aus, weshalb sich die Gewinnverwässerung in Grenzen halten sollte. Weil der Goodwill sofort über das Eigenkapital abgebucht wird, hat sich die Eigenkapitalquote im vergangenen Jahr von 31,7 auf 26,8% reduziert.

Durch die rege Akquisitionstätigkeit fiel das Unternehmen Ende 2023 in eine leichte Nettoverschuldung (21 Mio. Fr.), was eher unüblich ist. Gemäss Verwaltungsratspräsident Gaudenz F. Domenig stamme das Fremdkapital vor allem von Poenina. Per Anfang Juli würden die beiden Servicestandorte von Burkhalter und Poenina zusammengelegt, was Einsparungen ermögliche. Die Konsolidierung der internen IT-Systeme sei zur Hälfte realisiert, spätestens Anfang 2026 sei das einheitliche ERP-System in der gesamten Gruppe eingeführt.

Stabile Margen

Weil das Geschäftsmodell von Burkhalter vergleichsweise wenig Kapital bindet, gelingt es dem Unternehmen, beständig hohe Kapitalrenditen zu erwirtschaften.

Im Gegensatz dazu wird es für Burkhalter schwierig bleiben, die bescheidenen operativen Gewinnmargen zu verbessern. In der Berichtsperiode reduzierte sich die Ebitda-Marge wegen des Konsolidierungseffekts um 20 Basispunkte auf 6,5%. Im Vorjahr wurde Poenina lediglich für die zweite Jahreshälfte – der traditionell stärkeren – konsolidiert.

Immerhin scheint das Burkhalter-Management erste Anzeichen erkannt zu haben, dass sich der ruinöse Preiskampf in der Branche etwas entspannt. Laut Domenig sei das jedoch «eher eine Hoffnung, als eine Erwartung». Noch immer gebe es einige Anbieter, die aus Angst vor Unterbeschäftigung ihrer Belegschaft die Nerven verlieren und zu jedem Preis Aufträge annehmen, erzählt Böhm.

Bei grösseren Projekten, vor allem der öffentlichen Hand, sei der Preiskampf etwas weniger intensiv. Die Anbieter würden sich «professioneller» verhalten, sprich ehrlicher kalkulieren. Doch selbst wenn es zu einer Entspannung kommen sollte, würde die Marge nicht explodieren, warnt der Verwaltungsratspräsident. Statt 6% läge dann vielleicht eine Ebit-Marge von 7% drin.

Was an den Aktien reizt

Das Management lässt sich an der Entwicklung des Gewinns pro Aktie messen. Im vergangenen Jahr verbesserte sich dieser um 4,7% auf 4.95 Fr. Daran orientiert sich auch die Ausschüttung an die Aktionäre. Für 2023 sollen sie in den Genuss einer um 4,7% höheren Dividende von 4.45 (i. V. 4.25) Fr. pro Aktie kommen. Erneut kann die Hälfte davon aus dem Agio beglichen werden und ist damit für Aktionäre mit Steuerdomizil Schweiz steuerfrei.

Trotz reger Akquisitionstätigkeit will das Burkhalter-Management auch künftig den grössten Teil des Gewinns ausschütten. «Wir geben weiter, was wir verdienen», sagt Domenig. So kommt die Unternehmensführung gar nicht in Versuchung, zu viel für Firmenkäufe auszugeben. Das kann Aktionären nur recht sein.

Auch für das neue Geschäftsjahr ist Kontinuität angesagt. Der Gewinn pro Aktie soll «moderat gesteigert» werden. Eine weitere Dividendenerhöhung läge also drin. Zum derzeitigen Kursniveau ergäbe das eine Rendite von etwa 4,7%.

Nach der rasanten Kursavance der vergangenen zwei Jahre sind die Aktien nicht mehr günstig. Das vorausschauende KGV von knapp 19 ist stolz, entspricht aber lediglich dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre.

Für kurzfristige Engagements eignen sich die nur von wenigen Analysten verfolgten Valoren eher nicht. Die Handelbarkeit ist eingeschränkt, 13,5% der Titel halten die Geschäftsleitung und die Mitglieder des Verwaltungsrats. Grösster Einzelaktionär ist Peter Grogg, Gründer des Pharmazulieferers Bachem, mit 11,4%.

Als solides Langfristinvestment in einem strukturell wachsenden Markt und mit einer hohen Dividendenrendite taugen die Burkhalter-Aktien jedoch gut als Obligationenersatz.

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