Mittwoch, April 16

Anfang April wurde Radio Liechtenstein abgeschaltet. Für das Debakel will heute niemand verantwortlich sein.

«Miar sägen tschau metanand!», so verabschiedet sich das Team von Radio Liechtenstein auf Facebook von seinen Hörerinnen und Hörern. Zu hören ist dieser Abschiedsgruss nicht mehr, hat der Rundfunksender doch am 3. April seinen Betrieb eingestellt. Das jähe Aus ist die Folge eines politischen Entscheids.

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Im Herbst 2024 stimmten die Liechtensteiner Stimmberechtigten nämlich mit 55,4 Prozent einer Volksinitiative der Oppositionspartei Demokraten pro Liechtenstein zu. Die Initianten störten sich an den jährlich steigenden Staatsbeiträgen für den Sender. Das Schlagwort lautete Privatisierung. Bis zum 31. Dezember 2025 sollte das öffentlichrechtliche Radio vom Staat in private Trägerschaft übergeführt werden. Genug Zeit also, um ein geordnetes Privatisierungsverfahren durchzuführen, begründeten die Demokraten pro Liechtenstein ihren Vorstoss.

Hektik vor der Abschaltung

Doch so einfach gestaltete sich die Sache nicht. Vergangene Woche gab die Regierung bekannt, dass die Privatisierung vorerst gescheitert sei. Trotz intensiven Bemühungen sei es nicht gelungen, ein konkretes Übernahmeangebot des Radiosenders von privaten Investoren zu erhalten. Die Bestrebungen, die Frist per Parlamentsbeschluss um ein Jahr zu verlängern, fanden nicht die Zustimmung der politischen Parteien.

Damit war das Schicksal des Senders besiegelt. Zwei Tage nach der Regierungsmitteilung wurde bei Radio Liechtenstein der Stecker gezogen: keine Nachrichten und keine Musik mehr – und das lange vor dem in der Initiative festgelegten Ablaufdatum Ende 2025. Verwaltungsratspräsident Jürg Bachmann begründete den Zeitpunkt damit, dass aufgrund vertraglicher Verpflichtungen noch im April mit der Liquidation begonnen werden müsse.

Kurz vor der absehbaren Abschaltung kam noch einmal Hektik auf. Die Demokraten pro Liechtenstein forderten die Regierung auf, eine «Konzessionslösung nach Schweizer Vorbild» vorzulegen. Mit dem Ziel, eine Konzession für ein Privatradio im Spätsommer vergeben zu können. Verwaltungsratspräsident Bachmann hatte ein solches Konzept bereits ausgearbeitet, gleichzeitig aber Vorbehalte gegen eine rasche Regelung angemeldet: Zuerst müsse der Gesetzgeber die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen, denn potenzielle Investoren wollten vor einem finanziellen Engagement wissen, worauf sie sich einliessen. Ein solcher Leistungsauftrag, ergänzte Wirtschaftsministerin Sabine Monauni, müsste gemäss EWR-Recht öffentlich ausgeschrieben und als staatliche Beihilfe bei der Efta-Überwachungsbehörde angemeldet werden. Die Zeit für ein derartiges Verfahren reiche bis Jahresende nicht aus.

Wohl um der Kritik zu entgehen, ihre Initiative habe zur Abschaffung von Radio Liechtenstein geführt, unterbreiteten die Demokraten pro Liechtenstein zudem den Vorschlag, die Regierung könnte zur vorübergehenden Absicherung dem Parlament kurzfristig einen Nachtragskredit unterbreiten. Für dieses Vorgehen konnten sie aber die Regierungsparteien VU und FBP nicht gewinnen. Der Vorschlag komme zu spät und schaffe nur weitere Verunsicherung, kritisierten sie in einer gemeinsamen Stellungnahme. Die grün-alternative Freie Liste bezeichnete die Liquidation von Radio Liechtenstein aus Sicht der Medienvielfalt als «demokratiepolitische Katastrophe», nachdem 2023 bereits die Tageszeitung «Liechtensteiner Volksblatt» aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt werden musste.

An Schuldzuweisungen mangelt es derzeit nicht. Auch haben die Parteien mehr oder weniger konkrete Vorstellungen, wie die verarmte Medienlandschaft wieder zum Blühen gebracht werden könnte. Die Demokraten pro Liechtenstein, die alle Vorwürfe zurückweisen, die Abschaffung von Radio Liechtenstein in die Wege geleitet zu haben, stellen sich einen Privatsender vor, der als Unterhaltungsmedium konzipiert ist, aber dennoch tagesaktuell, neutral und objektiv über Liechtenstein berichten soll. Gleichzeitig signalisieren sie, dass ein solches privatwirtschaftlich organisiertes Radio durchaus eine staatliche Medienförderung erhalten könnte, allerdings nicht in der gleichen Höhe wie bisher Radio Liechtenstein.

Sorge um Medienvielfalt

Für die Freie Liste gilt es, das Ende des öffentlichrechtlichen Radios als Chance zu begreifen, «wieder ein Medium zu schaffen, das ausreichend finanziert ist», um seine Unabhängigkeit zu sichern. Vorgeschlagen wird das Modell einer Genossenschaft, das auf Beteiligung setze statt Abhängigkeit, auf Transparenz statt parteipolitischer Einflussnahme. Kurzum, eine «Mediengenossenschaft, die journalistische Qualität mit demokratischer Kontrolle verbindet». Auch die Regierungsparteien VU und FBP kündigten für den Koalitionsvertrag neue medienpolitische Schritte an. Es sollen klare Ziele definiert werden, damit Liechtenstein auch in Zukunft über die unbestritten notwendige Medien- und Meinungsvielfalt verfügt.

Ein Teil der von den Parteien skizzierten Vorstellungen wurde mit der Anfang des Jahres in Kraft getretenen Revision des Medienförderungsgesetzes bereits umgesetzt. Als Antwort auf die Umwälzungen in der Medienbranche, erklärte Wirtschaftsministerin Sabine Monauni, seien die Höhe als auch der Umfang der Medienförderung erweitert worden. An direkter Medienförderung erhalten Medien neu einen Sockelbeitrag von 100 000, bisher 20 000 Franken. Indirekte Medienförderung können Medien für die Verbreitung sowie die Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern beantragen.

Für die Entwicklung neuer elektronischer Medienangebote stehen bis zu 100 000 Franken zur Verfügung, um die Realisierung von Podcasts, Video-Blogs oder anderen digitalen Angeboten zu ermöglichen. Neu ist auch ein Anreiz für Startup-Medienunternehmen mit innovativen Produkten geschaffen worden, indem der Staat zinslose Darlehen bis zu 250 000 Franken als Anschubfinanzierung ausrichtet.

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