Freitag, September 27

Amerikanische Quellen und Satellitenbilder bestätigen, dass im Frühsommer ein atomgetriebenes chinesisches U-Boot gesunken ist. Die Umstände sind unklar.

Chinas neustes U-Boot ist offenbar in der Werft gesunken, in der es für die erste Fahrt vorbereitet wurde. Das berichten amerikanische Medien mit Berufung auf anonyme Quellen im Verteidigungsministerium. Das Ereignis soll sich Ende Mai, Anfang Juni in der Wuchang-Werft in Wuhan ereignet haben.

Atom-U-Boot kann womöglich repariert werden

Die Nachricht kommt fast zwei Monate, nachdem der ehemalige amerikanische U-Boot-Fahrer Tom Shugart eine Reihe von Satellitenfotos der Wuchang-Werft auf der Plattform X veröffentlicht hat. Er hatte im Juli mehrere schwimmende Kräne bei einem Pier entdeckt, «die an etwas Schwarzem arbeiten, das ungefähr die Grösse und Form eines U-Boots hat».

Beim gesunkenen Boot soll es sich laut der Quelle im amerikanischen Verteidigungsministerium um die erste Einheit der neuen Zhou-Klasse handeln. Diese sind Jagd-U-Boote mit Atomantrieb, welche feindliche U-Boote und Schiffe bekämpfen. Solche Details sind kaum auf Satellitenbildern zu sehen, die Amerikaner dürften also weitere Quellen gehabt haben.

Unbekannt bleibt, warum das U-Boot sank und ob es dabei Opfer gab. Auch ungewiss ist, ob der Reaktor schon mit Brennstäben bestückt war und ob allenfalls Radioaktivität ausgetreten ist.

Ein solcher Unfall werde das U-Boot-Programm um Jahre zurückwerfen, sagt der frühere indische Vizeadmiral Pradeep Chauhan im Gespräch: «U-Boote sind extrem komplexe Systeme. Da dauert es, bis man den genauen Grund eines solchen Unfalls gefunden hat.» Dass es sich um das erste Boot einer neuen Klasse gehandelt habe, verschärfe das Problem. Das U-Boot selber sei aber nicht unbedingt ein Abschreiber. Es sei möglich, dieses zu heben und je nachdem, wie gross der Schaden sei, zu reparieren, meint Chauhan.

China baut seine U-Boot-Flotte rasant aus

China baut mit hohem Tempo seine Marine aus. Mittlerweile hat diese mehr Kriegsschiffe als die US Navy. Bei U-Booten sind die USA aber noch deutlich voraus: Sie verfügen über 71 U-Boote – 53 Jagd-U-Boote, 14 Einheiten, die ballistische Raketen mit Atomsprengköpfen abfeuern können und 4, die mit Marschflugkörpern bewaffnet sind. Alle amerikanischen Einheiten verfügen über einen nuklearen Antrieb. Sie können bei hoher Geschwindigkeit fast unbegrenzt unter Wasser unterwegs sein.

Das Gros der chinesischen U-Boote ist hingegen dieselelektrisch angetrieben. Sie müssen regelmässig an die Wasseroberfläche fahren, um mit Dieselgeneratoren ihre Batterien aufzuladen. Da können sie leichter entdeckt werden. Von Chinas 54 Jagd-U-Booten sind 48 so angetrieben, nur 6 haben bisher einen Atomreaktor. Die chinesischen U-Boote mit Atomantrieb sind auch lauter als die amerikanischen und können daher leichter geortet werden.

Zusätzlich hat die Marine der Volksbefreiungsarmee 6 Atom-U-Boote, die ballistische Raketen abfeuern können. Diese U-Boote lauern in den Tiefen der Ozeane, wo sie schwer zu orten sind. Sie sollen einen potenziellen nuklearen Angriff überstehen und zurückschlagen können. Das ist das Grundprinzip der nuklearen Abschreckung: Weil der Gegner immer damit rechnen muss, auch von Atomwaffen getroffen zu werden, macht er nicht den ersten Schritt.

Seit einem guten Jahr hat China laut amerikanischen Einschätzungen ständig ein solches U-Boot auf Patrouille. Damit habe China eine glaubwürdige seegestützte Abschreckung, schrieb das amerikanische Verteidigungsministerium letztes Jahr in seinem jährlichen Bericht zu den chinesischen Streitkräften.

China baut viel mehr U-Boote als die USA

Dass China auch bei den U-Booten aufzuholen versucht, zeigt sich darin, dass die neuen Einheiten nun auch in Wuhan gebaut werden. Bisher war der Bau atomarer U-Boote in der Bohai-Werft in Huludao in der Provinz Liaoning konzentriert. Mit einem zweiten Produktionsstandort wird die chinesische Industrie noch mehr U-Boote produzieren können. Eine Studie der indischen Denkfabrik Observer Research Foundation kam zu dem Schluss, dass Bohai allein 4,5 bis 6 atomgetriebene U-Boote pro Jahr bauen kann.

Das besorgt die Amerikaner. Ihr Programm für Jagd-U-Boote der Virginia-Klasse schafft seit Jahren weniger als 2 Boote pro Jahr. Experten kritisieren schon lange, dass diese Produktionsrate ungenügend sei.

U-Boote würden eine wichtige Rolle spielen bei einem Konflikt um Taiwan. Auf der Ostseite der Insel fällt das Meer steil ab – dort könnten chinesische U-Boote lauern und den Nachschub aus den USA abschneiden.

Der rasche Ausbau der Marine berge aber auch Risiken, sagt Chauhan. «Schiffe zu bauen, geht schneller, als die Mannschaften auszubilden.» Das gelte auch für die Techniker in Werften. Es sei gut möglich, dass ein Bedienungsfehler von Arbeitern zum Verlust des U-Boots geführt habe, so spekuliert der indische Vizeadmiral.

In einer ersten Version hiess es, dass es sich bei der neuen Zhou-Klasse um U-Boote handle, die ballistische Raketen mit Atomsprengköpfen abfeuern können. Richtig ist, dass dies Jagd-U-Boote sind.

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