Nach Jahren der Unruhe kehrt der Wäschehersteller zu seinem Kerngeschäft zurück. Felix Sulzberger hat aufgeräumt. Nun muss sein Nachfolger zeigen, ob die neue Strategie aufgeht.
Calida ist ein besonderes Unternehmen. Der mittelgrosse Textilhersteller bewegt die Menschen bedeutend mehr als die Märkte. Experten des Marketings bezeichnen dies als Love-Brand, als Marke, die bei vielen Konsumenten positive – und im Fall von Calida wohl auch nostalgische – Emotionen wachruft. Diesen Trumpf konnte die Traditionsfirma aus dem luzernischen Sursee jüngst aber kaum ausspielen.
«Die turbulenten Jahre sind vorbei»
Für Schlagzeilen sorgten in den vergangenen Jahren nämlich nicht die Produkte. Im Fokus standen vielmehr missglückte Zukäufe, eine unklare Strategie, ständige Wechsel im Management und Spekulationen, wie ernst es dem Ankeraktionär – der Gründerfamilie Kellenberger – mit seinem Engagement überhaupt noch ist. Calida wirkte desorientiert, was sich auch in einem Rückgang des Aktienkurses spiegelte.
Die Verzweiflung ging so weit, dass die Gründerfamilie vor zwei Jahren den früheren Firmenchef Felix Sulzberger aus der Pension zurückholte und ihn bat, in der Doppelrolle als CEO und Verwaltungsratspräsident die Firma wieder auf Kurs zu bringen. Denn Sulzberger hatte bei Calida bereits in den frühen 2000er Jahren nach einer Krise den Turnaround geschafft. Nun versucht er es seit zwei Jahren ein weiteres Mal.
Wo steht Calida auf diesem Weg? Der 73-jährige Sulzberger sagt: «Die turbulenten Jahre sind vorbei, jetzt geht’s ans Abarbeiten.» Er hat Calida entrümpelt und Firmen, die nicht zum Kerngeschäft gehören, verkauft, darunter den Gartenmöbelhersteller Lafuma Mobilier. «Keep it simple», lautet die Devise. Der Fokus gilt wieder dem Geschäft mit Unterwäsche und Lingerie mit den drei Kernmarken Calida, Aubade und Cosabella.
Ein eingespieltes Team
Bei der Präsentation der Ergebnisse für 2024 konnte Sulzberger zudem seinen Nachfolger als operativen Chef bekanntgeben. So übernimmt ab Juni Thomas Stöcklin, derzeit Finanzchef der Manor-Gruppe, den Posten als CEO. Seinen neuen Arbeitgeber kennt der 54-Jährige bestens. So war er ab 2005 bereits 13 Jahre für den Wäschehersteller tätig, zuletzt als Finanzchef an der Seite von Sulzberger.
Stöcklin und Sulzberger, der weiter den Verwaltungsrat präsidieren wird und noch nicht amtsmüde wirkt, sind also ein eingespieltes Team. Als die Gründerfamilie Kellenberger vor zwei Jahren Sulzberger zu Calida zurückholte, kehrte im Schlepptau auch Stöcklin zurück, als Verwaltungsrat. Die 2023 beschlossene Neuausrichtung der Strategie trägt somit auch die Handschrift des zukünftigen CEO.
Die Firmenspitze ist überzeugt: Calida kommt nun wieder in ruhiges Fahrwasser. Die neue Strategie steht; die wichtigsten Personalfragen sind geklärt; und auch das Engagement der Gründerfamilie scheint wieder gesichert, nachdem die Kellenbergers 2024 Jahr im Rahmen eines Aktienrückkaufs einen Teil ihrer Beteiligung haben abstossen können, und zwar an Calida selbst. Der Anteil der Familie sank damit von 33 auf 19 Prozent.
Rückläufige Umsätze
Dennoch, die Marktlage bleibt anspruchsvoll. Das zeigt der Blick auf das vergangene Jahr: So schmolz der Umsatz um 10 Prozent auf 231 Millionen Franken, wobei alle drei Kernmarken unter sinkenden Verkäufen litten. Die Rückkehr zu einem Reingewinn von 15 Millionen Franken nach dem von hohen Abschreibern geprägten Vorjahr verdankt sich primär dem Verkauf des ehemals hochprofitablen Möbelgeschäfts.
Die schwächelnden Verkäufe erklären sich nicht nur mit der gedämpften Konsumentenstimmung in Frankreich und Deutschland, zwei wichtigen Märkten. Hinzu kommt, dass die Verkäufe während der Covid-Pandemie extrem stark gestiegen waren. Entsprechend sind manche Märkte noch immer gesättigt, und die Lagerbestände im Handel reduzieren sich nur langsam. Die Normalisierung dauert länger als erwartet.
Ferner haben die Umbauten dazu geführt, dass die Kernmarken etwas vernachlässigt wurden. Das gilt nicht nur für Calida. Sulzberger sieht vor allem auch bei Aubade, dem französischen Hersteller hochpreisiger Lingerie, einen Nachholbedarf. Die Läden sähen heute noch fast gleich aus wie vor zwanzig Jahren, beklagt er. Es sei kaum investiert worden.
Sorgenkind in den USA
Das grösste Sorgenkind bleibt aber Cosabella, eine Lingerie-Marke aus den USA. Diese war von Sulzbergers Vorgänger inmitten der Covid-Zeit zu einem Preis, der heute überhöht wirkt, erworben worden. Dass Calida an Cosabella festhält, hat laut Sulzberger weniger mit der Marke zu tun als vielmehr damit, dass Calida einen Fuss im amerikanischen Markt behalten will. Diesem Markt traut man in Sursee grosses Potenzial zu.