Donnerstag, Oktober 10

Durch die Rally seit September schloss der lange zurückliegende Hongkonger Hang Seng für 2024 kurzzeitig zum MSCI World auf und hält immer noch mehr als 25% Jahresgewinn. Technologieaktien wie Tencent, Alibaba und allen voran Meituan schafften noch viel höhere Kurssteigerungen.

Die Börsen in China und Hongkong haben seit Mitte März einen steilen Anstieg bewältigt. Noch am 13. September waren der Shanghai CSI 300 und der Hang Seng rund 9 bzw. 2% im Minus, gemessen am Stand von Oktober 2023 und in Dollar gerechnet. Dann stieg der CSI binnen weniger Wochen von weniger als 3200 auf 445o. Das Plus vom Tief zum Hoch betrug in der Spitze rund 40%.

Der Grund für die ausserordentliche Rally waren Ankündigungen der chinesischen Notenbank. Unter anderem räumte sie Institutionen die Möglichkeit ein, 500 Mrd. Renminbi Yuan (umgerechnet rund 42 Mrd. $) zu leihen, um damit Aktien zu kaufen. Ausserdem stellte sie 300 Mrd. Yuan (rund 42 Mrd. $) für Unternehmen bereit, die damit eigene Aktien von der Börse zurückkaufen dürfen.

Die direkt auf die Börse abzielenden Massnahmen wirkten stark. Seit Mitte September holte der chinesische CSI mehr als die Hälfte des grossen Rückstands auf, den er seit Oktober 2023 auf den MSCI World aufgebaut hatte. Der Hang Seng in Hongkong schloss sogar zum Weltaktienindex auf und brachte es zeitweise ebenfalls auf rund 30% Rendite seit dem vergangenen Herbst.

Doch seit Montag, den 7. Oktober, sind der Hang Seng und der CSI zurückgefallen. Allein am Montag büsste der Hang Seng fast 10% ein. Der CSI in Schanghai, der zuvor nach der Nationalfeier vom 1. Oktober einige Ferientage lang geschlossen gewesen war, holte zunächst noch einen Teil der verpassten Rally nach. Doch ab Dienstag fiel auch der Schanghaier Börsenindex. Am Donnerstag stand er nach einem leichten Tagesgewinn bei 4069 Punkten, 9% unter dem 52-Wochen-Hoch vom Dienstag. Der Hang Seng lag mit 21508 Punkten 7% unter dem 52-Wochen-Hoch vom Montag.

Der Grund für die abrupte Kehrtwende vom Wochenbeginn war wiederum die chinesische Politik. Am Dienstag enttäuschte die Regierung mit einer Pressekonferenz über fiskalpolitische Stützungsmassnahmen die Erwartungen der Anleger. Es wurden kaum konkrete Massnahmen genannt.

Trotz des Rückschlags ist der lange Zeit ungeliebte CSI 300 seit Jahresanfang aber immer noch fast 19% im Plus und damit 2024 ebenso stärker als der Dax (+15%) und der Schweizer Leitindex (9%). Der Hongkonger Hang Seng notiert auf Jahressicht sogar 26% höher und übertrifft somit die US-Leitindizes S&P 500 und Nasdaq Composite (plus 21 und 22%).

Starkes Comeback von Tencent

Die Kursbewegungen der beiden Leitindizes in China und Hongkong sind bereits bemerkenswert. Sie verblassen jedoch im Vergleich mit der Entwicklung, die einige chinesische Technologieaktien gezeigt haben.

Der Internetkonzern Tencent legte seit Jahresanfang zeitweise um fast zwei Drittel zu und behauptet auch nach dem Rücksetzer ein Plus von 48%. Der grosse Tech-Rivale Alibaba fiel von zeitweise 50% Zuwachs auf 39% zurück. Die Aufholjagd ist auch in der langfristigen Performance deutlich sichtbar. Mit Blick auf zehn Jahre hat Tencent zum Nasdaq Composite aufgeschlossen. Alibaba ist langfristig wenigstens wieder im Plus.

Meituan: Jahresrendite von Nvidia binnen weniger Wochen

Doch auch der imposante Aufwärtstrend von Tencent ist nicht einmal halb so eindrucksvoll wie der Höhenflug eines anderen chinesischen Tech-Schwergewichts. Die Super-App Meituan, mit der viele Leute auf dem Festland von Essenslieferungen bis hin zu allen möglichen Waren fast täglich etwas bestellen, holte in den wenigen Wochen seit Mitte September fast den gesamten Kursgewinn des US-Überfliegers Nvidia nach. Zeitweise überflügelte Meituan den US-Halbleiterkonzern sogar, als die Aktie ein Jahresplus von 160% erreichte. Inzwischen ist der Kursgewinn wieder auf 120% zurückgefallen.

Am Mittwoch legte der Meituan-Kurs gegen den Trend um 10% zu, am Donnerstag stieg er um weitere 8% auf 198 HK-$. Die US-Investmentbank Morgan Stanley hatte zuvor das Kursziel für die Aktien um 72% auf 215 HK-$ erhöht und dies damit begründet, dass das Unternehmen stärker wachsen werde aufgrund der erwarteten Regierungsmassnahmen zur Konjunkturstützung. Der Börsenwert betrug mehr als 150 Mrd. $.

Durch das höhere Bewertungsniveau seien die Indizes in China nun anfällig für Rückschläge, warnt Christopher Wood, Anlagestratege bei der US-Investmentbank Jefferies. Kurzfristig werde jedoch die Erwartung eines Stimuluspakets von 2000 Mrd. Yuan (umgerechnet über 250 Mrd. $) oder mehr die Kurse stützen. Ein solches Paket werde wahrscheinlich bis Ende Oktober beschlossen, prognostiziert Wood. Er schränkt jedoch ein, dass die chinesische Politik noch schwieriger vorhersehbar geworden sei, seit sie im Wesentlichen fast ausschliesslich von Staatschef Xi Jinping bestimmt werde.

Für Samstagmorgen, 10 Uhr chinesischer Zeit, hat der Staatsrat in Peking eine Pressekonferenz des Finanzministers angekündigt. Dabei sollen Massnahmen zur Stärkung des Wachstums vorgestellt werden. Es bleibt spannend.

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