Montag, November 17

Die berühmte Kathedrale Notre-Dame in Paris wird fünf Jahre nach dem Brand wiedereröffnet. Wie laufen die Feierlichkeiten ab? Und warum fehlt der Papst? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Grossevent.

An diesem Wochenende wird die Kathedrale Notre-Dame wiedereröffnet. Neben dem Auftakt der Olympischen Spiele ist es das zweite riesige Fest innerhalb weniger Monate. Paris tut also das, was die Stadt am besten kann: Sie feiert – pompös und prunkvoll.

Im April 2019 hat ein Brand grosse Teile der Kathedrale zerstört. In Paris, Frankreich und darüber hinaus war die Betroffenheit riesig. Die Notre-Dame ist eines der bedeutendsten Monumente des Landes, ein Touristenmagnet, ein Kulturgut von immensem Wert.

Fünf Jahre hat der Wiederaufbau gedauert. Jetzt erstrahlt die Notre-Dame heller als zuvor. Und das soll gefeiert werden.

Wie läuft die Feier ab?

Die Regierung Frankreichs und die Diözese von Paris haben die Feier gemeinsam organisiert. Die Eröffnung ist daher eine Mischung aus politischer Inszenierung und alten religiösen Riten.

Die Feierlichkeiten beginnen am späten Samstagnachmittag mit einer Ansprache von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron auf dem Platz vor der Kathedrale. Macron wollte eigentlich in der Kirche reden, doch die Diözese lehnte ab. Es wäre ein Verstoss gegen die kirchliche Autorität und die strikte Trennung von Staat und Kirche.

Nach der Ansprache wird der Erzbischof von Paris drei Mal mit einem Stab gegen die noch geschlossenen Pforten der Notre-Dame schlagen. Dann öffnen sich die Türen. Der Bischof wird der Erste sein, der die Kathedrale betritt, und er sakralisiert sie. So will es die Tradition der Kirchweihe.

Für die Feier ist die Île de la Cité, auf der die Kathedrale steht, vollständig abgesperrt. Nur die 2000 geladenen Gäste dürfen zur Notre-Dame. Die Veranstalter haben dafür auf der anderen Flussseite eine Zone errichtet, in der 40 000 Personen die Feierlichkeiten auf einer Grossleinwand mitverfolgen können. Zudem wird die Feier im Fernsehen übertragen.

Die ganz grosse Party beginnt um 21 Uhr. Als «Hommage an alle, die die Notre-Dame gerettet und wiederaufgebaut haben», gibt es in der Kathedrale ein Konzert. Stars aus der Klassik, dem französischen Pop und ein DJ treten auf. Unter ihnen ist der chinesische Pianist Lang Lang, der bereits 2019 bei einem Konzert zu Ehren der Notre-Dame spielte. Zudem treten der französisch-schweizerische Tenor Benjamin Bernheim auf und der berühmte venezolanische Dirigent Gustavo Dudamel.

Die erste Messe findet am Sonntagmorgen statt. Sie wird vom Erzbischof von Paris geleitet, Macron und zahlreiche Priester und Bischöfe werden anwesend sein. Die erste Messe für die Öffentlichkeit ist am Abend, die 1500 Plätze waren innert Minuten ausgebucht. Ab Montag steht die Notre-Dame dann zum ersten Mal seit über fünf Jahren allen offen.

Wer kommt zum Fest? Und weshalb fehlt der Papst?

Die offizielle Gästeliste für die Feier am Samstag wird laut dem Umfeld des Präsidenten erst im Verlauf des Tages bekannt. Seit Tagen kursieren jedoch Namen durch die französischen Medien, vereinzelt haben die Personen ihre Teilnahme auch offiziell bestätigt.

Der künftige amerikanische Präsident Donald Trump teilte auf seiner Plattform Truth Social überraschend mit, dass er zur Eröffnung der Notre-Dame nach Paris kommen werde. Es ist seine erste Auslandreise, seit er vor einem Monat die Wahl gewonnen hat. Der amtierende Präsident Joe Biden wird in Paris von seiner Frau Jill vertreten.

Laut Berichten sind fünfzig Staats- und Regierungschefs geladen. Erwartet werden unter anderem der italienische Präsident Sergio Mattarella, der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der polnische Präsident Andrzej Duda und der König von Jordanien, Abdullah II. Noch offen ist, ob der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski nach Paris reisen wird. Und es gibt Gerüchte, dass Tech-Milliardär Elon Musk kommt.

Zudem sind mehrere europäische Königshäuser vertreten. Der britische König Charles III. fehlt aber offenbar wegen einer Lungenentzündung. Dafür reist Prinz William an.

Hunderte Priester und Bischöfe werden anwesend sein, wenn die Notre-Dame und ihr neuer Altar geweiht werden. Doch ausgerechnet Papst Franziskus, das Oberhaupt der katholischen Kirche, bleibt dem Anlass fern. Der Präsident der französischen Bischofskonferenz begründete die Absenz damit, dass der Star der Wiedereröffnung die Notre-Dame selbst sei. Franziskus wollte nicht, dass die Augen bei dieser Gelegenheit auf ihn gerichtet seien. Franziskus wird stattdessen die Insel Korsika besuchen.

Um die Sicherheit der Gäste zu gewährleisten, kündigte der Pariser Polizeipräfekt ein «aussergewöhnliches Dispositiv» an, das sich an der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris 2024 orientiere. Insgesamt werden 6000 Gendarmen, Polizisten und Militärs eingesetzt.

Warum ist die Wiedereröffnung der Notre-Dame für Frankreich wichtig?

Die Notre-Dame ist ein französisches Nationalsymbol. Trotz der Trennung von Kirche und Staat ist vielen Franzosen der Katholizismus wichtig. Zudem ist die Notre-Dame eng mit der französischen Geschichte verwoben. Die Kathedrale wurde im Mittelalter gebaut und 1345 fertiggestellt. Napoleon krönte sich 1804 in der Notre-Dame zum Kaiser. Im August 1944 verkündete ihr Glockenläuten die Befreiung von Paris von der deutschen Besetzung.

Die Notre-Dame ist eines der meistbesuchten Monumente von Paris. International bekannt wurde die Kathedrale auch durch den französischen Schriftsteller Victor Hugo und seinen 1831 erschienenen Roman «Der Glöckner von Notre-Dame».

Emmanuel Macron sagte einen Tag nach dem Brand in einer Ansprache an das Volk: «Wir werden auch die Notre-Dame wiederaufbauen, noch schöner als vorher, und ich will, dass sie in den nächsten fünf Jahren fertiggestellt wird.» Das Ziel galt als unrealistisch. Doch Macron will als Retter der Notre-Dame in die Geschichte eingehen.

Nun hat der Wiederaufbau fünf Jahre und acht Monate gedauert. Doch der Zeitpunkt passt, jedenfalls für Macron. In diesen Wochen befindet sich das Land in einer finanziellen und politischen Krise. Vergangene Woche hat der Premierminister Michel Barnier ein Misstrauensvotum in der Nationalversammlung verloren. Mit einer prunkvollen Feier kann Macron davon ablenken, wie schlecht es um seine Präsidentschaft steht.

Wie lief der Wiederaufbau ab?

Die Ursache des Brandes ist bis heute unklar. Vielleicht war es ein Kurzschluss oder eine achtlos weggeworfene Zigarette. Der Brand zerstörte das Dach und die Turmspitze der Notre-Dame. Auch Teile des Gewölbes und des Mobiliars mussten restauriert oder repliziert werden. Allein die Stabilisierung des Gebäudes dauerte zwei Jahre. Hinzu kam, dass die Kathedrale bereits vor dem Brand sanierungsbedürftig war.

Die Notre-Dame ist in Staatsbesitz. Weil private Spender nach dem Brand jedoch mehr als 840 Millionen Euro beisteuerten, musste der französische Staat bisher kaum finanzielle Mittel für den Wiederaufbau aufwenden. Mit den Geldern konnten gar zusätzliche Restaurationsarbeiten gemacht werden. Die Notre-Dame sieht jetzt schöner und heller aus als vor dem Brand. Figuren, Ornamente, Wände und Fenster wurden auch von jahrhundertealten Schmutzschichten befreit.

Die Bauarbeiten dauern allerdings noch an, vor allem die Aussenfassade muss noch restauriert werden. Kritiker sagen deshalb, dass die Wiedereröffnung überstürzt sei. Sie werfen Macron vor, die Eröffnung für seine politische Inszenierung auszunutzen.

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