Montag, November 17

Generalleutnant Igor Kirillow und sein Assistent sind bei einer Bombenexplosion vor einem Wohnhaus ums Leben gekommen. Kirillow stand auf mehreren Sanktionslisten im Zusammenhang mit dem Einsatz chemischer Kampfstoffe.

(Reuters/dpa) Ein russischer Generalleutnant und sein Adjutant sind am Dienstag in Moskau bei einer Bombenexplosion getötet worden. Die Bombe sei in einem Elektroroller versteckt gewesen, zitierte die russische Nachrichtenagentur Tass die Sprecherin des Ermittlungskomitees, Swetlana Petrenko. Bei dem General handelt es sich um den 54-jährigen Igor Kirillow, den Kommandanten der Truppen für den Schutz vor chemischen, nuklearen und biologischen Waffen. Kirillow wurde vor einem Wohnhaus am Rjasanski-Prospekt getötet. Ein Strafverfahren wurde eingeleitet.

Auf Fotos, die über russische Telegram-Kanäle gepostet wurden, waren ein zertrümmerter Hauseingang und zwei Leichen zu sehen, die im blutverschmierten Schnee lagen. Russische Nachrichtenagenturen schreiben, dass der Sprengsatz eine Sprengkraft von 300 Gramm TNT gehabt habe. Bombenexperten und Spürhunde hätte die Umgebung abgesucht, dabei sei kein weiterer Sprengstoff gefunden worden.

Laut russischen Medien soll der Sprengsatz mutmasslich vom Signal eines Mobiltelefons gezündet worden sein. Untersucht würden nun auch Mobilfunkverbindungen in dem Stadtviertel, hiess es. Zu der Explosion kam es, als Kirillow am Morgen das Haus verliess, um sich zur Arbeit fahren zu lassen, wie die Ermittler mitteilten.

Ist der ukrainische Geheimdienst verantwortlich?

Der ukrainische «Kyiv Independent» und die Nachrichtenagentur RB Ukraine schreiben, dass der Ukrainische Sicherheitsdienst (SBU) hinter dem Anschlag stecke. Sie beziehen sich dabei auf eine anonyme Quelle des Geheimdienstes.

«Kirillow war ein Kriegsverbrecher und ein absolut legitimes Ziel, weil er den Einsatz chemischer Waffen gegen ukrainische Soldaten befohlen hat», wurde die SBU-Quelle zitiert. Solche Äusserungen sind nicht offiziell. Die ukrainischen Dienste informieren aber häufig auf diese Weise über ihre Aktionen.

Dmitri Medwedew, der Vizechef des russischen Sicherheitsrats und frühere Präsident, sagte am Dienstag, die ukrainische Führung werde sofort dafür büssen müssen. Dies berichtet die russische Nachrichtenagentur Ria. «In dem Bewusstsein, dass ihre militärische Niederlage unausweichlich ist, startet sie feige und verachtenswerte Angriffe auf friedliche Städte», so Medwedew.

Die ukrainische Staatsanwaltschaft hatte am Montag in Abwesenheit Anklage gegen Kirillow erhoben wegen des angeblichen Einsatzes verbotener chemischer Waffen in der Ukraine. Das teilte der SBU laut dem «Kyiv Independent» mit. Der SBU behauptet, dass Russland unter der Führung des Generals mehr als 4800 Mal chemische Waffen eingesetzt habe. Russland streitet die Anschuldigungen ab.

Mehrere Anschläge auf Militärs in Russland

Kirillow trat im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine immer wieder öffentlich mit Vorwürfen auf, die USA betrieben in dem Nachbarland etwa geheime Labore für biologische Kampfstoffe. Zudem behauptete Kirillow, der als einer der bedeutendsten Kriegshetzer in Russland galt, dass die Ukraine an einer sogenannten schmutzigen Bombe arbeite. Schmutzige Bomben sind Massenvernichtungswaffen mit konventionellen Sprengsätzen, denen radioaktives Material beigemischt ist. Auch der Kremlchef Wladimir Putin hatte auf Grundlage von Kirillows öffentlich präsentierten Berichten solche Vorwürfe gegen die Ukraine erhoben. Beweise dafür gab es keine.

Grossbritannien hatte im Oktober Kirillow und die Nuklearschutztruppen wegen Berichten über den Einsatz des chemischen Kampfstoffes Chlorpikrin auf dem Schlachtfeld auf seine Sanktionsliste gesetzt.

In Russland hatte es bereits in der Vergangenheit im Zuge des Krieges Anschläge auf ranghohe Militärs und Propagandisten gegeben. Der Machtapparat in Moskau machte dafür immer wieder ukrainische Geheimdienste verantwortlich.

Zu den bekanntesten Fällen gehört die Ermordung von Daria Dugina, der Tochter des russischen nationalistischen Ideologen Alexander Dugin, im August 2022 durch einen Autobombenanschlag im Jahr 2022. Dugina war selbst Verfechterin des Ukraine-Kriegs. Im April 2023 fiel der russische Militärblogger Wladlen Tatarski, einer der prominentesten Propagandisten des Kriegs gegen die Ukraine, einem Bombenattentat in St. Petersburg zum Opfer. Im Juli 2023 wurde ein russischer U-Boot-Kommandant beim Joggen im südrussischen Krasnodar erschossen.

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