Sonntag, April 20

Bei den nächsten Wahlen will die SVP ihren verlorenen Sitz im Stadtparlament zurückgewinnen. Leicht wird das nicht.

Bei ihrem Antritt kündigte Camille Lothe selbstbewusst an: «Ich bin gekommen, um zu bleiben.» Nun, zwei Jahre später, tritt die Stadtzürcher SVP-Präsidentin schon wieder ab. Gegenüber der NZZ macht Lothe berufliche Gründe geltend – sie befürchtet einen Interessenkonflikt mit ihrem Job als Journalistin beim «Nebelspalter».

Ihr Rücktritt ist kein gutes Zeichen für die Stadtpartei. Mit Lothe verliert sie eine Exponentin, die für eine neue, frischere SVP stand: jung, weiblich, urban. Eine Bürgerliche mit Migrationshintergrund. Hart in der Sache, aber freundlich im Umgang. Ein Kontrapunkt in der SVP, die auch in der Stadt das Image einer Altherren- und Bauernpartei hat.

Die 30-Jährige war nach eigenen Angaben angetreten, um die SVP zur stärksten bürgerlichen Kraft in Zürich zu machen, nachdem die Partei in der Stadt massiv verloren und das schlechteste Resultat seit dreissig Jahren eingefahren hatte.

Städtische Wahlen haben seither keine stattgefunden. Doch es ist offensichtlich: Die stärkste Partei der Schweiz hat Mühe im linken Zürich, genauso wie in anderen Städten. Lothe hatte eine schwierige Aufgabe. Es half ihr nicht, dass sie den Parlamentsbetrieb von aussen mitverfolgen musste, weil sie den Sprung in den Gemeinderat verpasst hatte. Im Politalltag spürte man deshalb wenig von ihr.

Isoliert im Stadtparlament

Jüngst konnte sich die SVP in Zürich zwar mit der Initiative gegen «goldene Fallschirme» für politische Amtsträger und mit der Anti-Chaoten-Initiative profilieren. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Partei bei der Bevölkerung einen schweren Stand hat. Im Stadtparlament ist sie isoliert. Eine Zusammenarbeit mit anderen Parteien findet kaum statt.

Auch der Kontakt zur bürgerlichen – und erfolgreicheren – Konkurrenz, der FDP, ist eher reserviert. Vorstösse reicht die SVP meist allein ein. Eine löbliche Ausnahme ist die Aufstockungsinitiative, für die sie gemeinsam mit FDP und GLP Unterschriften sammelt.

Das hat auch mit ihrem Fraktionschef, dem 40-jährigen Samuel Balsiger, zu tun. Balsiger gilt als Provokateur, der mit Vorliebe gegen die Linken austeilt und sich dabei auch verbale Ausrutscher leistet. Ausserhalb seiner Partei steht Balsiger alleine da. Dabei wäre die SVP für politische Erfolge auf Kooperationen angewiesen.

Das «Minimalziel»: den verlorenen Sitz zurückgewinnen

Doch das ist nicht das einzige Problem der SVP. Die Fraktion ist überaltert, das Durchschnittsalter unter den Mitgliedern beträgt 53 Jahre. Und sie besteht nur aus Männern, seit Susanne Brunner letztes Jahr den Sprung in den Kantonsrat geschafft hat.

Mit Brunners Rücktritt hat die Fraktion ausgerechnet eines ihrer wenigen Aushängeschilder verloren – sie hatte im Alleingang erfolgreich die Genderstern-Initiative lanciert, die nun vors Volk kommt. Offensichtlich hat sie mit ihrem Kampf gegen die «Genderpolizei» einen Nerv in der Bevölkerung getroffen.

Es war Brunner, die vor zwei Jahren gegen Camille Lothe antrat. In einem Co-Präsidium wollte Brunner die Partei führen und unterlag dann knapp. Bisher hat sie sich nicht dazu geäussert, ob sie das Amt interessieren würde.

Die SVP kann ihren Niedergang in der Stadt Zürich nur dann stoppen, wenn es ihr gelingt, Wählerinnen und Wähler ausserhalb ihres Stammpublikums anzusprechen. Dafür braucht es eine Parteileitung, die Aufbruchstimmung verbreitet und die Zusammenarbeit mit anderen bürgerlichen Parteien sucht. Doch die Partei hat es in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt, Talente aufzubauen. Das rächt sich jetzt. Dass die Hoffnungsträgerin nach gerade einmal zwei Jahren den Bettel hinschmeisst, hilft natürlich auch nicht.

Camille Lothe hatte sich für die kommenden Wahlen im Jahr 2026 ein «Minimalziel» gesetzt: einen Sitz im Stadtparlament zurückzugewinnen. Ihre Nachfolge hat noch zwei Jahre Zeit dafür. Und viel Arbeit vor sich.

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